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Richtige Therapie?!

2014-03-Therapie1

Fallstudie aus Klientensicht

Körperarbeit und Gesprächstherapie bei einer Heilpraktikerin für Psychotherapie

fotolia©contrastwerkstattDer Kontakt Klientin/Therapeutin kam zufällig zustande, weil ich eine Massageform suchte und dabei über meine Internetsuche auf die Anbieterin gestoßen bin. Zu dieser Zeit war ich Hochleistungssportlerin (Leichtathletik) und aufgrund einer sportmedizinischen Betreuung öfter im norddeutschen Raum, obwohl mein Lebensmittelpunkt im Rheinland liegt.

Es entwickelte sich durch gegenseitige Sympathie eine vertraute, zugewandte Beziehung, die erweitert wurde durch ein Coaching (unterstützende Gespräche zur Verbesserung der allgemeinen Lebenssituation). Die persönlichen Kontakte vertieften sich über gemeinsames Joggen, gelegentliche Treffen zum Tee oder Essen (wenn ich wieder in der Region war) und nach einiger Zeit meldete ich mich dort auch zur Selbsterfahrungsgruppe an (die Heilpraktikerin für Psychotherapie leitet ein Selbsterfahrungsinstitut). Dort buchte ich auch Selbsterfahrungsreisen, Yoga, Personaltraining und Massagen. Bei gelegentlichen Wochenendworkshops assistierte ich auf Anfrage der Therapeutin in den Gruppen und bei den Massage-Workshops. Diese Assistenztätigkeit leistete ich unentgeltlich; die Kosten für Anreise und Übernachtung habe ich selber getragen.

Somit reiste ich zwei- bis dreimal monatlich – meist per Flugzeug – nach Norddeutschland, um die Termine wahrnehmen zu können.

Anfang 2011 verlagerte sich die Begegnung auf die heilpraktische psychotherapeutische Ebene. Durch die Teilnahme an den Selbsterfahrungsgruppen zweimal monatlich und meine Assistenztätigkeit in den Selbsterfahrungsworkshops und Gruppen sowie gelegentliche Yogakurse gab es außerhalb der Therapie viele Begegnungen/Zusammenarbeiten mit der Therapeutin. Vom Bestehen und der Bedeutung der Abstinenzregel für heilpraktische Psychotherapeuten hatte ich keine Kenntnis.

Die Sitzungen buchte ich als Einzelsessions von 60 bis 90 Minuten gegen entsprechendes Honorar, das ich jeweils am Sitzungsende in bar zahlte. Gelegentlich verlagerten wir die Gesprächstherapie mit meiner Zustimmung aus der Praxis heraus auf Spaziergänge in die Umgebung. Ab 2012 fanden dann die Gespräche ausschließlich innerhalb der Praxis statt. Die Rahmenbedingungen waren nicht klar abgesteckt. Heute weiß ich, dass bestimmte Grundvoraussetzungen nicht erfüllt worden sind, die für einen erfolgreichen Therapieverlauf unbedingt hätte eingehalten werden müssen. So fehlte eine Annameseerhebung, die Aufklärung über die voraussichtliche Dauer der therapeutischen Zusammenarbeit und ein gemeinsam formuliertes Therapieziel. Ich wurde auch in keiner Weise über mögliche Gefahren oder negative Entwicklungen im therapeutischen Verlauf sowie das inhaltliche oder methodische Vorgehen innerhalb der Sitzungen aufgeklärt.

Mithilfe der körperorientierten Psychotherapie rückte das momentane und vor allem körperlich empfundene Erleben während des Therapieprozesses in den Mittelpunkt. Meine Schwierigkeiten im Kontakt mit anderen Menschen wurden deutlich. Die Gespräche waren offen und wurden von der Therapeutin intuitiv geführt, um mir als Klientin ressourcenorientierte Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Durch das bestehende Vertrauen konnten sich Ängste und Blockaden zeigen, die zu negativen Handlungs- und Reaktionsmustern geführt und damit immer wieder behindernd auf die Entfaltung meiner Lebensfreude gewirkt hatten.

Erste Hindernisse traten durch regressive Prozesse auf: Innerhalb der Arbeit zeigten sich u. a. Erinnerungen an frühere Missbrauchserfahrungen, mit denen die Therapeutin offensichtlich nicht umgehen konnte („sieh dich mal im Spiegel an, wie du mich ansiehst“).

Gefühle der Zerrissenheit, Verwirrungen und Selbstabwertungen entstanden mehr und mehr während und nach den therapeutischen Sitzungen. Die Therapeutin war nicht in der Lage, mich gestützt aus den Sitzungen gehen zu lassen, gab mir jedoch bereitwillig auf meine Anfragen neue Termine, in denen jedoch nicht grundsätzlich das entsprechende Thema und/oder meine Fragen wieder aufgriffen wurden. Sie wechselte sowohl in den Inhalten als auch in der Wahl der Therapiemethode, sodass ein kontinuierliches Aufarbeiten der hervorgerufenen Themen nicht möglich war.

Die gemeinsame Arbeit veränderte sich, Kritik oder Zweifel an der einseitigen Hypothesenbildung und impliziten Persönlichkeitstheorien wurden nicht gewünscht und entsprechend kam es zu Differenzen und Schwierigkeiten innerhalb des vermeintlich geschützten Rahmens. Es wurden keine Ressourcen aufgebaut, stattdessen kam es vermehrt zu Projektionen, Übertragung und Gegenübertragung. Eine zunehmende emotionale Abhängigkeit, depressive Stimmungsschwankungen, Traumaabwehr und Retraumatisierung waren die Folge.

Vor einer Reise mit der Selbsterfahrungsgruppe im Juni 2011 informierte ich die Therapeutin, dass ich mich psychisch in desolatem Zustand fühlte und immer weniger unterstützt durch die therapeutische Begleitung. Sie schenkte meinen Bedenken keine weitere Beachtung. Während dieser Reise kam es dann zu einem Konflikt und anschließendem Zwischenfall mit der Therapeutin (sie war Co-Leiterin der Reise), worauf ich abgereist bin und die Therapie damit abgebrochen war.

Bei einem Treffen in einem Café zwei Wochen nach dem Zwischenfall erfolgte der Hinweis, mich um eine Therapie hier vor Ort (NRW) zu bemühen, da sie sich überfordert sieht „und weitere mögliche Fehler“ vermeiden möchte. Dennoch hat sie mich gebeten, weiter in die Gruppen zu kommen und die Assistenz bei den Tantra-Workshops beizubehalten.

Im Juli 2011 wurden die therapeutischen Gespräche wieder aufgenommen aber bereits nach dem zweiten Gesprächstreffen mit Hinweis auf den Vorfall während der Reise erneut seitens der Therapeutin abgebrochen. Weiterhin trafen wir uns zum Personaltraining Yoga, in den Gruppen und als Assistentin bei den Workshops/Seminaren oder besuchten gelegentlich Theaterveranstaltungen.

Im September 2011 begann ich dann eine Folgetherapie auf Kassenkosten bei einer psychologischen Psychotherapeutin.

Ende Oktober 2011 bekam ich das Angebot von der Heilpraktikerin für Psychotherapie, einen Raum anzumieten in ihren neuen Praxisräumen (sie eröffnete eine eigene Praxis mit dem Schwerpunkt Sexualtherapie). Zunächst habe ich zugesagt, später dann aber abgesagt, worauf sie mir die Verantwortung übertragen hat für ihren „Rückzug“ und ihr persönliches Befinden aufgrund meines „Verhaltens in Bezug auf die Praxisräume“.

Anfang 2012 bin ich für drei Monate nach Indien gegangen, um mich aus dieser abhängigen und destruktiven Verbindung zu lösen, was nur in Ansätzen gelungen ist. Aus Indien zurück, bin ich sofort zur Assistenzarbeit nach Norddeutschland gekommen. Nach einem Gespräch im Mai 2012 in ihrer Praxis wurde erneut eine therapeutische Zusammenarbeit eingegangen, ohne dass alle therapierelevanten Dimensionen (Beziehung, Klärung, Ressourcenaktivierung, Bewältigung) berücksichtigt wurden.

In mir war die Hoffnung, dass sich alte, traumatische Erfahrungen nicht in dieser therapeutischen Beziehung wiederholen und sich irgendwie noch alles zum Guten wenden würde. Daher habe ich mir entgegen jeglicher Vernunft einen weiteren Versuch gewünscht, die Therapie fortzusetzen, obwohl die Grundlagen einer tragfähigen therapeutischen Beziehung nicht gegeben waren und auch nicht aufgebaut wurden.

Die Therapeutin hatte zunächst zur Bedingung gemacht, dass ich jeweils zeitnah zu ihren Sitzungen auch Termine bei einer Trauma-Therapeutin bei mir vor Ort im Rheinland wahrnehme. Sie ist dann aber bei Terminabsprachen oder generellen Absprachen diesbezüglich auf Distanz gegangen und hat diese Bedingung vergessen oder als nicht mehr relevant angesehen.

Dennoch nehme ich mir Unterstützung durch die Trauma-Psychologin Dr. Monika Becker-Fischer, die ich in 2012/2013 immer wieder aufsuche mit dem Ziel, mich aus der Abhängigkeit und der unprofessionellen therapeutischen Beziehung zu lösen. Auch darüber hinaus benötige ich bis heute immer wieder Sitzungen, um die Symptome aus der nicht „lege artis“ verlaufenen Therapiebeziehung zu be- und verarbeiten.

Vereinbart war mit der Heilpraktikerin für Psychotherapie die körperorientierte Arbeit, wie sie zu Beginn der therapeutischen Beziehung 2011 durchgeführt wurde. Sie arbeitete jedoch mit reiner Gesprächstherapie und bezeichnete es „als eine Art tiefenpsychologisch orientierte Gesprächstherapie“. Diese Sitzungen gestalteten sich schwieriger und destruktiver denn je – ohne Therapieziel, mit wechselnden Themen, je nach Verfassung der Therapeutin und deren wiederholten Gegenübertragungsprozessen. Das Machtgefälle Therapeutin/Klientin und das Abhängigkeitsgefühl wuchsen immer mehr.

Nach fünf Sitzungen habe ich sie darauf hingewiesen, dass Körperarbeit als Methode vereinbart war und ich mit dem Verlauf der Gesprächstherapie nicht zufrieden bin. Dem kam sie dann auch nach, was sich vorübergehend positiv auswirkte, bis sie dann wieder zur Gesprächstherapie überging.

Es kam innerhalb der Sitzungen immer wieder zu Unterbrechungen ihrerseits, wenn der Verlauf der Stunden nicht nach ihren Vorstellungen verlief („ich verstehe nicht, was du meinst“, „dann können wir nicht weiter zusammenarbeiten“, „ich komme an meine Grenzen“, „siehst du, das ist das Problem, das ist DEIN Problem“). Ich versuchte, mein psychisches und emotionales Ungleichgewicht vor ihr zu verbergen und möglichst ihre Therapieerwartung an mich zu erfüllen, aus Angst, bei „kritischem Verhalten“ die Therapie zu verlieren.

Der Wechsel zwischen Nähe, Vertrautheit und absolutem Rückzug, Kälte und emotionalem Druck in den therapeutischen Sitzungen und darüber hinaus in den Gruppen stellte für mich eine extreme Belastung dar. Zunehmende Angriffe in verbaler und schriftlicher Form seitens der Therapeutin gestalteten den Kontakt schwierig. Mitunter brachte sie auch vertrauliche Dinge aus der Therapie mit in die Gruppe, wenn ich dort innerhalb des Sharings etwas Kritisches äußerte.

Meinen Job als Bürokauffrau konnte ich nicht mehr ausführen und auch sportlich und körperlich war ich immer weniger in der Lage, meine bisherigen Lebensgewohnheiten aufrechtzuerhalten.

Die Therapeutin bezog wesentliche tiefgreifende psychische Problemstellungen unter Beachtung der persönlichen Lebensgeschichte nicht mit ein und konnte oder wollte die bewussten Übertragungsphänomene und Widerstände nicht in das therapeutische Setting integrieren.

Mehr und mehr versuchte ich, mich aus der therapeutischen Beziehung zu lösen. Meine Hinweise auf das starke Abhängigkeitsempfinden, die Stagnation im Verlauf der Therapie sowie meine persönlichen Schwierigkeiten wurden nicht wahrgenommen. Stattdessen erfolgten andere Vorschläge bezüglich neuer Verhaltensweise, die ich bei ihr und mit ihr „üben“ könnte.

Insbesondere wirkte sich die Vermischung privater und therapeutischer Kontakte bzw. die Nicht-Einhaltung der Abstinenzregel mehr und mehr auf meinen psychischen Gesamtzustand aus (Depressionen, Identitäts- und Grenzfindungsstörungen, Alkoholmissbrauch, Überschwemmung mit Erinnerungen an frühere Erlebnisse usw.). Die zahlreichen sozialen und außertherapeutischen Kontakte zwischen der Heilpraktikerin für Psychotherapie und mir als Klientin haben die therapeutische Beziehung und meine eigene Unabhängigkeit (Selbstbestimmung) sehr beeinträchtigt.

Die Vertrauensbeziehung Therapeutin Patientin wurde mehr und mehr zur Befriedigung eigener Bedürfnisse (narzisstischer Missbrauch), eigener Vorteile und Interessen (Ausnutzung des Machtgefälles) genutzt. Starke Bindungen wurden hergestellt, um die Abhängigkeit aufzubauen, was wiederum zu Ablösungsschwierigkeiten und Therapieverlängerung führte.

Letztendlich gelang die Lösung aus dieser Therapie nur durch einen Konflikt bezüglich einer weiteren außertherapeutischen Arbeitsbeziehung. Die Therapie wurde von mir im Mai 2013 beendet.

Dennoch kam es auch danach zu schriftlichen Auseinandersetzungen und ich bat um einen Aussprachetermin zu dritt mit einer neutralen Person in einer neutralen Praxis (ebenfalls in Norddeutschland). Sie lehnte immer wieder ab und letztlich bekam ich die Zusage zu diesem Termin nur unter Zuhilfenahme von Druckmitteln. Ziel dieses Treffens war, auszusprechen, was ich in der Therapie als destruktiv empfunden habe und nicht formulieren durfte. Leider bekam ich nicht die nötige Aufmerksamkeit für ein positives Fazit dieses Termins.

Im März 2014 bat ich um Einsicht in die Behandlungsunterlagen. Diese Einsicht wurde mir in ihren Praxisräumen gegeben. Dort traf ich jedoch eine weitere Person (den Co-Leiter des Selbsterfahrungsinstituts) an. Meiner Bitte, die Unterlagen ohne ihn einsehen zu können, wurde nicht nachgekommen, mein Hinweis auf die Schweigepflicht zurückgewiesen. Die Rahmenbedingungen zur Einsichtnahme waren nicht gegeben. Die dritte Person ist aktiv eingeschritten, als ich eine Seite der Behandlungsunterlagen ablichten wollte. Nachfolgend habe ich per Rechtsanwalt die Kopien der Unterlagen eingefordert. Bis heute ist nichts passiert.

Abschließend lässt sich sagen, dass es durchaus auch viele positive Aspekte und Ansätze innerhalb dieser therapeutischen Verbindung gegeben hat, die jedoch durch das unprofessionelle Verhalten der Therapeutin letztlich zu einer negativen Dynamik geführt haben. Ich habe keinen dauerhaft geschützten therapeutischen Rahmen vorgefunden. Dennoch hat sich mir durch diese therapeutische Arbeit die Möglichkeit geboten, tief verwurzelten Schmerz anzuschauen und emotional damit zu arbeiten.

Die Therapeutin hat die Verantwortung für die Stagnation bzw. negative Entwicklung des Therapieverlaufes immer wieder abgelehnt und auf mich übertragen. Damit verstärkten sich meine vorhandenen Scham- und Schuldgefühle, an deren Überwindung zu Beginn der Therapie positiv gearbeitet wurde. Der Weg zurück zu Kreativität und Freude am Leben ist langwierig und schwierig. Seelische und körperliche Störungen gilt es aufzuarbeiten. Die von der Krankenkasse genehmigte Therapie wurde verlängert.

Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass freie Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapie sowie psychologische Berater erfolgreich und unterstützend arbeiten können, sofern sie sich an vorgegebene Richtlinien und Pflichten halten und ihre Kompetenzen/Fähigkeiten nicht überschätzen.

Annette Weiss Annette Weiss

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Das Wichtigste aus der Berufsordnung des Verbandes Freier Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater für psychotherapeutisch tätigen Mitglieder

Präambel
(1) Diese Berufsordnung regelt die Berufsausübung der Freien Psychotherapeuten (FP) und psychotherapeutischen Heilpraktiker (PH).
(2) Das Ziel dieser Berufsordnung ist, im Interesse der seelischen Gesundheit der Bevölkerung die Qualität der psychotherapeutischen und psychologischen Beratungsarbeit sicherzustellen und zu fördern, auf berufswürdiges Verhalten und gewissenhafte Ausübung des Berufs hinzuwirken und das Vertrauen der Patienten zu den Freien Psychotherapeuten und Psychotherapeutischen Heilpraktikern zu bewahren und zu stärken.
Erster Teil: Grundsätze der Berufsausübung, Berufsbezeichnung
§ 1 Berufsaufgaben
(1) Aufgabe der Freien Psychotherapeuten und Psychotherapeutischen Heilpraktiker ist es, durch geeignete Maßnahmen dazu beizutragen, die seelische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu erhalten oder wiederherzustellen und psychisches Leiden bei ihren Patienten zu lindern bzw. diese zu befähigen, ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
(2) Die FP und PH sind in ihrer Berufsausübung frei. Sie erfüllen ihre Aufgabe nach bestem Gewissen sowie nach den gesammelten Erfahrungen und Erkenntnissen aller auf dem Gebiet der Psychologie und Psychotherapie Tätigen. Ihre Aufgabe umfasst die Diagnostik und Indikationsstellung sowie die Durchführung von therapeutischen und präventiven Maßnahmen.
§ 2 Verantwortung
(1) Freie Psychotherapeuten und Psychotherapeutische Heilpraktiker üben ihren Beruf in eigener Verantwortung, frei und selbstbestimmt aus, soweit bestimmte Gesetze sie nicht speziell verpflichten oder einschränken. Sie richten sich jedoch nach dieser Berufsordnung und erfüllen die sich daraus ergebenden Pflichten.
(2) FP und PH wenden ausschließlich Methoden an, die die im Grundgesetz beschriebene und garantierte Menschenwürde respektieren. Sie arbeiten nicht in oder für Institutionen oder Gruppierungen, die mit ihren Zielen und Methoden dem widersprechen, wie. z. B. Scientology-Organisationen.
(3) FP und PH behandeln ihre Patienten eigenverantwortlich. Sie dürfen sich nicht durch Personen vertreten lassen, die dazu nicht gesetzlich berechtigt sind.
(4) FP und PH verpflichten sich, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und stets diejenigen Methoden anzuwenden, die nach ihrer Überzeugung für die seelische Konstitution der Patienten am geeignetsten erscheinen.
§ 3 Kompetenzen
(1) Freie Psychotherapeuten und Psychotherapeutische Heilpraktiker sind verpflichtet, sich eine ausreichende Sachkunde über die von ihnen angewandten Beratungs- und Therapieverfahren einschließlich ihrer Risiken anzueignen. Sie haben dafür zu sorgen, dass ihre Berufsarbeit die erforderliche Qualität hat. und wirtschaftlich ist.
(2) FP und PH sind verpflichtet, sich über die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften und etwaigen Gesetzesänderungen zu unterrichten und sie zu beachten.
Zweiter Teil: Regeln für die Berufsausübung
§ 5 Allgemeine Pflichten
(1) Freie Psychotherapeuten und Psychotherapeutische Heilpraktiker sind verpfl ichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und sich des ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauens würdig zu erweisen.
(2) Sie sind bei der Ausübung ihres Berufes frei und können eine Behandlung auch ablehnen. Ihre Verpflichtung, in Notfällen zu helfen, bleibt davon unberührt.
(3) Sie haben die Würde, die Integrität und das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu wahren. Insbesondere haben sie darauf zu achten, dass sie diese nicht durch die vielfältigen Einflussmöglichkeiten, die ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu Gebote stehen, verletzen.
(4) Sie haben ihr diagnostisches und psychotherapeutisches Wissen reflektiert einzusetzen, insbesondere mögliche Folgen für die Patienten und andere zu bedenken und dementsprechend zu handeln. Sie dürfen weder das Vertrauen, die Unwissenheit, die Leichtgläubigkeit oder die Hilflosigkeit von Patienten ausnutzen noch unangemessene Versprechungen oder Entmutigungen in Bezug auf den Heilungserfolg/ Behandlungserfolg machen.
(5) Sie sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.
(6) Sie haben Forderungen und Weisungen, die dieser Berufsordnung widersprechen, aktiv zurückzuweisen.
(7) Sie unterstellen sich der Berufs- und Fachaufsicht des Verbandes und verpflichten sich, in angemessener Frist auf die Anfragen des VFP-Vorstands zu antworten, welche dieser im Rahmen der Berufs- und Fachaufsicht an sie richtet.
§ 6 Sorgfaltspflicht
(1) Im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung ist der somatische und psychosoziale Befund unter differenzialdiagnostischen Gesichtspunkten zu klären. Vorliegende fachärztliche oder andere Befundberichte sind dabei zu berücksichtigen.
(2) Bei Stagnation des Behandlungsprozesses, bei Wechsel oder Verschlechterung der Symptomatik sollen die FP/PH kollegiale Beratung oder fachliche Supervision in Anspruch nehmen.
(3) Erkennen die FP/HP, dass ihre Interventionen zu keiner weiteren Linderung, Besserung, Stabilisierung oder Gesundung führen, so haben sie dies den Patienten angemessen zu erläutern und sie unverzüglich in eine andere geeignete Behandlung (Facharzt, Klinik usw.) zu geleiten.
(4) Ist ein Vertrauensverhältnis zwischen FP/PH und Patientin oder Patient schwer aufzubauen oder geht es verloren, so ist dies mit der Patientin oder dem Patienten zu reflektieren und ein Behandlungsvertrag evtl. nicht einzugehen oder ggf. zu beenden.
§ 7 Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht
(1) Freie Psychotherapeuten und Psychotherapeutische Heilpraktiker sind verpflichtet, über ihre Psychodiagnostik sowie über ihre Psychotherapie aussagefähige Aufzeichnungen zu erstellen. Diese Aufzeichnungen sind mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren.
§ 8 Schweigepflicht
(1) Freie Psychotherapeuten und Psychotherapeutische Heilpraktiker unterliegen der Schweigepflicht, die sich aus dem Behandlungsvertrag ergibt. Dies gilt auch gegenüber den Familienangehörigen, wenn nicht die Art der Erkrankung oder der Behandlung eine Mitteilung notwendig macht. Wird im Einzelfall die Schweigepflicht aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift eingeschränkt, ist der Patient darüber zu unterrichten.
(2) Gefährdet ein Patient sich selbst oder andere, so hat der FP/PH unter Abwägung zwischen Schweigepflicht und Fürsorgepflicht die erforderlichen Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr zu treffen.
(6) FP und PH haben Patienten auch nach Abschluss der Therapie auf deren Verlangen Einsicht in die sie betreffenden Aufzeichnungen, die nach § 7 (1) zu erstellen sind, zu gewähren. Sie können die Einsicht verweigern, wenn der Patient gesundheitlich erheblich gefährdet würde; in diesem Fall haben sie dies dem Patienten oder einer Person dessen Vertrauens angemessen zu erläutern.
§ 9 Aufklärungspflicht
(1) FP und PH sollen den Patienten in einer sorgfältig auf deren Befindlichkeit und Aufnahmefähigkeit abgestimmten Form den psychologischen Befund bzw. die klinische Diagnose, den Behandlungsplan und mögliche Behandlungsrisiken mitteilen. Sie sind verpflichtet, diese Informationen rechtzeitig zu geben. Die Aufklärungspflicht beinhaltet ggf. auch den Hinweis auf Behandlungsalternativen sowie auf weitere Hilfsangebote.
(2) Im Rahmen der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht wird der FP/PH seine Patienten nach bestem Wissen und Gewissen über die voraussichtlich entstehenden Kosten unterrichten.
(3) Die Aufklärungspflicht umfasst auch die Klärung der Rahmenbedingungen der psychologischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung, insbesondere Honorarregelungen, Sitzungsdauer und -frequenz und die voraussichtliche Dauer der Behandlung.
§ 10 Abstinenz
(1) Freie Psychotherapeuten und Psychotherapeutische Heilpraktiker haben ihre Beziehungen zu ihren Patientinnen und Patienten professionell zu gestalten und die besondere Verantwortung und ihren besonderen Einfluss gegenüber ihren Patienten jederzeit angemessen zu berücksichtigen. Sie sollen soziale oder außertherapeutische Kontakte zu Patienten so gestalten, dass sie die therapeutische Beziehung und die eigene Unabhängigkeit möglichst wenig beeinträchtigen.
(2) Sie dürfen die Vertrauensbeziehung zu Patienten nicht zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder Interessen ausnutzen oder versuchen, aus den Kontakten Vorteile zu ziehen. Insbesondere sexuelle Kontakte zu Patientinnen und Patienten sind unzulässig und strafbar.
(3) Sie dürfen im Rahmen ihrer therapeutischen Tätigkeit keine Geschenke annehmen, deren Wert, den einer kleinen Aufmerksamkeit übersteigt. Sie dürfen nicht direkt oder indirekt Nutznießer größerer Schenkungen, Erbschaften, Erbverträge oder Vermächtnisse von Patienten oder diesen nahe stehenden Personen werden und haben diese abzulehnen.
§ 11 Honorierung
(1) FP und PH steht für ihre Arbeit ausschließlich das vorab vereinbarte Honorar zu. Eine darüber hinausgehende Honorierung dürfen sie weder annehmen noch sich versprechen lassen, auch nicht aus therapeutischen Gründen. In Ausnahmefällen dürfen FP/PH jedoch aus sozialen oder ethischen Gründen ganz oder teilweise auf ihr Honorar verzichten.
(2) FP/PH sind nicht berechtigt, ein Entgelt für Zuweisungen von Patienten zu zahlen oder anzunehmen.
§ 12 Fortbildung und Qualitätssicherung
(1) FP und PH, die ihren Beruf ausüben, sind zum Erhalt und zur Weiterentwicklung ihrer professionellen Kompetenzen verpflichtet. Hierzu nehmen sie regelmäßig an Fortbildungen und qualitätssichernden Maßnahmen teil – wie z. B. an den regelmäßig stattfindenden Psychotherapie-Symposien des VFP.
(2) FP/PH müssen ihre Fortbildung und ihre Maßnahmen zur Qualitätssicherung gegenüber dem VFP als Berufsverband in geeigneter Form nachweisen können.
(3) Das Nähere regelt eine Weiterbildungs- und Zertifizierungsordnung.