Mentalcoaching: Lebensqualität zurückgewinnen
Jeder kennt sie: die Zeiten, in denen wir uns nicht wohlfühlen, besonders viel Ruhe brauchen oder das Leben gerade nicht so läuft, wie wir uns das wünschen. Oft würden wir gar nicht viel brauchen, um uns wieder besser zu fühlen, doch wissen wir nicht, wie wir das anstellen sollen. Mentalcoaching kann hier (Aus-)Wege bieten. Nicht umsonst haben viele Spitzensportler ihren eigenen Mentalcoach und werden u. a. durch das regelmäßige mentale Training so erfolgreich.
In der Praxis hat sich als sinnvoll erwiesen, mentale Techniken in den Alltag zu integrieren. Das funktioniert am besten durch einfache und einprägsame Übungen. Eine persönliche Auswahl an praxisbewährten Techniken und Übungsfeldern wird im Folgenden vorgestellt:
Techniken aus dem AMQ-Mentalcoaching nach Ariane Piehl
„Gedanken anhalten“: Sie kennen mit Sicherheit das Gefühl, wenn Ihr Kopf aus allen Nähten zu platzen droht. Oder die Nächte, in denen die Gedanken Sie einfach nicht zur Ruhe kommen lassen. Der einzige Wunsch in diesen Situationen ist, die Gedanken einfach einmal abschalten zu können. Dafür gibt es eine sehr einfache und wirksame Übung. Wenn Sie sich einmal wieder im berüchtigten „Gedankenkarussell“ befinden, denken Sie sich den Satz: „Woher kommt mein nächster Gedanke, den ich denke.“
Denken Sie bitte nicht über diesen Satz nach, sondern lassen Sie sich einfach in die entstehende Lücke fallen. Dann ist der Geist, zumindest kurz, still. Je öfter Sie üben, umso länger wird die „gedankenfreie Zeit“.
Tempeltor-Technik
Jedes Wort, egal ob ausgesprochen oder gedacht, ist Energie. Das hat nichts mit Esoterik zu tun. Wir merken an uns selbst, dass uns negative Worte und Gedanken auf Dauer schädigen und positive Worte wie Lob oder Glückwünsche aufbauen. Mit diesem Wissen können Sie sich Wörter gezielt zunutze machen. Horchen Sie in sich hinein, welche „Energie“ Ihnen gerade fehlt. Vielleicht Frieden, Ruhe, Harmonie oder Erfolg, um nur einige zu nennen? Wenn Sie ein Wort gefunden haben, schlie- ßen Sie die Augen und stellen sich vor, Sie baden in dieser Energie, indem Sie das Wort im Kopf fortwährend wiederholen. Wie ein Schwamm saugen Sie dieses Wort auf, bis Sie merken, Sie sind vollgetankt. Auch hier gilt, regelmäßig und mit einem Wort üben.
Lupen-Technik
Bei Ängsten oder Unruhe im Körper eignet sich besonders gut diese Technik. Schließen Sie einfach die Augen und spüren Sie in sich hinein, wo im Körper dieses Gefühl der Angst sitzt. Versuchen Sie, es möglichst genau zu lokalisieren. Wenn Sie den Ort gefunden haben, beobachten Sie, welche Farbe und Form die Angst hat. Eher eckig und in Form einer dunklen Masse? Stellen Sie sich nun vor, Sie würden diese Form mit einer Lupe oder der Linse eines Fotoapparats größer zoomen. Immer größer. Achten Sie auf mögliche Veränderungen in Bezug auf Farbe oder Form. Vergrößern Sie so lange, bis die Angst verschwindet oder wandert. Sollte sie wandern, dann lokalisieren Sie den neuen Ort und zoomen Sie wieder.
Weitere Techniken aus dem Mentalcoaching
Visualisierungen
In jeder mentalen Arbeit, besonders auch im Spitzensport, haben Visualisierungen von Zielen oder Wünschen inzwischen einen festen Stellenwert erhalten. Grundsätzlich machen wir dies doch auch im Alltag immer wieder, wenn wir uns z. B. die nächste Urlaubsreise vorstellen und uns an den Strand träumen. Doch leider wird diese tolle Technik viel zu selten gezielt für unsere Träume, Wünsche und Ziele eingesetzt.
Dabei wäre es so einfach: Setzen Sie sich bequem hin, schließen Sie die Augen und stellen Sie sich möglichst bildlich vor, wie Sie sich in dieser Situation fühlen, wer beteiligt ist oder wo Sie sich gerade befinden. Je besser Sie sich hineinversetzen und je häufiger Sie damit arbeiten, umso eher kann sich die Visualisierung manifestieren.
Zielarbeit
Eng verbunden mit der Visualisierung ist auch die Zielarbeit, denn gerade hier ist darauf zu achten, sein Ziel sinnvoll und mit Bedacht zu formulieren. Denn an der falschen Formulierung kann die gesamte weitere Arbeit scheitern. Aus vielen Fachbereichen gibt es Vorgaben für die richtige Zielformulierung wie das T.I.G.E.R.-Modell aus dem NLP oder aus der Wirtschaft das S.M.A.R.T.-Modell. Doch am wichtigsten erscheint es, auf folgende Dinge zu achten:
Es macht wenig Sinn, wenn Sie sich zu hohe Ziele stecken, bei denen Sie wissen, dass sie ohnehin unerreicht bleiben. Besser wäre, sich Zwischenziele zu setzen. Die Ziele sollten Sie auch positiv und möglichst einprägsam formulieren. Mit dem gesetzten Ziel sollten Sie sich auch identifizieren können und versuchen, es zu visualisieren.
Affirmationen
Glaubenssätze (Affirmationen) gehören im positiven wie auch im negativen Sinn zu unserem Leben dazu. Viele Dinge, die für uns zur Gewohnheit geworden sind, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten sollen oder uns kleiden sind im Laufe der Zeit entstanden und haben sich manifestiert. Gezielt können Sie Glaubenssätze jedoch auch wieder nutzen, um positive Veränderungen herbeizuführen. Statt dass sie Sie an den Zielsetzungen hindern, können sie auch der Turbo zur Erreichung der Ziele sein. Wichtig ist auch hier, die Glaubenssätze positiv, kurz und einfach zu formulieren. Die neuen Affirmationen können dann an Stellen aufgeklebt werden, wo Sie oft vorbeikommen z. B. beim Waschbecken, neben dem Bett oder beim PC. Je öfter Sie Ihre Formulierung lesen, umso besser kann sie sich in Ihnen verankern.
Körperübungen aus dem Jin Shin Jyutsu
Jin Shin Jyutsu ist eine aus Japan kommende und von Jiro Murai begründete Methode zur Selbsthilfe durch das Halten bestimmter Körperpositionen mit Fingern und Händen. Diese Energiemethode bietet eine Vielzahl an einfach anwendbaren Übungen, die rasch mehr Wohlbefinden bringen können:
Die Übung „Große Umarmung“ eignet sich ideal, um runterzukommen und sich wieder zu zentrieren. Dazu müssen Sie einfach nur die Augen schließen, sich bequem hinsetzen und überkreuz mit den Händen unter die Achseln greifen, da sich hier im Jin Shin Jyutsu bestimmte Energiepunkte befinden. Wenn Sie nun in dieser Position sitzen, zählen Sie im Kopf bewusst 36 Ausatmungen mit und achten dabei bewusst auf den Atemrhythmus.
Betreuer-Ströme
Im Jin Shin Jyutsu geht man davon aus, dass jede Körperhälfte von einem Energiestrom versorgt wird. Wer auf einer bestimmten Körperseite mehr Probleme hat, kann diese mit der folgenden Übung unterstützen:
Setzen Sie sich wieder bequem hin und legen Sie die rechte Hand über die linke Schulter, wie einen Kleiderbügel. Legen Sie gleichzeitig die linke Hand unter den linken Übergang vom Po auf der Rückseite des Oberschenkels. Diese Position etwa fünf Minuten halten, dann wechseln Sie mit der linken Hand auf die linke Leistenregion (fünf Minuten halten). Den selben Vorgang können Sie auch auf der anderen Seite durchführen.
Entspannungsmethoden
Das in den 1920er-Jahren vom deutschen Arzt Dr. Johannes H. Schulz begründete Autogene Training bietet aufgrund seiner kurzen einprägsamen Formeln aus der siebenteiligen Grundstufe eine Reihe an leicht anwendbaren Übungen. Dieses Training kann, wird es einmal beherrscht, überall und zu jeder Zeit durchgeführt werden. Sie lernen dabei nicht nur zu entspannen, sondern lernen auch Ihren Köper wieder kennen. So kann die Ruheübung mit der Formel „Ich bin ganz ruhig und entspannt“ allein bereits wahre Wunder bewirken. Sie können jedoch auch – nach dem Vorbild der Affirmationen – selbst Formeln kreieren und in das autogene Training einbauen.
Progressive Muskelentspannung
Wie das autogene Training zählt die progressive Muskelentspannung nach Jacobson zu den allgemein bekannten Entspannungsverfahren. Wer gerne aktiver üben und durch eine gezielte Entspannung der Muskulatur für mehr Wohlbefinden sorgen möchte, sollte Übungen aus diesem Verfahren ausprobieren. Besonders ein verspannter Nacken wird es Ihnen danken, wenn Sie einmal bewusst Ihre Schultern anspannen, die Spannung halten und dann bewusst wieder loslassen. Auch die Übungen aus dieser Methode sollten regelmäßig und häufiger hintereinander durchgeführt werden.
Atemtraining
Ein gezieltes Atemtraining verbessert nicht nur Ihre Leistungsfähigkeit, sondern unterstützt Sie auch, Ihre Energie wieder in gezielte Bahnen zu lenken. Haben Sie schon einmal beobachtet, wie Sie atmen? Hebt und senkt sich Ihr Bauch beim Atmen oder bewegt sich nur mehr der Brustkorb? Versuchen Sie einmal, wieder bewusst in den Bauch hineinzuatmen! Das nimmt nicht nur Spannung aus dem Bauchraum, sondern macht auch Ihren Geist wieder freier.
Die vielfältige Welt der Meditationen bietet ein großes Übungsfeld, um Kraft zu tanken, einfach loszulassen oder neue Lebensfreude zu entwickeln. Wer täglich meditieren übt und sei es nur für zehn Minuten, wird sich nachhaltig besser fühlen und gestärkt seinen Alltag bewältigen können. Es gibt inzwischen bereits viele sehr einfache Meditationen, die es ermöglichen, sich rasch etwas Gutes zu tun.
Versuchen Sie, sich bequem hinzusetzen und sich vorzustellen, wie aus Ihren Füßen tiefe Wurzeln in den Erdboden hineinwachsen. Immer tiefer. Und wie durch die Wurzeln alle Belastungen abfließen können.
Literatur
- Hainbuch, F.: Progressive Muskelentspannung. Gräfe und Unzer, 2015
- Rieger-Krause, W.: Jin Shin Jyutsu. Die Kunst der Selbstheilung durch Auflegen der Hände. Irisana, 2012
- Hühn, S.: Fantasiereisen zu Orten der Stille. Schirner Verlag, 2017
- Schirmohammadi, A.: Das Autogene Training – Alles über die Entspannungsmethode Nr. 1. Sharker Media, 2013
- Schirner, M.: Atemtechniken. Zahlreiche einfache Atemübungen zur Selbstheilung, Verjüngung und Harmonisierung. Schirner Verlag, 2017
Philipp Feichtinger, BEd.
Dipl.-Naturheiltherapeut, Heilpraktiker, Reiki-Lehrer und -Meister, Kristallklangschalen-Therapeut, Hypnose-Practitioner, AMQ-Mentalcoach, eigene Praxis in Österreich