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aktiv gesund werden – radio leinehertz

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2015 04 Aktiv2Informationen zur Sendung Psyche kompakt, 6. April 2015

Gesundheit ist unser höchstes Gut, das merken wir jedoch meistens erst, wenn unsere Gesundheit infrage gestellt oder angegriffen ist. Ein schwerer Unfall, eine unerwartete Diagnose, eine schleichend chronische Erkrankung kann jeden von uns massiv aus der Bahn werfen. Nicht immer hat die moderne Medizin eine Lösung parat, dann ist Selbstinitiative gefragt.

Wie Sie die Herausforderung einer Erkrankung meistern und Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren können, darüber habe ich mit Dörthe Huth, Heilpraktikerin für Psychotherapie, gesprochen. Her(t)zlichen Dank!

Frau Huth, wir sprechen heute nicht über Husten, Schnupfen, Heiserkeit, wir sprechen über Erkrankungen, die das Leben der Betroffenen massiv beeinflussen und die Lebensqualität deutlich mindern. Was für Probleme wirft ein plötzlicher Unfall, eine plötzliche schwere Erkrankung oder ein schleichend chronischer Krankheitsprozess für den Betroffenen auf?

Die Probleme beeinträchtigen sozusagen das ganze Leben. Nämlich die Arbeit, den Alltag und auch die Familie. Das ist ein massiver Einschnitt ins Leben, der dem Betroffenen da passiert.

Was passiert mit der Seele des Menschen, wenn die körperliche Unversehrtheit nicht nur für kurze Zeit eingeschränkt ist?

Zuerst einmal passiert da eine große Verunsicherung. Da gibt es einen Körper, auf den man sich nicht mehr verlassen kann, und einen großen Verlust an Selbstvertrauen. Es kommen Selbstzweifel auf, z. B.: Habe ich etwas falsch gemacht? Und eventuell muss die ganze Lebensplanung neu überdacht werden. Ein Gefühl von Ohnmacht kann da aufkommen. Viele berichten von einer Art Vereinsamung, weil sie sich unverstanden fühlen, oder auch vom Gefühl der Nutzlosigkeit.

Sie schreiben in Ihrem Buch „Selbstheilung“: Gesundheit ist regulierbar. Was steckt hinter dem Grundgedanken der Salutogenese?

Die Salutogenese entstand in den 1970er- Jahren, wo man noch den Blick in der Medizin besonders auf die Krankheitsentstehung ausgerichtet hatte. Und bei diesem Konzept der Salutogenese geht es darum, wie Gesundheit entsteht. Dass man die Blickrichtung verändert. Und was ich besonders ansprechend dabei finde, ist, dass alle Menschen grundsätzlich in diesem Konzept als mehr oder weniger „krank“ gelten. Und der Verlust von Gesundheit in diesem Modell ganz normal ist. Man ist mal gesund und kann krank werden. Und es geht darum, die Gesundheit wieder möglichst herzustellen, diese wieder aufzubauen. Dass jeder dafür auch eine Verantwortung übernimmt, selbst daran zu arbeiten, dass er wieder gesünder wird. Gesundheit ist darin nämlich kein passiver Zustand, sondern ein Geschehen, das dynamisch ist, das auch gestört werden kann und das man auch versuchen kann, wieder zu regulieren.

Stichwort: „Resilienz“. Welche Eigenschaften sind Ihres Erachtens nützlich, um Krankheiten besser zu meistern?

Es gibt die sieben Säulen der Resilienz. Ich übersetze das für mich gerne als „die Säulen für innere Stärke“. Resilienz kann man vielleicht auch übersetzen mit „Gedeihen, trotz widriger Umstände“, also: Wie können wir wachsen, uns weiterentwickeln, trotz widriger Umstände einer Erkrankung? Und diese sieben Säulen bestehen aus:

Erstens Optimismus, dass wir den Glauben daran haben, dass eine Krise zeitlich begrenzt ist und dass wir sie überwinden können. Also, dass wir uns eventuell mit einem Zustand von Krankheit arrangieren oder ihn auch überwinden können. Diese Hoffnung ist da ganz wichtig als eine Säule.

Die zweite Säule ist die Akzeptanz. Denn erst, wenn man wirklich die Tatsache akzeptiert, dass man krank ist, dass man diesen Schmerz zulässt, dass man sagt: So ist das jetzt! Dann kann man auch weitere Schritte gehen und in Richtung Gesundung, Heilung, Genesung planen.

Die Lösungsorientierung ist die dritte Säule. Da geht es um die Überzeugung, dass es eine Lösung für die eigene Situation gibt. Und eine Idee von der Möglichkeit: Wie kann ich damit umgehen? Mit dem, was mir da passiert ist? Wie kann ich mich verhalten, auch mit diesem ganzen Stress, der diese Situation begleitet?

Und die vierte Säule ist das Verlassen der Opferrolle. Das gibt es ja immer wieder, dass wir das Gefühl haben, wir können gar nichts tun. Wir sind in einer Opferrolle gefangen. Aber die Resilienzforschung sagt, dieses Verlassen ist ganz wichtig, damit man wieder selbst zum Akteur wird und selbst dafür sorgen kann, sich besser zu fühlen. Zum Teil ist man tatsächlich Opfer der Krankheit, aber zum anderen kann man auch etwas tun, damit es einem besser geht. Und diesen Anteil herauszufinden, würde bedeuten, die Opferrolle zu verlassen.

Die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, ist die fünfte Säule. Bei einer Krankheit bedeutet das z. B., darauf zu achten, dass man wirklich die Tabletten einnimmt, die vorgeschrieben sind und die einem guttun. Und zu gucken: Was kann ich eigentlich selbst bewirken?

Die Netzwerkorientierung ist die sechste Säule in der Resilienz. Hier geht es darum, sich selbst ein stabiles soziales Umfeld zu erschaffen, dass Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen da sind, mit denen man sich austauschen kann und die einen vielleicht auch stützen und tragen durch eine besonders schwere Zeit.

Und die siebte und letzte Säule ist die Zukunftsplanung: Dass wir von vornherein eigentlich nicht davon ausgehen können, dass unser Lebensweg immer gerade ist, sondern dass auch Abweichungen dazugehören. Dass wir mit Dingen konfrontiert sind, die wir uns vielleicht überhaupt nicht vorgestellt haben. Das alles kann passieren im Leben und wenn man das mit in Erwägung zieht, dann ist es nicht mehr so schwer, wenn der eigene Lebensweg mal gestört wird.

Krankheit bedeutet für viele Neuorientierung im Leben. Wie kann dieser Prozess unterstützt werden?

Es geht darum, bestimmte Schritte zu bewältigen, wenn es nur schrittweise vorangeht. Man muss erst einmal erforschen: Was an meiner Krankheit belastet mich zurzeit? Worunter leide ich? Und was kann ich dagegen tun?

Im zweiten Schritt geht es darum, zu schauen: Welche Ressourcen habe ich? Also: welche Fähigkeiten? Was kann ich besonders gut? Was unterstützt mich? Oder welche Menschen sind auch da, die ich aktivieren kann, die mir helfen können, ein Stück weiterzukommen? Was brauche ich und wer kann mir dabei helfen?

Drittens geht es darum, herauszufinden, ob mein Denken eigentlich im Einklang mit meinen Gefühlen und mit meinem Körper ist? Habe ich vielleicht schon genug betrauert, was mir da passiert ist? Oder möchte ich schon mehr? Möchte ich wieder in das normale Leben einsteigen, so wie es vorher war? Oder bin ich eigentlich noch in einem Trauerprozess gefangen, deshalb geht das nicht und ich setze mich da selbst unter Druck?

Viertens: Wer bei der Bewältigung oder Neuausrichtung schon etwas weiter ist, der kann im Rückblick schauen, was die Krankheit – trotz aller Schwierigkeiten – eventuell gebracht hat. Wir werden ja auch stärker dadurch. Wir nehmen andere Schwierigkeiten nicht mehr so wichtig. Das fällt mir immer wieder auf, dass Leute sagen: Als mir so etwas Schlimmes passiert ist, da ist mir plötzlich klar geworden, wie unwichtig viele andere Probleme sind!

Und wenn das in der Verarbeitung so weitergeht, dann gibt es den fünften Schritt, dass man sich öffnet und wieder mehr Lebensfreude spüren kann, dass man das Leben wieder mehr genießen kann.

Der sechste Bewältigungsschritt wäre dann der, dass man auf die Zeit zurückblicken und sagen kann: So war das. Das ist mir passiert. Trotzdem ist es jetzt – so, wie es ist – in Ordnung. Damit lebe ich oder damit muss ich vielleicht auch leben. Ich habe meine Erfahrungen daraus gezogen – im Guten wie im Schlechten – und habe daraus auch eine Portion Weisheit mitgenommen, die eine Bereicherung darstellt: Für mich und vielleicht auch für andere Menschen.

Was gibt es für praktische Methoden, meine Selbstheilungskräfte zu stärken?

Es gibt ganz viele Möglichkeiten und ich denke, jeder muss ein bisschen ausprobieren und finden, was für ihn persönlich das Beste ist. Ich selbst arbeite sehr gerne mit Achtsamkeit und inneren Bildern. Aber auch mit progressiver Muskelentspannung oder auch „selbstunterstützender Kommunikation“. Die kann jeder tatsächlich für sich selbst einmal ausprobieren. Wir reden ja auch mit einer inneren Stimme mit uns, z. B.: „Mensch, jetzt mach das doch mal!“ Oder: „Mach das doch mal richtig.“ Da gibt es verschiedene Stimmen in uns. Die einen sind ein bisschen drohend, vielleicht „Elternstimmen“, und die anderen können auch unterstützend sein.

Bei der selbstunterstützenden Kommunikation im Krankheitsfall geht es für mich darum, zu schauen, dass wir eine liebevolle Stimme finden, die uns unterstützt, dass wir uns annehmen, so wie wir sind, und diese Stimme dann auch vielleicht darauf zielt, Fragen zu stellen, mit denen es uns besser geht: Was hilft dir jetzt gerade? Schau doch mal, was ist jetzt gut für dich? Und wirklich mit sich in einer liebevollen Variante zu sprechen.

Dann könnte ich noch ein „Heilungsbuch“ empfehlen, weil ich finde, dass wir uns selbst unheimlich gut über Schriftsprache strukturieren können. Also, wenn wir etwas aufschreiben, dann können wir besser sortieren, was wir denken, fühlen oder wie wir handeln. Dann kann man das besser nachvollziehen. Auch bestimmte Stationen im Leben, in denen wir bei der Erkrankung vielleicht Fortschritte gemacht haben, sind darin dann dokumentiert. Ein Heilungsbuch ist für mich eine Art Tagebuch, in das man einfach immer einträgt, wenn man gerade Lust dazu verspürt, was einen gerade beschäftigt. Da kann man etwas einkleben oder da kann man etwas schreiben und letztendlich hat es die Funktion, Gefühle nach außen zu transportieren. Also, da wo vielleicht etwas mit Angst verbunden ist, wo unangenehme Gefühle, wie Ohnmachtsgefühle oder Ähnliches da sind, was man auch nicht unbedingt jemanden erzählen möchte, das kann man dann in sein Heilungsbuch eintragen.

Das sieht niemand, das geht niemanden etwas an, das ist nur für einen selbst. Das kann ich empfehlen!

Buchtipp!
Huth, Dörte: Selbstheilung. Wie Sie das innere Tief überwinden, Resilienz aktivieren und Ihr Lebensgefühl verbessern“, amondis Verlag, ISBN 978-3-94303-601-5

Dörthe Huth Gast
Dörthe Huth

Heilpraktikerin für Psychotherapie
Römerstraße 2, 46284 Dorsten
www.doerthe-huth.de
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Sonja KohnModeratorin
Sonja Kohn

Heilpraktikerin, Dozentin, freie Redakteurin
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http://psyche-kompakt.blogspot

Psyche kompakt:
jeden 1. Montag im Monat auf Radio Leinehertz 106.5, 17:05 Uhr
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