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Unbehandelte Traumata rächen sich spätestens im Alter

Psychotherapien schützen auch den Körper!

Wer in jüngeren Jahren traumatisiert wurde, kann die Folgen dieses psychischen Einschnitts unter Umständen lange unter Kontrolle halten. Doch im Alter funktionieren solche unvollkommenen Schutzmechanismen immer schlechter. Der Mensch, ohnehin vom Altern und dessen körperlichen und sozialen Folgen getroffen, hat nun oftmals noch zusätzlich mit psychischen Problemen zu kämpfen, deren Ursachen unter Umständen Jahrzehnte zurückliegen. Doch das ist nicht alles: Wie der Deutsche Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie unter dem Motto „Altern im Wandel – Perspektiven und Handlungsfelder“ thematisiert hat, beschleunigen traumatische Erlebnisse die Alterung.

Zwischen 20 und 30 % der deutschen Bevölkerung berichten über Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung oder dysfunktionale Familienumgebungen mit Gewalt oder Substanzmissbrauch. Solche Kindheitsbelastungen haben nicht nur ungünstige Auswirkungen auf Psyche und soziale Kompetenzen. Sie hinterlassen, so Professor Dr. med. Dipl.-Psych. Manfred Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Mainz, auch negative, biologisch messbare Spuren im Körper: „Dazu zählt etwa die chronische Aktivierung des Stresssystems und die Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung.“

Auf molekularbiologischer Ebene sei ein schnellerer Alterungsprozess bei traumatisierten Menschen nachgewiesen worden. Folgen könnten eine schlechtere Immunabwehr, schnellerer Muskelabbau oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Als schützend gegen solche Effekte hätten sich positive Erfahrungen mit einer stabilen Bindung zu einem Menschen erwiesen.

Allerdings fällt es gerade traumatisierten Menschen oftmals ausgesprochen schwer, eine stabile Beziehung aufzubauen und positives Verhalten anderer Menschen überhaupt wahrzunehmen beziehungsweise es als „glaubwürdig“ zu werten. Umso wichtiger sei eine Psychotherapie:

Sie könne nicht nur helfen, soziale Kompetenzen (zurück) zu gewinnen, sondern auch einen besseren Umgang mit dem eigenen Körper zu entwickeln – etwa die Abkehr von Rauschmitteln oder eine gesündere Ernährung.

Das heilsame Potenzial einer Psychotherapie könne sich durchaus auch im höheren Alter entfalten. Und auch ältere Menschen, die in jüngeren Jahren nicht traumatisiert wurden, können von schweren Erkrankungen, Sinnleere im Ruhestand oder durch den Verlust von Angehörigen von Ängsten und Depressionen getroffen werden.

Doch während ältere Menschen noch vor wenigen Jahren auch bei großem psychosozialen Druck so gut wie nie einen Therapeuten aufgesucht haben, nehme die Zahl der Senioren, die sich fachliche Hilfe holen, inzwischen stetig zu. Hauptgrund dieser positiven Entwicklung dürfte die fortschreitende Enttabuisierung psychischer Beschwerden sein.

„Eine Psychotherapie ist“, so Professor Dr. Beutel, „bei Älteren nicht nur zur Behandlung seelischer Störungen angezeigt, sondern dient auch der Erhaltung von Aktivität und Gesundheitsverhalten und damit der Vorbeugung des Abbaus geistiger und sozialer Funktionen.“

Der Deutsche Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie fand vom 3. bis 5. Mai 2023 in der Urania Berlin e.V. statt.

Weitere Informationen: https://deutscher-psychosomatik-kongress.de

Selbstverständlich ist die Zielgruppe der älteren Menschen gerade vor dem Hintergrund der beim Kongress vorgestellten neuen Erkenntnisse auch bei Heilpraktikern für Psychotherapie (m/w/d) gut aufgehoben.

Jens Heckmann
Mitglied im Service-Team des VFP

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Fotos: ©Robert Kneschke | adobe stock.com