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Psychologische Dimension von Schwangerschaft und Geburt, Teil 2

„In froher Erwartung“ oder „In anderen Umständen“

Mit diesem Teil 2 der Überlegungen zur psychologischen Dimension von Schwangerschaft und Geburt lade ich Sie zu einer Reise hauptsächlich in das Gebiet der Schwangerschaft ein, bei der ich meine Erfahrungen als Heilpraktikerin für Psychotherapie mit Erwachsenen, die ihre frühen Erfahrungen integrieren wollen, mit Ihnen teilen möchte.

Die Ausführungen beschäftigen sich damit, wie die Erfahrungen zwischen dem Anfang des Lebens und der nachgeburtlichen Zeit eines Kindes förderlichen oder belastenden Einfluss auf seine Entwicklung, die Qualität seiner Beziehungen, seinen Umgang mit Veränderungen und seine Gesundheitsaussichten nehmen können. Es geht darum, sensibel für die Vielschichtigkeit der berührten Dimensionen zu machen.

Bei der Betrachtung der frühen Lebenszeit stehen oft vorwiegend die technischen Aspekte im Fokus. Selbst in der Humanmedizin inkl. im psychotherapeutischen Bereich, bei Frauenärzten und Geburtshelfern (immer m/w/d) zeigen sich noch Widerstände, die Bedeutung der Zeit vor, während und kurz nach der Geburt wahrzunehmen. Die übergeordnete Frage ist, wer übernimmt die Verantwortung für das Fortbestehen der für die Kinder und die Eltern und langfristig auch für die Gesellschaft belastenden Bedingungen und Faktoren?

Diese Frage hat gerade in Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs Relevanz. Schwangerschaft und Geburt sind die basalen Ereignisse im Leben eines jeden Menschen. Eine Schwangerschaft eröffnet der Frau einen neuen Erfahrungsraum für Wachstum und Reifung und ermöglicht, persönliche Einschränkungen und Hemmungen abzubauen und neue Perspektiven zu eröffnen. Die Schwangerschaft aktiviert eigene oder transgenerational erworbene Erfahrungen mit Schwangersein und Gebären oder entsprechende durchlebte Konflikte zwischen der Schwangeren und ihrer Mutter. Für das Leben des Ungeborenen werden bereits in der pränatalen Zeit, besonders beim Aufbau der Strukturen und Organe in den ersten acht Wochen, entscheidende psycho-somatische und persönlichkeitsbildende Weichen für das ganze Leben gestellt. Das vorgeburtliche Miteinander von Kind und Mutter hat dabei die zentrale Bedeutung.

Dieser Ansatz wertschätzt das Elternsein und fragt nach unterstützenden Bedingungen für Eltern und Kinder in der Frühen Zeit. Er schaut auf eine bewusste, einfühlsame und fürsorgliche Schwangerschaftsbegleitung und Geburt sowie das Fördern eines gedeihlichen Hineinwachsens des Kindes in die Welt.

Wenn heute längst erwachsene, ehemalige Embryonen, Feten, Neugeborene sich den Erkenntnissen der Psychologie von Schwangerschaft und Geburt öffnen und Hinweisen folgen, die darauf hindeuten, dass ihre aktuellen Symptome, Hemmungen, Schwierigkeiten im Leben bereits in ihrer Schwangerschaft oder mit der Geburt oder kurz danach begonnen haben könnten, spüren sie oft spontan die Evidenz der Themen, die sie persönlich betreffen. Die Wege sind offen, dieser Spur zu folgen und sich selbst durch „Innenweltarbeit“ noch ein Stück näherzukommen. Manchmal kann erst dann die wirkliche Reise ins eigene Leben beginnen.

Wunder des Lebens - schwanger werden und schwanger sein

Laut Statistischem Bundesamt (StBA) gab es in Deutschland einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hohe Geburtenzahlen. Der „Babyboom“ erreichte 1964 mit 1,36 Millionen Geburten einen Höchststand.

Dem folgte ein starker Rückgang („Pillenknick“). Im Jahr 2011 wurde mit 663 000 Neugeborenen die niedrigste Geburtenzahl nach 1946 registriert.

Von Januar bis November 2022 kamen in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen des StBA rund 675 600 Kinder zur Welt. Dies waren um 6,4 % weniger Geburten als im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021. Besonders deutlich sank die Geburtenzahl im ersten und im vierten Quartal 2022 (mit -8 % und -9 %). In Westdeutschland nahm die Geburtenzahl um 5,3 %, in Ostdeutschland um rund 11 % ab.

Evolution und Partnerwahl

Kinderwunschzeit ist Reifezeit. Segensreich ist, „vor der Zeit“ zu klären: Wie lebendig stehe ich im Leben, trägt die Partnerschaft, finden wir uns als Partner attraktiv, haben wir Freude aneinander …?

Können wir uns riechen, ist nicht nur eine Redewendung, denn die Evolution hat Frauen und Männer – eigentlich – gut für die „richtige“ Partnerwahl ausgestattet. Evolutionsbiologisch hat „die Liebe“ auch das unromantische Ziel, Fortpflanzung und gesunde Arterhaltung zu gewährleisten. Da Menschenkinder aufgrund ihrer „Frühgeburtlichkeit“ relativ lange neurologisch unfertig und insgesamt unreif sind, sind sie existenziell auf gute nachhaltige Fürsorge angewiesen. Deshalb soll die Liebe auch dazu dienen, eine langfristige menschliche Paarbindung leicht zu machen: Im Hinblick auf Paarstabilität und gesunden Nachwuchs ist ideal, wenn in den Immunsystemen der potenziellen Eltern eine möglichst breite und unterschiedliche Palette von Abwehrmechanismen ausgebildet ist, die sich im Kind ergänzen können.

Am Geruch eines potenziellen Partners können wir instinktiv wahrnehmen, wie gut die Immunsysteme „biochemisch zusammenpassen“. Aufgrund der eingefangenen Duftmoleküle nehmen dann „die Nasen“, als unbeeinflussbarer und von keinem Beziehungsmodell abhängiger „Liebessinn“, Einfluss auf die Gefühle und die Partnerwahl.

Sobald die Frau schwanger ist, stellt ihr Körper das Verströmen des beschriebenen Duftes ein. Der Testosteronpegel der Väter reduziert sich, sodass bei ihnen mehr „Nestbau-Impulse“ entstehen können; bei beiden wird mehr Oxytocin ausgeschüttet.

Wenn junge Frauen bereits ab der Pubertät Ovulationshemmer einnehmen, signalisiert ihr Körper „geruchstechnisch“ so lange „ich bin schwanger“, bis sie die Pille absetzen, um sich auf die Umsetzung eines Kinderwunsches vorzubereiten.

Die spannende Frage ist, ob sich die Partner dann noch so „gut riechen können“, dass die Partnerschaft stabil bleibt und der ehrliche übereinstimmende Kinderwunsch eine langfristige und sichere Basis für eine gedeihliche Entwicklung des künftigen Kindes schaffen will oder kann?

Kinderwunsch

Mit einem Kinderwunsch kann vertrauensvolle Vorfreude oder auch Tabu oder großer Leidensdruck verbunden sein.

Von Mikrozensus wurden für 2018 (2016) folgende Kinderlosenquoten (KLQ) errechnet: „bei Frauen zwischen 25 und 39 Jahren 27 % (25,5 %) und bei Frauen zwischen 40 und 44 Jahren 22 % (21 %); Tendenz im Erhebungszeitraum seit 2008 steigend. Der Anteil ungewollt kinderloser Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 50 Jahren ist zwischen 2013 und 2020 erheblich gestiegen. Nahezu jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Für die Erfüllung des Kinderwunsches sind diese Paare auf medizinische Hilfe angewiesen“. (Quelle Mikrozensus, Stand 11.12.2019).

Schwangerschaft und Geburt sind komplexe und sehr störanfällige Prozesse. Die Reproduktionsmedizin orientiert sich mit ihren Unterstützungsleistungen vorwiegend an den körperlichen Befunden der Eltern. Doch die Ursachen von Kinderlosigkeit sind vielfältig. Bei ca. 30 % der Männer und Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch findet sich keine Ursache für Infertilität oder Sterilität (Kohortenstudie, New England, Journal of Medicine 2023). Psychotherapeutische Lösungsversuche sind eher selten. Dass sich ein Kind einnistet, kann auch mit assistierten Reproduktionstechnologien (ART) nicht erzwungen werden.

Allen, die sich ein Kind wünschen, eröffnet die Kinderwunschzeit neue Erfahrungsräume: Für die künftigen Eltern beginnt eine vertiefte Reise zu sich selbst, mit neuer Dynamik. Die Frage ist, welches Bewusstsein ist mit der eigenen Schöpferkraft verknüpft: ausgeliefert sein, kämpfen müssen oder Verbindung mit der eigenen Kraft haben, Hingabe an das Leben, Urvertrauen, Liebe zu sich selbst?

Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen ist die Zeit vor der Schwangerschaft (bis zu zwei Jahren) für die künftigen Eltern eine sehr bedeutsame Zeit, um sich auf die neue Dimension körperlich und emotional vorzubereiten und für sich Klärung herbeizuführen. Hinter dem Kinderwunsch können sich (un-)bewusste übereinstimmende und divergierende Wünsche, Motive und Bedingungen (von Mutter, Vater, transgenerational) verbergen: z. B. eine bessere Mutter als die eigene Mutter sein, ein Kind nur für sich haben wollen oder einen Stammhalter, einen Jungen, ein Mädchen, eine intakte Familie, Ersatz schaffen für einen verlorenen Menschen, Familientradition fortsetzen, eigene ungelebte Lebenswünsche und Träume auf das Kind zur Umsetzung übertragen, dem eigenen Leben Bedeutung oder Sinn geben, eigene Leere füllen, später versorgt werden, die Partnerschaft stabilisieren, einen ungeliebten Beruf loswerden, auf allen Ebenen neu beginnen.

Naheliegend ist, dass die daraus resultierenden Aufträge von Kindern kaum schadlos erfüllt werden können. Was wäre, wenn die Eltern, die Mutter, der Vater sich die (verdeckten) Wünsche selbst erfüllen würden? Es gilt auch, herauszufinden, welche eigenen oder von den Ahnen übernommenen Verletzungen und Wunden aus Schwangerschaft und Geburt bei den künftigen Eltern noch nicht geheilt und integriert sind.

Einzelbeobachtungen zu ungewollter Kinderlosigkeit aus meiner Praxis

Beispiel 1

Großmutter: drei Vergewaltigungen am Ende des Zweiten Weltkriegs

Tochter: kann wiederholt nicht schwanger werden. Ohne vorherige psychotherapeutische Behandlungen entstehen mithilfe von ART (ICSI) drei Schwangerschaften

Enkelinnen, Alter 15 – 25: Das älteste und das jüngste Kind zeigten besondere Auffälligkeiten besonders in der Pubertät.
Kind 1: psychoseähnliche Symptome
Kind 2: weitgehend verhaltensunauffällig
Kind 3: „Träumerle“ – Weiteres ist offen

Beispiel 2

Großmutter: Vergewaltigungsopfer

Tochter: ungewollt kinderlos mit Kinderwunsch

Therapeutische Arbeit mit den Eizellen der Tochter (Systemische Arbeit mit inneren Anteilen/Identitätsorientierte Psychotherapie, IOPT. Weiteres zur Methode folgt im Teil 3: Ihre Eizellen können sich genau erinnern, welche Gefühle die Vergewaltigung bei der Großmutter auslösten. Eindruck im Körpersystem der Oma; also auch bei den damals schon angelegten Eizellen ihrer Tochter; diese Eizellen der Tochter, die im Erwachsenenalter schwanger werden möchte, verweigern sich der Begegnung mit allem Männlichen (Spermien). Bald nach der Arbeit mit den Eizellen stellte sich eine Schwangerschaft ein. Ein solches Geschenk entzieht sich Druck oder Zwang.

Beispiel 3

Anliegen der Klientin: Ich muss (zwanghaft) dauernd umziehen und bin darüber sehr unglücklich. Während der therapeutischen Arbeit zeigt sich, dass die Zeugung der Frau via IVF (In-vitro-Fertilisation) erfolgte. Der Umzugszwang hörte inzwischen auf.

Durch „vorzeitiges“ therapeutisches Aufarbeiten solcher oder ähnlicher Themen der künftigen Eltern könnten Symptome oder Hemmungen verändert werden. Eine natürliche Schwangerschaft kann dadurch möglich werden. Zusätzlich würde das kommende Kind entlastet, weil die Eltern ihre eigene Last nicht mehr weitergeben müssen. Wenn in der Kinderwunschzeit innere Bilder vom Kind entstehen, die mit Energie aktiviert und geduldig mit Liebe genährt werden, kann die Schwangerschaft aus einer Liebesenergie entstehen.

Oder doch lieber gleich Augen zu und durch: Sex nach Zeitplan, Druck beim Herannahen des nächsten Eisprungs, nichts geht mehr, Gefühl, versagt zu haben, Trennung, neue Partner? Der Weg zu Einnistung und Geburt mit Unterstützung der Reproduktionsmedizin ist oft lang und „eindrücklich“.

Eltern und Kinder, die einen solchen Prozess auf sich nehmen oder genommen haben, verdienen sehr großen Respekt und besondere Hochachtung und Wertschätzung und liebevolle therapeutische Begleitung.

Laut Springer-Newsletter Gynäkologie vom 15.12.2022 nimmt die Zahl der Kinder, die mithilfe medizinischer Unterstützung gezeugt werden, ständig zu. Bisher wurden weltweit über acht Millionen Kinder durch In-vitro-Fertilisation (IVF) und intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), die häufigsten Formen der assistierten Reproduktionstechnologien (ART), gezeugt und geboren. In Deutschland werden jährlich über 100 000 Behandlungen durchgeführt.

Pro Behandlung beträgt die Schwangerschaftsrate ca. 33 %; die Geburtenrate bei hoher Einlings-Rate (ca. 80 % nach Aborten) liegt bei etwa 24 % der so entstandenen Schwangerschaften. Die Geburtenraten nehmen mit zunehmendem Alter der Frauen ab. Die entsprechenden Zahlen der Kinderwunschzentren weichen teils erheblich mit positiveren Ergebnissen ab.

Vor diesem Hintergrund kann sich die Frage stellen, wie viele Eltern kann ein Kind haben und welche transgenerationalen bzw. transkulturellen Verbindungen können sich daraus ergeben? Zur Wahl können stehen: genetischer Vater, genetische Mutter, Samenspender, Eizellspenderin, Leihmutter, Laborpersonal, implantierender Arzt, soziale Mutter, sozialer Vater, Adoptivmutter, Adoptivvater...

Wenig gesprochen wird darüber, dass Schwangerschaften durch künstliche Befruchtung mit mehr Komplikationen assoziiert sind (z. B. vorzeitige Plazentaablösung (aOR 1,57), Kaiserschnittentbindung (aOR 1,38), niedriges Geburtsgewicht, Frühgeburt (aOR 1,26); höheres Risiko der Frau für akutes Nierenversagen (AKI; aOR 2,52) oder für Herzrhythmusstörungen (aOR 1,65) (Ärztezeitung vom 10.3.2022 und Studie Journal of the American Heart Association, 2022).

Wenn das Kind geboren ist, ist das Problem medizintechnisch gelöst. Die physischen und emotionalen Erfahrungen auf dem Weg zur Schwangerschaft und durch die Schwangerschaft und Geburt bleiben im Körpergedächtnis bei Eltern und Kindern mit Nachwirkungen zurück. Bisher ist beobachtbar, dass IVF/ICSI-Kinder einen starken Lebenswillen haben, viele sich aber gleichzeitig nur sehr zurückhaltend mit dem Leben verbinden; es ist nicht immer ganz einfach, mit ihnen Verbindung aufzubauen; sie brauchen Hilfe und Struktur, um ihren Körper zu finden (Erdung, Entspannung) und Unterstützung, sich in ihren ambivalenten Emotionen sicher zu fühlen. Sie wollen oft lieber nicht gesehen werden, vermeiden Konkurrenz-/Vergleichs-Situationen, können Versagensängste entwickeln oder ihre verlorenen Geschwister suchen.

Auch die Eltern sind herausgefordert: missglückte assistierte Schwangerschaftsversuche, Umgang mit den „überzähligen“ bzw. mit mehreren eingepflanzten Zygoten (Themen: Kryokonservierung, Abtreibungen/Fetozid, Freigabe zur Adoption von nach ART geborenen und von den Eltern nicht angenommenen Kindern, Geschwisterreihenfolge, Einfluss auf die transgenerationale Familiendynamik …).

Die gute Nachricht: Es gibt unterschiedliche therapeutische Begleitungsmöglichkeiten für die jungen Familien durch die Schwangerschaft und damit, dass das Kind sich möglichst druckfrei und von den Eltern liebevoll willkommen in die Familie einnisten kann. Und um an den Verletzungen der Paare arbeiten zu können, die ggf. noch aus der Kinderwunschzeit bis zur Geburt belastend nachklingen.

Zeugung (Konzeption)

Aus dem präkonzeptionellen Feld der Eltern finden sich bei der natürlichen Empfängnis Eizelle und Spermium und bilden am Anfang einen (einzelligen) „beseelten“ Organismus (Zygote), der die Frau schwanger werden lässt. Phänomenologisch betrachtet beginnt die Reise zur menschlichen Verkörperung auf unterschiedlichen Ebenen, durch Formgebung ohne Vorlage, mit dem Ziel, geboren zu werden, sich als schöpferischen Teil der Welt wahrzunehmen (Gestalter sein, statt Beobachter) und mit dem ganz eigenen Potenzial sichtbar zu sein. Sofort zeigt sich ein fortwährender Prozess von Wandlung, Wachstum, Entfaltung.

„Meine Erfahrung geht davon aus, dass jede emotionale Krankheit auf dem Verhältnis zwischen Mutter und Kind basiert, vom Augenblick der Befruchtung an. Und selbst vorher schon, denn die Mutter hat bereits einen, wenn auch unbewussten, Plan für ihr künftiges Kind. Was die Frau nicht weiß, ist, dass auch sie bereits einem solchen Plan unterworfen war.“ (Bernard W. Bail, Die Inschrift der Mutter, S. 38, 2012).

Zeugungssituationen, die mit Gewalt oder Ablehnung des sexuellen Zusammenseins oder belastenden transgenerationalen Erinnerungen verbunden sind, nimmt das Kind als traumatische, im Zellgedächtnis verankerte Erfahrung mit langfristigen seelischen, körperlichen und Bindungsfolgen mit ins Leben.

Gebärmutter (Uterus)

In der Gebärmutterhöhle (Cavum uteri) reifen Embryo/Fetus bis zur Geburt heran. Die nervöse Versorgung des Uterus erfolgt parasympathisch und sympathisch. Die Gebärmutter fühlt sich dafür verantwortlich, das werdende Kind zu schützen und es in seiner Entwicklung zu unterstützen und zu versorgen. Jedes Kind, das dort „einzieht“, findet seinen ganz eigenen energetisch, auch nach dem „Auszug“ repräsentierten Platz, der auch von den folgenden Kindern noch wahrgenommen wird.

Auch wenn über Abtreibungen, Fehlgeburten, Stille Geburten meist nicht gesprochen wird, das Gedächtnis der Gebärmutter über z. B. existenzielle Erfahrungen und Verletzungen von Frauen und Kindern, die sich dort ereigneten, reicht über Generationen zurück. Ist mit einem solchen Platz Tötung oder Verlust verbunden, kann sich das dort ankommende Kind mit dieser konkreten oder transgenerationalen Energie verbinden und sie ins Leben mitnehmen.

Einnistung

Die Einnistung des Embryos in der Gebärmutter löst eine körperliche Immunreaktion des mütterlichen Immunsystems (gegen die väterlichen Gene) aus.

Ideale Qualität: „Das Fremde“ kann sich integrieren: Die kleine Kugel kann sich in der Gebärmutterschleimhaut freudig niederlassen, Verbindung aufnehmen und ein Gefühl des Aufgehobenseins in der Welt haben.

Die Realität: Circa 50 % der Schwangerschaften enden schon bei der Einnistung aufgrund der Hindernisse, Hemmungen und Blockaden, die vom Kind oder von der Mutter ausgehen. Beide können überfordert sein. Wie gut funktioniert die Co-Regulation oder Abwehr der Mutter gegen das Fremde? Schutzschild Gebärmutter als Nahtoderfahrung für das Kind? Wer ist für wen da? Wer ist die oder der Bedürftigere?

Kinder haben einen sehr ausgeprägten Lebenswillen. Wenn es nur irgendwie geht, wird das Kind die Verantwortung für das Dableiben übernehmen. Bereits hier wird ein Grundstein gelegt: Zur Entwicklung von Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein braucht das Kind von Anfang an die Spiegelung durch eine andere Person.

Das Kind braucht vor allem das positive Signal der Mutter als Lebensbestätigung. Fehlt diese Bestätigung, muss das Kind Kompensationsmechanismen entwickeln, um überleben zu können. Wird es z. B. „eins mit der Mutter, verliert es dann durch die Geburt einen Teil von sich“. (Otto Rank, Das Trauma der Geburt, 1924/Ausgabe 1998).

Mutterkuchen (Plazenta)

Die Plazenta als temporäres lebenswichtiges Organ wird vom werdenden Kind nach seiner Einnistung im Uterus aus dem „Trophoblasten“ gebildet. Sie versorgt u. a. das heranreifende Kind über die Nabelschnur mit Nährstoffen und Sauerstoff aus dem Stoffwechsel der Mutter, produziert Hormone und gibt dem Kind Halt und Schutz. Gesteuert wird sie durch das Herz und den Blutkreislauf des Kindes.

Die Plazenta wird vom Kind als erste Lebenspartnerin erlebt. Die Art der Symbiose des Kindes mit dem Mutterkuchen prägt die kindliche körperliche und seelische Entwicklung und seine späteren Bindungsqualitäten und seinen Blick auf die Welt.

Konsumiert die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol und andere Substanzen/Drogen, Medikamente, Nikotin usw., beeinflusst sie über die Plazenta die körperliche und tiefenpsychologische Grundstruktur des Kindes: Wird die Plazenta von solchen Giftstoffen erreicht, reagiert das Kind mit erhöhter Herztätigkeit. Es pumpt vermehrt Blut durch die Nabelschnur-Arterien in seine Plazenta und erhöht so den Blutstrom, der zur Plazenta/ zum Kind zurückfließt.

Das Kind kann nicht vorhersehen, zu welcher Zeit es von der Plazenta in förderlicher Weise versorgt wird und wann Gefahr besteht. Es kann eine Vergiftung schwer vermeiden. Der kleine Organismus etabliert ein „Stressprogramm“ und versucht bei Gefahr z. B. mit weniger Blut (Nahrung, Sauerstoff) auszukommen. Ein Versagen könnte tödlich sein.

Diese Erfahrungen/Muster übertragen sich auf spätere Lebenssituationen: Die Betroffenen reagieren oft (grundlos) misstrauisch und kontrollieren sehr aufmerksam – sofern sie sich öffnen - was sie von anderen Menschen annehmen und was sie geben. Sie passen sich im Leben permanent an die Umstände an und versuchen damit, ihr negatives Selbstbild zu kompensieren: Sie „spielen Theater“ und schlüpfen in Rollen, mit denen sie sich identifizieren. So wird das Leben zum Überleben und ein Kampf mit sich selbst, mit Angst, durchschaut zu werden.

Die latente Angst vor neuer „Vergiftung“ im Leben macht wachsam und/oder misstrauisch in Beziehungen und erschwert Bindungen. Das Kind hat in früher Zeit auch gelernt, zuerst geben zu müssen, um danach genug zu bekommen. Es geht später unbewusst davon aus, durch Wiederholung des Musters kann es seine lebensnotwendige Versorgung kontrollieren und sichern, quasi sein Leben verdienen durch eigene Leistung.

Einfach entspannen oder auf Geschenktes zu warten, scheint verkehrt und könnte lebensgefährlich sein. Oft können sich so geprägte Menschen das Leben nur zu zweit vorstellen; sie scheinen für andere zu leben. Helfersyndrom oder übergriffiges Klammern aufgrund der pränatalen Mangelerfahrung?

Wenn der Fetus bereit ist, leitet er in Kooperation mit der Plazenta die Geburt ein. Seine innere biologische Uhr stellt bei ungestörter Entwicklung sicher, dass etwa 40 Wochen nach dem Eisprung die Wehen auf natürliche Weise in der Gebärmutter einsetzen.

Fetale Programmierung (Fetal programming)

Die körperliche und psychische Gesundheit des Menschen wird durch die intrauterinen Entwicklungsbedingungen während der Schwangerschaft und Geburt lebenslang beeinflusst. Einflussfaktoren wie Mangel- oder Überernährung des Kindes, mütterlicher Konsum von schädigenden Substanzen, Schilddrüsenfunktions-, hormonelle Störungen, IVF, mentaler Status (z. B. Depression, Stress, Gewalt, PTSD) beeinflussen seine späteren Gesundheitsaussichten oder die seiner Nachkommen.

Nach inzwischen gesicherter Studienlage können u. a. folgende langfristige Folgen beim Nachwuchs auftreten: Metabolisches Syndrom (Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck), Störungen in der neuroendokrinen oder kognitiven Entwicklung und des Verhaltens oder psychiatrische Erkrankungen. (Langzeitstudien zu Hunger und Schwangerschaft: Stichwort „Hungerwinter“ 1944/45 in NL; psychohistorisches Anschauungsbeispiel für mögliche transgenerationale Auswirkungen von Hunger zeigt sich aktuell in der zweiten Generation nach der „Leningrader Blockade“ (9.1941 bis 1.1944).

Pränatale Ultraschalluntersuchungen (PU)

Diese können bei medizinischer Indikation eine quantitative Auswertung des Entwicklungsstandes des Kindes und dessen erfahrungsbasierte Einordnung ermöglichen. Auf der qualitativen Ebene können PU den Eltern Sicherheit geben und ihre Hormone bindungsfördernd modulieren. Im Mittelpunkt sollte die gesunde Entwicklung und das Empfinden des Ungeborenen stehen.

Die Wirkungen von PU werden oft verharmlost (Houston, LE et al., 2011, Ultrasound is safe … right? Resident and maternal-fetal medicine fellows knowledge regarding obstetric ultrasound safety.), denn die Basis-Untersuchungen können zu Störungen der kindlichen Entwicklung bzw. zu Stress bei der Mutter mit Hormonbelastung des Kindes und ggf. zu diagnostischen Fehleinschätzungen führen. (Bricker, L. et al., 2015, Routine ultrasound in late pregnancy – after 24 weeks gestation; Alfirevic, Z. et al, 2015, Fetal and umbilical Doppler ultrasound in normal pregnancy).

In Abhängigkeit von Zeitpunkt der PU, Untersuchungsart, Zeitdauer und Häufigkeit der Untersuchungen zeigten sich Risiken durch PU im 1. Trimenon (Fehlbildungsrisiko Organe bzw. Gehirn; erhöhtes Risiko zu Autismus-Symptomen bei genetischer Disposition) und im 3. Trimenon (Bildungsstörungen Präfrontaler Cortex/Aufmerksamkeit, Einfluss auf späteres sozial-affektives Verhalten, mechanische und thermale Effekte). „Die Anwendung von PU – früher, häufiger, länger, stärker – verschiebt das Risiko-Nutzen-Verhältnis zunehmend in Richtung Risiko.“ (Prof. Dr. med. O. Linderkamp, langjähriger Chef der Frühgeborenen-Abteilung, Universitäts-Kinderklinik Heidelberg, 2017).

Wenn heute Erwachsene ihre PU-Erfahrungen in der Embryonal-/Fetalzeit therapeutisch bearbeiten, zeigen die Prozesse, dass das Kind die PU damals unangenehm bis sehr schmerzhaft erlebt hat; es wurden Worte wie „Feuer“, „Blitz“, „schneidendes Gefühl“ damit assoziiert und als Übergriff wahrgenommen. Der Tastsinn ist der erste Sinn des Kindes, der sich entwickelt. PU können erste Muster für Berührungsqualitäten prägen, wenn die Eltern die liebevolle Berührung des Kindes durch die Bauchdecke vergessen. Berührungsstörungen können Bindungsstörungen begünstigen.

Ungewollt

Der Weltbevölkerungsbericht 2022 der UN geht davon aus, dass weltweit rund 121 Millionen (48 % der Schwangerschaften) ungewollt waren; davon würden laut UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) mehr als 60 % durch Abtreibung abgebrochen – die Hälfte davon unter unsicheren Bedingungen.

In Deutschland wurden im 3. Quartal 2022 rund 26 500 Schwangerschaftsabbrüche vom Statistischen Bundesamt erfasst, die überwiegend nach der Beratungsregelung und ambulant (davon 52 % Absaugmethode, 35 % medikamentös) durchgeführt wurden. Wie das StBA mitteilt, nahm die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche damit im 3. Quartal 2022 gegenüber dem 3. Quartal 2021 um 16,7 % zu. Nach Rückgängen im Jahr 2021 (minus 5,4 % gegenüber 2020) und im Jahr 2020 (minus 0,9 % gegenüber 2019) nahm die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Quartalen 2022 deutlich zu.

Ungewollt zu sein, nicht dazugehören zu können, Eltern, die nicht zusammenpassen/ nicht vereinbar sind, bergen Gefahren für die Entwicklung des frühen Kindes. Abtreibungsfantasien der Eltern oder ein misslungener Abtreibungsversuch können beim Kind zur Überzeugung führen, ohne mich würde es den Eltern besser gehen (Überlebensschuld). Der Vater hätte z. B. nicht auf sein Studium verzichten müssen, weil er meine schwanger gewordene Mutter heiraten musste. Oder: Wenn ich ein Junge/ Mädchen geworden wäre, hätte ich meine Eltern nicht enttäuscht usw.

Solche Herausforderungen erschweren die Entwicklung der Liebesfähigkeit des Kindes. Damit verbunden ist eine Verlustangst für sich selbst, da der Versuch der Verschmelzung mit der Mutter (Objekt) als Gefahr erlebt wurde. Ungewollte, nicht abgebrochene Schwangerschaften haben toxische bis verrückte Widerspiegelungen im Leben dieses Menschen; z. B. können sie als Attraktion des Ungewollten in Form von Zerstörungslust in diesen Menschen fortleben. Beim Kind bleibt ein Dauerstress und manchmal eine von außen nicht verstehbare Wut und eine dauerhafte Suche nach Ankommen, Verbindung, Angenommensein.

Doch „Frieden kann erst entstehen, wenn der Urschmerz heute noch einmal gefühlt wurde“. (Arthur Janov: Gefangen im Schmerz, 1981).

Ein ungeborenes Kind nimmt wahr, ob es willkommen ist. Überlebte Abtreibungen wirken auf Mutter und Kind traumatisierend (Speicherung in den Zellen, Arthur S. Reber, Thomas R. Verny und im Nervensystem Stephen W. Porges) des sich entwickelnden Kindes und der Mutter. In manchen Familien werden solche Erfahrungen über viele Generationen weitergegeben. Mögliche Zusammenhänge mit Kinderlosigkeit können verschleiert sein. Gebärmütter, die z. B. mit einer Abtreibung konfrontiert waren, können den Entschluss fassen, kein weiteres Kind mehr zu beherbergen.

Das Ungewolltsein kann durch das Unbewusste der Mutter neun Monate in das Kind geprägt werden. Das Kind passt sich – auch nach Abtreibungsversuchen – an, es zieht sich zurück und versucht, sich für die Mutter „unspürbar“ zu machen. Dieses Dilemma kann für sein Leben „Programm“ werden, z. B. kann es vorkommen, dass das Kind bis zur Geburt durchhält, die Mutter dann jedoch nicht annimmt (Kontaktverweigerung, Verweigerung des Gestilltwerdens).

Auch das nachfolgende Kind nimmt wahr, was sich vor seiner Zeit in der Gebärmutter ereignet hat. Es kann z. B. die Erfahrung des „energetischen Konzeptes“ von in der Gebärmutter gestorbenen Kindern übernehmen. Manchmal ist dies für ein nachfolgendes Kind kaum zum Aushalten („Schreibabys“?). Es war mit Todesenergie in Berührung.

Kinder, die so geboren werden, sind nicht immer wirklich anwesend. Nur wer da ist, kann auch wirken. Das, was im Leben Lebendiges und Schönes werden könnte, erscheint manchmal uninteressant. Das Kind übernimmt im Laufe der Entwicklung die Unzufriedenheit der Eltern und überträgt sie auf sich; bei ihm entsteht ein Gefühl von Verantwortung für die Erschwernisse, die es den Eltern auferlegt; es hat das Gefühl, den Eltern etwas schuldig geblieben zu sein, obwohl das Kind alles getan hat, um sich als dankbares, liebendes Kind zu zeigen.

Spätere Gefühle: z. B. „so wie früher“ – ich bin immer der Schuldige in den Augen der anderen, erhöhte Krankheitsneigung nach der Geburt, Beeinträchtigung im Sozialverhalten/Ängstlichkeit, Übermaß an Sorgen, Alkoholismus, Straffälligkeit ... Das Kind lebt mit einer kontinuierlichen inneren Aufforderung, seine Existenzberechtigung ständig durch Leistung zu beweisen, es fühlt sich zu Höchstleistungen angespornt (Hochleistungssport, Grenzerfahrungen), es hat ein übersteigertes Bedürfnis, sich als Künstler hervorzutun – Lebendigkeit und Existenzbedrohung bleiben unmittelbar verknüpft.

Mögliche weitere Folgen von Ungewolltsein können vorkommen: viele Durchfälle nach der Geburt, Lebensunzufriedenheit, ängstliches Stillhalten – Träumerle, Angst vor der Wirklichkeit, Begeisterung für „Phantasy“, Außenseitersein, sich fremd fühlen, sich schuldig fühlen oder sich schämen, Doppelbind-Einstellungen zu Partnerschaften, Erfahrungen von ausgegrenzt sein (z. B. in Form von Mobbing, überraschenden Kündigungen oder Beziehungsabbrüchen) wiederholen sich, Rückzug, Vermeidung von Kontakt aus Angst vor dem Ungewolltsein, hingezogen sein zu Grenzsituationen oder kriminellen Handlungen (Mörder sind zu über 90 % ungewollte Kinder; dazu kommen Gewalterfahrungen vor und nach der Geburt: Josef Fritzl: „Ich war ein ungewolltes Kind“ – ebenso: Saddam Hussein). Gleichzeitig besteht eine sehr große Sehnsucht nach Nähe und Verbundenheit.

Lange Zeit war der Mythos „Schwangerschaft und Psychotherapie schließen sich aus“ für manche therapeutischen Prozesse handlungsleitend. Dabei wurde übersehen, dass sich bis zum Bekanntwerden der Schwangerschaft zwischen dem Kind im Mutterbauch und dem Therapeuten bereits ein verbindendes Band knüpft. Wird die Therapie dann aufgrund der eingetretenen Schwangerschaft unvermittelt abgebrochen, ohne das Kind darauf vorzubereiten, wird dies vom Kind wie ein Abtreibungsversuch erlebt.

Fragen der dann erwachsenen Klienten in therapeutischen Prozessen: „Will ich wirklich leben?“ „Darf ich sein, auch wenn ich nicht gewollt bin?“ „Bin ich es wert?“ „Erlaube ich mir, mich zu wollen?“ „Bin ich?“ „Liebe ich mich?“ „Was wäre, wenn ich mich zeige, mit allem was ich bin?“

Cave – Sicherer Raum

Die Übung „Sicherer Raum“ in therapeutischen Prozessen kann Menschen, die Abtreibungsversuche oder andere frühe existenzielle Situationen im Mutterbauch überlebt haben, in die existenzielle Ursprungssituation zurückführen.

Symptome bildende Erinnerungen an lebensbedrohliche frühe Erfahrungen sind keine Phänomene einer Psychose oder wahnhafte Erscheinungen. Sie haben Realitätsbezug zum Erleben in der Frühen Zeit.

Bindungsanalyse

Zur Förderung der Bindung zwischen Mutter, Vater, Kind während der Schwangerschaft können sie sich mithilfe der von György Hidas und Jenö Raffai in den 1980er-Jahren entwickelten „Bindungsanalyse“ begleiten lassen. Immer mehr Hebammen, Doulas, Therapeuten praktizieren diese Art von Schwangerschafts-Begleitung. Ziel ist, Eltern und Kind dabei zu unterstützen, sich zunächst gegenseitig konkret wahrzunehmen und eine wechselseitige verstehende Interaktion und Verbindung aufzubauen und schließlich die Geburt vorzubereiten. Bei Herausforderungen während der Schwangerschaft können die werdenden Eltern und das Kind auf diesem Weg Unterstützung erhalten.

1992 hatte Alessandra Piontelli herausgefunden, dass beim Ungeborenen schon in dieser frühen Entwicklungsphase von „Persönlichkeit“ gesprochen werden kann, die in dem durch die Bindungsanalyse geöffneten „sicheren emotionalen Raum“ gefördert wird (Alessandra Piontelli, From Fetus to Child, The New Library of Psychoanalysis).

Die Wahrnehmung des Kindes zeigt sich bei den Eltern z. B. in Form von Gefühlen, Bildern, Gedanken und Fantasien auf einer Art „inneren Bildschirm“. Das Kind erlebt sich bereits im Mutterleib als mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen angenommen. Bereits in dieser Zeit können sein Selbstwert und Vertrauen wachsen.

Willkommen ist, wenn Väter ihre bedeutende Rolle zum Bindungsaufbau auch während der frühen Zeit (u. a. Aufbau des Lebensraumes, Schutz und soziale Sicherheit für die junge Familie geben) aktiv einbringen.

Die Bindungsanalyse-Sitzungen können von den Eltern zusammen mit Geschwistern zu Hause weitergeführt werden: liebevolles Berühren des Bauches, Singen von Schlaf- und Kinderliedern, Erzählen oder Vorlesen von Geschichten. Durch den Gesamtprozess wird für das kleine Team der Bindungsprozess gefördert und der Geburtsprozess balanciert: Weniger Ängste, Schmerzen, Frühgeburten, Kaiserschnitte, kaum postpartale Depressionen sind statistisch belegt.

„Aus der Bindungsanalyse geborene Kinder … haben andere Lebenschancen und eine andere Lebensqualität … Sie schlafen und träumen sich nicht in den Körper der Mutter zurück. Sie befinden sich mit ihrer gesamten Kapazität in der sie umgebenden Wirklichkeit.“ (György Hidas, Jenö Raffai, „Nabelschnur der Seele“, 2010, S. 115).

Die Überlegungen zur psychologischen Dimension von Schwangerschaft und Geburt werden in Teil 3 fortgesetzt.

Gabriele Hoppe
Heilpraktikerin für Psychotherapie, tiefenpsychologisch und pränatal fundierte Traumatherapie, Coaching und Supervision

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