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Selbstfürsorge macht schlank

Gewicht zu verlieren, abzunehmen, wird meist mit Verzicht gleichgesetzt. Viele Menschen denken zuerst daran, auf was sie alles verzichten müssen, wenn sie ihr Wunschgewicht erreichen möchten. Was aber ist, wenn man dabei mehr gewinnt als verliert?

Wir alle verzichten pausenlos. Sobald wir uns für eine Sache entscheiden, verzichten wir auf eine andere. Wenn ich mich für zu viel Essen, für das zweite Stück Kuchen oder die Tüte Chips am Abend entscheide, verzichte ich langfristig gesehen auf mein Wohlfühlgewicht und ein aktives, gesundes Leben. Deshalb ist es wichtig zu entscheiden, was möchte ich in meinem Leben erreichen bzw. welchen Gewinn bekomme ich, und sich weniger auf den Verlust zu konzentrieren.

Die Frage ist nicht: Auf was muss ich verzichten, wenn ich mein Wunschgewicht erreichen möchte? Sondern: Was gewinne ich, wenn ich auf zu viel Essen und zu wenig Bewegung verzichte?

Was steckt dahinter, wenn wir Kilo um Kilo zunehmen, wenn wir in den berühmten Jo-Jo-Effekt geraten? Sehr oft hat es damit zu tun, dass wir unsere Gefühle unterdrücken bzw. sie nicht wirklich wahrnehmen und mit Essen betäuben. Dazu gehören alle Arten von Gefühlen: Traurigkeit, Stress, Angst, Wut, Langeweile etc. Wir haben häufig schon in der Kindheit gelernt, diese „negativen“ Gefühle mit Essen zu betäuben. Dabei spricht man vom emotionalen Essen.

Aber auch wenn dieses Muster noch nicht in der Kindheit entstanden ist, kann es sich später noch entwickeln, weil sich z. B. die Lebensumstände geändert haben, weil wir einen Schicksalsschlag verkraften müssen oder weil wir einfach im Hamsterrad des Lebens feststecken und meinen, unseren Stress nur mit Essen kompensieren zu können.

Hinter diesem Verhalten steckt immer das gleiche Muster: Wir haben verlernt, auf uns und unseren Körper zu hören. Wir spüren uns und unsere Bedürfnisse nicht mehr. Wir geben allem und jedem mehr Aufmerksamkeit als uns und unserem Körper.

Ein erster Schritt in eine andere Richtung ist, dass wir das erkennen und bewusst wahrnehmen. Denn die meisten Muster laufen unbewusst ab und können deshalb auch nur schwer verändert werden. Wir dürfen erkennen, dass wir uns Angewohnheiten zugelegt haben, die uns zwar kurzfristig befriedigen, aber langfristig schaden.

Da ist z. B. der schnelle Griff zu den Keksen, wenn wir total gestresst sind und vielleicht keine Zeit haben, uns etwas zu kochen. Oder die Schokolade, die uns so schön anlacht, wenn wir traurig sind oder Langeweile haben. Und natürlich das leckere Essen am Abend mit Rotwein und Dessert, das wir uns nach einem anstrengenden Tag oder nach einer stressigen Woche mehr als verdient haben.

Das sind Beispiele, die zeigen, dass wir Essen dazu einsetzen, uns zu belohnen, zu trösten oder uns aufzuheitern. Das ist aber nicht die eigentliche Funktion des Essens. Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir anfangen, diese Muster Stück für Stück aufzulösen und den Blick wieder aufmerksam und liebevoll auf uns zu richten.

In diesem Zusammenhang ist der Begriff Selbstfürsorge sehr treffend. Selbstfürsorge setzt erst einmal voraus, dass ich gut für mich selbst sorge, dass es mir und meinem Körper gut geht. Mein Körper ist dabei mein Zuhause, mein Freund, mein Verbündeter.

Ganz oft lehnen wir Teile unseres Körpers, wie unseren Bauch, unsere Oberschenkel, unsere Arme etc. ab, weil sie nicht unserem Idealbild entsprechen, weil sich an diesen Stellen besonders deutlich zeigt, dass wir in letzter Zeit zu viele Kalorien zu uns genommen und uns zu wenig bewegt haben.

Es ist aber ganz wichtig, dass wir lernen, uns wieder komplett anzunehmen, um in die Selbstliebe zu kommen. Selbstliebe bezeichnet das tiefe Annehmen und Verstehen von sich selbst und die Akzeptanz aller Stärken und Schwächen. Das bezieht sich sowohl auf die Psyche als auch auf den Körper. Es bedeutet, sich selbst die Liebe entgegenzubringen, die man seinen Kindern, seinem Partner oder seinen besten Freunden entgegenbringt (immer m/w/d).

Ein weiterer Teil der Selbstliebe ist auch, dass man Abstand von der Waage nimmt. Wir dürfen wieder ein tiefes Gefühl für uns und unseren Körper entwickeln. Die Ausgangsfrage lautet dabei: Wie möchte ich mich in meinem Körper fühlen?

Weniger messen – mehr fühlen. Wenn wir ein bestimmtes Körpergewicht als Ziel haben, dann dürfen wir uns überlegen, wie sich dieses Gewicht anfühlen wird. Wie könnte ich mich dann bewegen, was wäre anders, wie würde ich aussehen (im Gesicht, am Bauch, an der Hüfte etc.), welche Kleidergröße hätte ich dann? Woran würde ich merken, dass ich mein Wunschgewicht erreicht habe?

Dazu gehört auch, dass wir das ganze Leben mit all unseren Sinnen wahrnehmen (bewusst riechen, schmecken, fühlen ... ) und wieder achtsam durchs Leben gehen. Achtsamkeit hilft uns in allen Lebensbereichen, aber auch ganz speziell beim Erreichen des Wohlfühlgewichts. Sie verbindet uns mit uns selbst und mit unserem Körper. Wenn wir uns liebevoll und achtsam um uns und unseren Körper kümmern, können wir gar nicht mehr zu viel essen. Dann macht es uns Spaß, uns zu bewegen und dem Körper nur das Beste zukommen zu lassen.

Beim achtsamen Essen setzen wir uns bewusst hin und essen langsam und genussvoll. Wir lassen uns nicht von äußeren Dingen (Fernsehen, Social Media, Zeitung ...) ablenken, sondern sind mit allen Sinnen und Gedanken beim Essen. Wir nehmen bewusst den Geruch, das Aussehen und den Geschmack des Essens wahr. Das bringt uns zurück ins Hier und Jetzt.

Das Erlernen neuer Essgewohnheiten und Essensmuster lenkt den Fokus weg vom Verlust hin zu einer positiven Bewältigungsstrategie. Eine gute Frage ist in diesem Zusammenhang auch: „Dient mir diese Entscheidung auch langfristig?“

Wenn du dir überlegst, ob du das zweite Stück Kuchen oder den Nachschlag essen sollst, dann überlege dir, wie du in einer Stunde oder in einem Tag darüber denken wirst. Denn meistens hält die Befriedigung nur sehr kurzfristig an.

Wenn wir also Selbstfürsorge und Achtsamkeit in unser Leben integrieren, werden wir automatisch an Gewicht verlieren. In dem Maße wie unser Körper abnimmt, nimmt unser Geist an Zufriedenheit und Glück zu. Wir fühlen uns beweglicher, ausgeglichener, schöner und gesünder. Abnehmen ist dann kein Verlust oder Verzicht mehr, sondern ein Gewinn an Lebensqualität.

Yvonne Osterried-Wild
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Ernährungsberaterin

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