Rezensionen
DEIN KÖRPER GLAUBT DIR ALLES – WIE DER PLACEBO-EFFEKT DIE GESUNDHEIT STÄRKT
„Das Leben ist weitgehend eine Frage der Erwartung.“ Mit diesem Zitat von Homer starten die Autoren in die Operation Placebo. Wie Patienten über die Wirkung von Medikamenten und Therapien denken, hat maßgeblich Einfluss auf die Wirksamkeit der Behandlung. Natürlich kann mit Globulis kein Krebs geheilt oder ein gebrochenes Bein gerichtet werden. Welche Erwartungen wir jedoch bei der Einnahme von Medikamenten bzw. der Anwendung von Therapien haben, beeinflusst spürbar deren Wirkung. Placebo-Effekte führen dazu, dass wir eine positive Reaktion erleben, Nocebo-Effekte hingegen verschlimmern die Symptome oder lösen unerwünschte Nebenwirkungen aus.
Das Interessante: Im Rahmen von Studien zum Placebo-Effekt werden die Probanden immer darüber aufgeklärt, dass auch Präparate ohne medizinische Wirkung im Spiel sind. Und obwohl Probanden dies wissen, berichten sie erstaunlich oft von positiven Effekten. Manche Patienten möchten sogar ausdrücklich Medikamente ohne medizinische Wirkstoffe, weil der „psychologische“ Wirkstoff trotzdem hilft. All das ist kein Hokuspokus, sondern wissenschaftlich fundiert. Außerdem haben schon unsere Urahnen mit „heilenden“ Mitteln gearbeitet, denen man zwar keine pharmazeutischen Wirkstoffe nachweisen konnte, die aber trotzdem wirkten: Selbstheilungskräfte werden aktiviert, das Immunsystem hochgefahren und körpereigene Opiate werden ausgeschüttet. In der Schmerztherapie hat das z. B. ganz wesentliche Auswirkungen.
Die Autoren sehen den Patienten in einer zentralen Rolle bei der Behandlung. Er sollte offen über Ängste und Erfahrungen mit einzelnen Medikamenten und Therapien sprechen. Ausdrücklich betonen sie, dass Mediziner, Apotheker und alle, die im direkten Patientenkontakt stehen, durch ihr Verhalten und ihre Kommunikation direkt Einfluss nehmen auf die Wirkung von Präparaten und Heilplänen. Insofern sollte das Buch nicht nur in jeden privaten Apothekerschrank gehören, sondern auch zur Pflichtlektüre von Tätigen im Gesundheitssystem.
Speziell für die Diagnosen chronische und akute Schmerzen, Depressionen, Immunerkrankungen, Reizdarmsyndrom und Tumorerkrankungen erläutern die Autoren differenziert die positive Wirkung der Erwartungseffekte. Viele wissenschaftliche Studien belegen die unterstützende und heilsame Wirkung der Behandlung mit Placebos. Es ist deutlich mehr als wirkungsloser Firlefanz. Die Schulmedizin kann sich von der Zuwendung, die Patienten z. B. von Heilpraktikern erfahren, eine Menge Positives abschauen. Ich finde das einen sehr kollegialen Ansatz. Ulrike Bingel und Sven Benson, Herbig Verlag Rezension: Horst Lempart
ABENTEUER KOMMUNIKATION – AUF DEN SPUREN DER WEGBEREITER MODERNER PSYCHOTHERAPIE
Diplom-Psychologe, Heilpraktiker für Psychotherapie, Forscher und Autor sowie VFP-Mitglied Wolfgang Walker legt hier die 10. überarbeitete und erweiterte Ausgabe seines Standardwerks vor. Darin beschreibt er die Theorie und Geschichte systemischer Therapiekonzepte anhand von spannenden Porträts zentraler Lehrtherapeuten. Er verfolgt die Entwicklung dieser
therapeutischen Ansätze, die auch durch politische und gesellschaftliche Veränderungen in den letzten 70 Jahren provoziert wurden. Seine Leitfrage dabei ist, wie therapeutische Kommunikation in der Praxis veränderungswirksam werden kann.
Dazu stellt er den Lesern zentrale Figuren und Modelle der systemischen und kommunikationstheoretischen Therapie vor:
Gregory Bateson – der Wegbereiter der Therapiekonzepte: Würdigung seiner Rolle als Pionier der systemischen Ideen
Fritz Perls – Rebell und Erneuerer: Porträt eines prägenden Einflusses auf Gestalttherapie und neue Formen der therapeutischen Praxis
Virginia Satir – die „Grande Dame“ der Familientherapien: Bedeutung ihrer Ansätze für Familien- und Kommunikationstherapie
Milton H. Erickson – der Magier der Kommunikation: Einfluss seiner hypnotischen und kommunikationstheoretischen Techniken auf moderne Therapien Die kommunikationstheoretischen Modelle von John Grinder und Richard Bandler: Grundlegung des Neuro-Linguistischen Programmierens (NLP) und Entwicklung von Therapiestrategien
Anhand dieser Porträts veranschaulicht der Autor, wie neue Sprach- und Denkformen zu konkreten Veränderungen in der Praxis und im Verständnis menschlicher Interaktion geführt haben, sodass man psychische Probleme nicht länger nur auf neurobiologische Störungen, innere Konflikte oder erlernte Denk- und Verhaltensmuster zurückführt. Psychische Leiden können ebenso als Folge fehlgeleiteter Informationsverarbeitungs- und Kommunikationsprozesse verstanden werden – im Individuum, in Beziehungen und in der Gesellschaft. Menschliches Verhalten wird als Form von Kommunikation verstanden und psychische Störungen werden als Störungen im Gruppen-Netzwerk interpretiert. Daraus ergibt sich eine Veränderung therapeutischer Prozesse in vier Schritten: 1) klare Problemdefinition, 2) Untersuchung misslungener Lösungsversuche, 3) Festlegung des Behandlungsziels, 4) Plan zur Erreichung der Lösung. So entstehen lösungsorientierte Therapien.
Wolfgang Walkers Buch ist lohnend für alle, die ihr eigenes Tun als Therapeuten besser verstehen und gestalten wollen.
Wolfgang Walker, Klett-Cotta Verlag Rezension: Dr. Werner Weishaupt