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Ausbildung mit 74

Selber staune ich, wie das Paracelsus-Angebot einen Menschen im Alter von 74 Jahren dazu bringen kann, wieder eine Ausbildung zu beginnen – und das 50 Jahre nach dem letzten akademischen Abschluss. Das kann passieren, wenn erstens die tiefen Fragen und Paradoxien zwischen Lehre und Leere, gegenüber Wirtschafts- und Realpolitik sowohl in der Familie als auch außerhalb – immer häufiger und miteinander verbunden aufkommen.

Jahrzehntelange Therapien verschiedener Richtungen haben das ihre getan, den Kern zu bergen, also den verhärteten Schorf, den wir um uns herum aufgebaut haben, aufzulösen. Work in progress, also Geduld ist gefragt. Gleichzeitig entstanden immer wieder Breschen, durch die Licht und neue Perspektiven eindringen konnten. Diese Öffnungen führten dazu, dass Momente eines katalytischen Seins häufiger und intensiver wurden: Begegnungen, in denen sich zweitens eine tiefere Verbindung und Synergie einstellt, lassen – manchmal zur gegenseitigen Überraschung – eine Art „synergetische Archäologie“ entstehen, die heilend wirkt.

Wenn es dann weitergeht, unabhängig voneinander, im Sinne eines schöpferischen Lebens – also im künstlerischen Tun, das die existenziellen Fragen, die im Paradox erlebt werden, miteinbezieht – dann entsteht drittens eine besondere Dynamik. Das Interesse, mehr darüber zu erfahren, „wie wir ticken“, wächst. Wenn dieses offene, neugierige Hören im persönlichen Austausch zunimmt und zu einem echten „Wenn, dann richtig“ führt, ist das ein natürlicher Schritt hin zu Selbstkenntnis und therapeutischer Arbeit. Ein Ansatz, der hier hilfreich sein kann, ist die „mitfühlende Erkundung“ (Compassionate Inquiry, CI), inspiriert von Gabor Maté und Sat Dharam Kaur. Dieser Ansatz basiert auf Empathie, tiefem Verstehen und dem bewussten Erkunden eigener Muster. Es ist nur folgerichtig, sich in diesem Bereich weiter zu qualifizieren – ähnlich einer archäologisch-schöpferischen Arbeit, bei der man etwas entdeckt, verarbeitet und weitergibt, wie es die alten Meister schon taten. Dafür qualifiziert eine anerkannte helfende Tätigkeit, beispielsweise die des Heilpraktikers für Psychotherapie. Dabei überschneiden sich viele Lerninhalte und beide Bereiche bieten einen enormen Reichtum an Selbst- und Welterkenntnis. Wichtig sind dabei Demut, gute Zuhörfähigkeiten und der radikale Abbau von Vorurteilen – ein intensiver Lernprozess. Der Königsweg ist daher, beide Qualifikationen gut abzuschließen.


Der HP-Psy-Kurs macht bereits sehr souverän, sodass man auch ohne eine strenge Amtsprüfung (die in Düsseldorf bekanntlich sehr anspruchsvoll ist) wertvolle Lernerfahrungen sammeln kann. Nach fünfeinhalb Monaten, seit Beginn der Paracelsus-Schulung, ist der Mensch, der einst neugierig und zögerlich eingetreten ist, ein anderer geworden. Er trägt nun mehr Erfahrung, Tiefe und Klarheit in sich.

Stephen Reader
Freiberuflicher bildender Künstler in Düsseldorf, Student der Paracelsus Gesundheitsakademie

Düsseldorf
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