Visualisierung!
Visualisierung wird in Veränderungsund Entwicklungsprozessen von immer mehr am Prozessbeteiligten eingesetzt. Der Zugang und der Umgang mit der Thematik werden erleichtert und die Möglichkeit einer anderen Art der Resonanz mit dem Thema erzeugt. Wir sprechen hier vom Einsatz gezeichneter Bilder, die im Prozess entstehen und zur Darstellung der zu erreichenden Ziele dienen oder auf Basis von Layouts erstellt werden. Auch für Psychotherapeuten, Pädagogen, Mediatoren und Berater ist der Einsatz von Visualisierung eine erfolgreiche Methode in der alltäglichen Arbeit.
Zunächst ein kurzer Exkurs zum Thema Visualisieren mit dem Stift. Visuell kommt aus dem lateinischen „videre“ – sehen – und dieser Sinneskanal ist bei uns Menschen sehr stark beansprucht. Dass Worte alleine nicht ausreichen, ist uns aus vielen Situationen bekannt und somit ist es noch wichtiger geworden, Themen sichtbar zu machen. Um etwas festzuhalten oder vorhandene Emotionen darzustellen, brauchen wir Bilder. Denn diese fördern das Verstehen, fördern die Emotionen und ermöglichen eine Besprechbarkeit, die vor der Visualisierung oft nicht oder nur schwer möglich ist.
Unsere Sprache ist im Allgemeinen sehr bildhaft; „Du bist rot wie eine Tomate“, „Mein Herz fühlt sich an wie ein Stein“. Sobald wir das hören, entsteht in uns ein Bild, verknüpft mit einer Emotion. Unser Gehirn, nutzt 75 % seiner Gesamtleistung dazu, visuelle Eindrücke zu verarbeiten, und genau das macht Visualisierung in der Arbeit mit Menschen so wichtig und aus meiner langjährigen Erfahrung unabdingbar. Oft wird die Anwendung von Visualisierung verkannt und als triviale Malerei abgetan, doch das ist sie keinesfalls.
Gespräche bleiben uns besser im Gedächtnis, wenn sie mit Bildern begleitet wurden. Zusammenhänge können einfacher und verständlicher dargestellt werden und Probleme können schneller auf den Punkt gebracht und damit schneller gelöst werden.
Wie kann ich nun diese Methode bei der Arbeit mit Menschen einsetzen?
Beim Visualisieren werden mit dem Stift Gedanken zu Bildern geformt. So entsteht aus einer Aussage mit einer Zeichnung eine Information für die logische linke und die emotionale rechte Gehirnhälfte und wird somit besser verständlich, die Klienten gehen mit dem Thema in Resonanz. Ob es um die Aufzeichnung eines Dialogs bei Veränderungen, bei neuen Ideen oder bei der Darstellung von Bedürfnissen und Zielen geht – der Einsatz von handgezeichneten Bildern bringt immer großen Erfolg.
Zur Wiederholung: Die Themen werden auf einmal sichtbar und somit klarer, das Besprochene bleibt auch länger in Erinnerung und dadurch weiter in der Resonanz, für mich ein Aha-Effekt.
An zwei Beispielen aus meiner Praxis möchte ich darstellen, was ich mit dem Aha-Effekt meine und wie eine Visualisierung Auswirkungen im Arbeitsalltag haben kann:
Im Rahmen einer Ehetherapie habe ich beide Partner aufgefordert, das, was sie an dem anderen schätzen, aufzuschreiben. Beiden fiel es zu Beginn sehr schwer, da sie der Auffassung waren, hier ist nur noch wenig vorhanden. Im ersten Schritt habe ich dann die Informationen von beiden auf unterschiedlich farbigen Post-is notiert. Im nächsten Schritt haben wir zusammen die Gemeinsamkeiten und die für beide tragenden Säulen herausgearbeitet und wie nachfolgend dargestellt visualisiert.
Ehetherapie
Diese Visualisierung hat die verbindenden und wertschätzenden Elemente der Beziehung aufgezeigt und bei beiden für einen Aha-Moment gesorgt. Denn als sie ihre Themen separat vorgestellt haben, haben sie die des anderen überhaupt nicht wahrgenommen, weil jeder in der eigenen emotionalen Gedankenblase und nur in Kontakt mit seinen abgespeicherten – meist negativen – Erfahrungen in Kontakt war.
Das zweite Beispiel ist im Rahmen einer Konfliktklärung entstanden. Ich habe ein Restaurant über einen längeren Zeitraum in einem Veränderungsprozess begleitet. Die Besitzerin und ihr Koch hatten – aus ihrer Sicht – unüberbrückbare Differenzen. Viele Gespräche endeten immer wieder in einer lautstarken Auseinandersetzung oder damit, dass die Besitzerin fluchtartig ihr eigenes Lokal verließ. Dieser Konflikt war eines der wichtigsten Themen in der Veränderung, denn durch diesen Konflikt kam es im gesamten Team zu einer unhaltbaren Situation.
In einer Sitzung mit den beiden wurde auf die bisherige Zusammenarbeit, die gegenseitigen Erwartungen, die Verantwortungsbereiche und auf die Zukunftsvision geschaut. Alles wurde visuell von mir dokumentiert. Beiden wurde auf dieser „visuellen Resonanzreise ihrer Beziehung“ immer klarer, warum es zu diesen Konflikten kam. Die Originalvisualisierung kann ich hier natürlich nicht darstellen, aber ein Schlüsselbild, mit dem die beiden im Anschluss auch dem Team ihre Differenzen und die Vereinbarungen erläutert haben.
Schlüsselbild
Beide haben den Betrieb – hier als Haus dargestellt – aufgebaut, der Koch seinen Bereich Küche und Service und die Besitzerin den Bereich Hotel und Housekeeping. Sie hatten jedoch vergessen, die Übergänge zwischen den Häusern zu bauen und sich über ihre Erwartungen auszutauschen. Der Koch wollte weiterwachsen, aber die Inhaberin den erreichten Wachstumsstand etablieren und die Prozesse für alle standardisieren, da dies im Wachstum vernachlässigt wurde.
Umgang
Im anschließenden Teamgespräch konnten durch diese Visualisierung die Mitarbeitenden das Thema nachvollziehen, die gemeinsame Geschichte wurde weitergeschrieben.
Ob es nun um Konfliktklärungen oder um die einfache Darstellung der zu erreichenden Ziele des Coachings geht, Bilder bringen Resonanz mit dem Thema, das Ziel wird gespürt und Energie freigesetzt.
Mit diesen Beispielen wird deutlich, dass Visualisierung mehr als Malerei ist. Hier wird mit einem Stift sehr schnell der gesamte Sachverhalt zusammengefasst dargestellt und auf einen Blick erkennbar.
Warum Visualisierung
Flipchart
Seminar
Teilnehmer-Bilder aus meinen Trainings
Was bedeutet denn nun Visualisierung in unserer Praxis? „Kannst du es nicht schildern, dann sag es mit Bildern“, dieser Spruch ist leider nicht von mir, aber er sagt genau, worauf es ankommt. Beim Visualisieren geht es nicht um Kunst oder um den perfekten Strich, es geht darum, im Coaching oder der Therapie Inhalte festzuhalten. Alles, was wir immer nur bereden, schwirrt durch die Luft. Durch den Einsatz des Stiftes wird es festgehalten, besprechbar und somit veränderbar. Wenn wir nur über die Themen sprechen, bleiben wir in unseren emotionalen Blasen. Durch das Ausspeichern der Themen in Form von Bildern und Texten gehen wir mit beiden Gehirnhälften in Kontakt und über die visuelle Darstellung erfolgt eine neue Form der Resonanz. Aber das Bild allein schafft es nicht. Um den Resonanzprozess zu starten, bedarf es der Kombination.
Ich bin schon sehr lange im Bereich Coaching tätig und arbeite seit 2014 als Heilpraktikerin für Psychotherapie auch freiberuflich in eigener Praxis.
Die Visualisierungen, die entstehen, sind für meine Klienten Anker, Anker zum Mitnehmen als Erinnerung, und so werden sie ein Teil ihres individuellen Entwicklungsprozesses. Ich arbeite mit vorgefertigten Layouts, die ich im Laufe der Zeit entwickelt habe, nutze sehr gerne Post-its für Prozesse und natürlich auch die Ad-hoc-Darstellung auf dem Flipchart.
Visualisieren mit dem Stift gebe ich auch seit Jahren in diversen Kursen an unterschiedlichste Job-Gruppen weiter, denn die Unterstützung mit Visualisierung ist für mich in allen Kontexten sinnvoll und sehr flexibel.
Copyright für alle Bilder: MN-consultantsmer
Angela Maria Meyer
Heilpraktikerin für Psychotherapie, zertifizierte Mediatorin, NLP-Practitioner, Visual-Facilitator, Coach, Fachbuchautorin