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Wie unsere Ernährung unsere Psyche beeinflussen kann

Die Ernährung wirkt sich nicht nur auf die körperliche Gesundheit aus, sondern auch auf die psychische1). Zu den gesündesten Ernährungsweisen zählt die Mittelmeerkost. Ergänzend dazu können bei einer suboptimalen Versorgung Mikronährstoffsupplemente genutzt werden.

Bei der Entstehung und dem Fortbestehen von Depressionen spielen oft unterschwellige Entzündungen eine Rolle. Daher kann eine ergänzende antientzündliche, zuckerarme, ballaststoffreiche Ernährung hilfreich sein. Neueren Studien zufolge gilt sie als wichtige Säule bei der Behandlung der Erkrankung, vor allem weil sie das Darmmikrobiom positiv beeinflusst. Eine gestörte Darmflora sowie Entzündungen im Darm können über die sogenannte Darm-Hirn-Achse Auswirkungen auf das Gehirn und die Psyche haben.

Empfehlenswert ist zudem pflanzliches Eiweiß aus Nüssen, Kernen, Hülsenfrüchten und Pilzen. Gemüse, Obst und Kräuter versorgen den Körper mit entzündungshemmenden sekundären Pflanzenstoffen. Aber auch den besonders in fettem Seefisch (Lachs, Hering, Makrele), Leinöl und Walnussöl enthaltenen Omega-3-Fettsäuren werden antientzündliche Effekte zugeschrieben. Fast allen depressiven Patienten fehlt jedoch häufig der Antrieb und die Kraft, regelmäßig zu essen und sich ausgewogen zu ernähren, was zu einem Mangel an wichtigen Nährstoffen führen kann2).

Laut einer bevölkerungsbasierten prospektiven Kohortenstudie mit 3 993 Teilnehmern (immer m/w/d), die in der Schweiz durchgeführt wurde, zeigte sich ebenfalls eine Assoziation zwischen dem Vorliegen aktueller Angststörungen und einer schlechteren Ernährungsqualität. Die Erkrankung beeinflusst demnach die Einkaufs- und Kochgewohnheiten, was zu einer weniger gesunden Ernährungsweise beitragen kann. Die Betroffenen benötigen daher Unterstützung auf diesem Gebiet3).

Der 10. Oktober ist seit nahezu 30 Jahren der Welttag für seelische Gesundheit. Der von der World Federation for Mental Health initiierte Tag soll das Bewusstsein für seelische Gesundheit und Krankheit schärfen. Gemäß der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) wird in Deutschland jährlich bei ca. 28 % der Erwachsenen eine psychische Erkrankung diagnostiziert4).

Der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen war 2021 so hoch wie nie. Mit 276 Fehltagen je 100 Versicherten lag er um 41 % über dem von vor zehn Jahren, so der aktuelle Psychreport der DAK-Gesundheit mit einer Datenanalyse des unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstituts für Infrastruktur- und Gesundheitsfragen (IGES-Institut) von 2,4 Millionen DAK-versicherten Erwerbstätigen. Während der Pandemie hatten Frauen ab 55 Jahren die mit Abstand höchsten Steigerungsraten unter allen Beschäftigten: Bei den 55- bis 59-Jährigen kamen auf 100 Versicherte 511 Fehltage, 14 % mehr als vor Corona. Die wichtigste Krankschreibungsursache waren Depressionen, die stärksten Zunahmen verzeichneten Anpassungs- und Angststörungen5).

Es ist bekannt, dass psychische Erkrankungen die Abwehrkräfte reduzieren können. Frauen, die vor einer Infektion mit SARSCoV-2 unter Depressionen, Angstzuständen, Stress oder Einsamkeit litten oder sich vor einer Ansteckung fürchteten, erkrankten später öfter an LongCOVID, so eine prospektive Beobachtungsstudie in JAMA Psychiatry (2022; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2022.2640)36).

Mediterrane Ernährung

Die Mittelmeerkost ist nicht nur ausgesprochen schmackhaft, sondern gilt auch als entzündungshemmend.

Laut einer randomisierten, kontrollierten, Open-label-parallel-gruppen-Studie führte eine mediterrane Ernährung über einen Zeitraum von 12 Wochen bei 72 jungen Männern (18–25 Jahre) mit moderaten bis schweren Depressionen zu einer signifikanten Verringerung des Beck-Depression Inventory Scale-Version II (BDI-II)-Scores und zu einer Erhöhung des Lebensqualitäts-Scores. Diese Ergebnisse unterstreichen die fundamentale Rolle der Ernährung bei der Behandlung von Depressionen7). Denn eine gesunde Ernährungsweise ist von immenser Bedeutung für die Darmflora.

Es gibt eine eindeutige Korrelation zwischen einer Darmdysbiose und der Entwicklung von Ängsten und Depressionen. Das Darmmikrobiom kommuniziert mit dem Gehirn über neurale, metabolische und Immunwege, entweder direkt über den Vagusnerv oder indirekt via Stoffwechselprodukte aus dem Darm und Mikroben sowie Darmhormonen und endokrinen Peptiden (u. a. Oxytocin, Ghrelin, Cholecystokinin). Der Erhalt eines gesunden Darmmikrobioms für die Gesundheit des Gehirns, auch durch den Einsatz von Pro-, Prä- und Synbiotika und mittels Stuhltransplantation etc., gilt inzwischen als belegt. Auch kurzkettige Fettsäuren, Polyphenole, Vitamin B12 sowie Omega-3-Fettsäuren, die ebenfalls die Darm-Hirn-Achse beeinflussen, sollen bei Depressionen und Ängsten effektiv sein8).

Besonders ein Mangel an entzündungshemmenden Mikronährstoffen sollte vermieden werden.

Mehrfach ungesättigte Omega-3- Fettsäuren (PUFA) wirken u. a. antiphlogistisch.

Bei schweren depressiven Störungen (MDD) ist die Therapieresistenz-Rate hoch. Eine Multicenter-Studie aus Frankreich, Spanien und Deutschland mit 60 MDD-Patienten, die mit Standard-Antidepressiva behandelt wurden (Escitalopram n = 45, Sertralin n = 13 und Venlafaxin n = 2) ergab, dass sich mit den Ausgangs-PUFA-Werten ein späteres Ansprechen auf Standard-Antidepressiva prognostizieren lässt. Die Einnahme von PUFA stellt ein neues modifizierbares Werkzeug für die Therapie depressiver Patienten dar, bei denen eine konventionelle Therapie keine ausreichende Wirkung zeigte. Geringere Omega-3-PUFA-Konzentrationen waren ferner mit einer schlechteren Ausgangssymptomatik verbunden9).

Selen

Oxidativer Stress durch reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies (ROS und RNS) führt zu unterschiedlichen Erkrankungen, bei denen Entzündungen zugrunde liegen. Optimale Konzentrationen an Selenoproteinen können bei inflammatorischen Erkrankungen von Vorteil sein, besonders wenn eine hohe Peroxidase-Aktivität vorliegt. In den letzten Jahren haben einige Studien gezeigt, dass die Einnahme von Selen und die Plasma-Selenwerte invers mit Depressionen und Ängsten assoziiert sein können10).

Laut einer systematischen Übersichtsarbeit mit 20 Studien und einer Metaanalyse aus 15 Studien scheint Selen vor einer Wochenbettdepression zu schützen und kann als nützliches Adjuvans bei Depressionen dienen11).

Zwischen Darmflora und Selenstatus besteht eine symbiotische Beziehung. Selen ist wichtig für das Gleichgewicht der mikrobiellen Flora, was Gesundheitsschäden verhindert, die mit einer Dysbiose assoziiert sind. Selen kann die mikrobielle Kolonisierung des Darms beeinflussen, was sich wiederum günstig auf den Selenstatus und die Expression von Selenoproteinen auswirkt12).

Vitamin D

Ein Vitamin-D-Defizit wird mit einem erhöhten Risiko für Depressionen und Ängste assoziiert.

Besonders die antioxidativen, antientzündlichen, proneurogenen und neuromodulierenden Effekte von Vitamin D scheinen zu seinen antidepressiven und angstlösenden Eigenschaften beizutragen12). Proneurogen bedeutet, dass Vitamin D an der Bildung von Nervenwachstumsfaktoren beteiligt ist.

Eine aktuelle Metaanalyse aus 41 randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien mit insgesamt 53 235 Personen mit und ohne Depressionen, die Vitamin-D-Präparate (mindestens 2 000 IE/d) oder Placebos einnahmen, offenbarte einen positiven Effekt von Vitamin D auf depressive Symptome14).

Am wirksamsten schienen Vitamin-D-Supplemente zu sein, wenn sie bis zu 12 Wochen eingenommen wurden. Die Resultate deuten darauf hin, dass Vitamin D sowohl bei Patienten mit schweren depressiven Störungen als auch bei Personen mit milderen, klinisch signifikanten depressiven Symptomen einen günstigen Einfluss hat15).

Eine weitere aktuelle Metaanalyse aus 29 randomisierten, kontrollierten Studien mit 4 504 Teilnehmern weist darauf hin, dass Vitamin D vorteilhafte Effekte auf die Inzidenz und die Prognose von Depressionen hat. Personen mit oder ohne Depressionen mit niedrigen Vitamin-D-Werten (< 50 nmol/L), die mehr als 2 800 IE/d über mindestens acht Wochen zuführten, sowie alle Frauen profitierten am ehesten von einer Vitamin-D-Supplementierung16).

Neben diversen anderen Medikamenten können auch Antidepressiva zu einem Vitamin-D-Mangel führen17). Der Vitamin-D-Status könnte zudem wichtig für die Stressresilienz sein.

Norwegische und US-amerikanische Forscher untersuchten daher in einer Placebokontrollierten, randomisierten, klinischen Studie mit 68 stationären Forensik-Patienten die Wirkungen von Vitamin D (Prüfpräparat Vitamin D Pearls, Pharma Nord – 40 µg (Cholecalciferol) Vitamin D3 entsprechend 1.600 IE/d – während des Winters (7.1.2018 – 22.5.2018) auf biologische Marker der Stressresilienz, wie psychophysiologische Aktivität sowie die Serotonin- und Cortisollevel.

Vor und nach der Intervention wurden die Teilnehmer einer experimentellen Stressprozedur ausgesetzt. Beide Gruppen hatten übrigens vor der Intervention normale/ ausreichende Vitamin-D-Werte. Die psychophysiologischen Reaktionen auf die experimentelle Stressprozedur waren vor der Intervention in beiden Gruppen normal. Nach der Intervention zeigte die Verum-Gruppe erhöhte Vitamin-D-Spiegel und weiterhin normale psychophysiologische Reaktionen auf die experimentelle Stressprozedur. Dagegen offenbarte die Kontrollgruppe nach der Intervention (im Frühling) einen klassischen Tiefpunkt beim Vitamin-D-Status und zeigte keine normalen psychophysiologischen Reaktionen mehr, das heißt, physiologisch hielt die Stressreaktion in der Kontrollgruppe an. Die Cortisol- und Serotoninkonzentrationen änderten sich durch Vitamin D nicht18).

Fazit

Ergänzend zur Standardtherapie ist bei Patienten mit Depressionen und Angststörungen eine Ernährungs- bzw. Lebensstilberatung immens wichtig. Nach Mikronährstoffmängeln sollte ebenfalls gefahndet werden. Diese sollten durch hochwertige Präparate, die sich in Studien bewährt haben, ausgeglichen werden.

Literatur

Die Literaturhinweise 1–18 können bei Interesse bei der Autorin des Artikels angefordert werden.

Heike Lück-Knobloch
Heilpraktikerin, Medizinjournalistin

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