Alles über Logopädie, Teil 1
„Einblick in die große Welt der Sprechstörungen“
„Logopädie? Das ist doch das mit den Füßen, oder? Ach nein, das ist Podologie. Dann doch das mit den lispelnden Kindern!“ Diese Worte hat jeder Logopäde schon sehr häufig gehört und rollt innerlich jedes Mal mit den Augen, wenn das Praxistelefon klingelt und der Anrufer einen Termin für die Fußpflege haben möchte.
Für viele Menschen ist der Begriff „Logopädie“ eher eine neumodische Erscheinung, doch tatsächlich wurden die ersten deutschen „Sprachheilkundler“ schon 1886 in Potsdam geschult, damit sie in Berlin Kinder mit Sprachstörungen behandeln konnten. Der Begriff wurde nach 1913 vor allem durch Emil Fröschels geprägt, der den ersten internationalen logopädischen Kongress ins Leben rief und eine Ausbildung von Logopäden auf wissenschaftlicher Basis mit akademischer Abschlussprüfung forderte.
Und tatsächlich werden in der logopädischen Praxis nicht nur lispelnde Kinder behandelt, sondern Menschen jedes Alters mit den verschiedensten Problemen in den Bereichen Sprache, Sprechen, Stimme, Hören und Schlucken.
Spätestens nach den Schuluntersuchungen werden viele Eltern dann mit logopädischer Therapie konfrontiert, weil ihre Kinder nicht altersgemäß sprechen, Grammatik falsch einsetzen, der Wortschatz zu gering ist, ein Ungleichgewicht der Gesichts-, Mund- und Zungenmuskulatur aufzeigen oder auch ein falsches Schluckmuster nutzen. Bei Letzterem ist der Gang zum Kieferorthopäden meist sinnvoll, weil die Zunge beim Schlucken sehr oft gegen die Zähne drückt, was weiter zu Zahnfehlstellungen führen kann. Um eine Zahnspange zu vermeiden, kann das Kind – mithilfe des Logopäden – mit wenigen Hilfsmitteln und fleißigem Üben ein korrektes Schluckmuster erlernen und speichern.
Viel öfter sind es die sprachlichen und artikulatorischen Probleme, die Eltern noch vor Schulbeginn die logopädischen Praxen stürmen lassen.
Sprachstörungen können angeboren sein, das heißt z. B. durch Taubstummheit, Hirnschäden, Gehörlosigkeit oder bei Autismus. Aber auch die genetische Komponente darf hier nicht außer Acht gelassen werden, denn oftmals zeigt sich in der Anamnese, dass sprachliche Probleme gehäuft in der Familie vorkommen. Im Laufe der kindlichen Entwicklung werden die meisten Sprachstörungen erworben. Schon bei der Geburt können Komplikationen wie Sauerstoffmangel auftreten, die sich später dann sprachlich zeigen. Ebenso ist es möglich, dass Kinder allgemein in ihrer Entwicklung verzögert sind und sich der Sprechstart nach hinten verschiebt, da vorerst die Fein- und Grobmotorik ausgeprägt werden müssen oder andere Faktoren mit reinspielen.
Im Gegensatz dazu spricht man bei Problemen mit der motorischen Erzeugung von Lauten von einer Sprechstörung. Dazu gehören „Dyslalien“, also Störungen der Lautbildung, die man in phonetische Störungen und phonologische Störungen unterteilt. Liegt eine phonetische Störung vor, hat das Kind Probleme beim Artikulieren eines oder mehrerer Laute. Bei einer Störung im phonologischen Bereich werden ein oder mehrere Laute durch das Kind falsch verwendet, weil es diese falsch wahrnimmt und inkorrekt abgespeichert hat.
Unbehandelte Störungen, die oft auch mit fehlender Konzentration und Wahrnehmung zu tun haben, führen dann im Laufe der ersten Schuljahre zu Problemen des Schrifterwerbs und des Lesens. Man spricht hierbei von einer Legasthenie und diese ist durch einfaches häusliches Üben nicht zu beheben.
Auch Hörstörungen stehen im Fokus der Logopädie. Eine logopädische Behandlung von Kindern mit Hörstörungen hat das Ziel, die negativen Folgen für die Sprachentwicklung zu verringern oder zu verhindern. Zuvor werden die Kinder aber zumeist mit Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten versorgt.
Ebenso ein wichtiges Behandlungsfeld für Logopäden sind Redeflussstörungen, also Stottern oder Poltern. Hierbei sind es nicht nur die kleinen Patienten, sondern auch Erwachsene, die die Hilfe der Experten in Anspruch nehmen müssen.
Aber oftmals liegen schwerwiegendere Gründe vor, wenn ein Erwachsener sich in logopädische Therapie begeben muss. So z. B. nach einem Schlaganfall, schweren Operationen mit Folgeschäden, bei Tumoren oder nach Unfällen. Die Sprachstörung, auch Aphasie genannt, tritt also nach vollständigem Spracherwerb auf und das Problem liegt in der gedanklichen Erzeugung von Sprache. Werden Hirnnerven oder die motorischen Hirnareale geschädigt, zeigen sich die Probleme oftmals auch in der Sprechmotorik, der Phonation und der Sprechatmung. Bei diesen Sprechstörungen spricht man von Dysarthrien.
Immer häufiger trifft man in der Praxis Menschen an, die Probleme mit ihrer Stimme haben. Eine Stimmstörung, auch Dysphonie genannt, ist eine Störung des stimmlichen Teils der Artikulation und kann organischer Natur (z. B . durch Erkrankung des Kehlkopfs), nicht organischer Natur (z. B . durch falsche oder übermäßige Nutzung der Stimme) oder psychischer Natur sein (bei Stress oder Druck). Die Betroffenen leiden zumeist sehr unter den Veränderungen ihrer Stimme. Diese hört und fühlt sich dann ganz anders an, ist heiser, rau, belegt oder verhaucht. Im Hals spüren sie häufig ein Kloßgefühl oder ihnen bleibt im schlimmsten Fall die Stimme ganz weg.
Ein lebenswichtiges Behandlungsfeld des Logopäden ist die Therapie von Dysphagien, also Störungen des Schluckakts. Vor allem neurologische Defizite und psychische Probleme können hierbei ursächlich sein. Durch das ständige „Verschlucken“ von Nahrung, Flüssigkeit und Speichel kann es schnell zu einer Lungenentzündung kommen, die bei rund 20 % der Schlaganfallpatienten letztendlich zum Tode führt.
Diese Vielfalt an Patienten und Behandlungsfeldern macht es notwendig, dass Logopäden auch außerhalb der Praxen in Kliniken, Seniorenheimen, Kindereinrichtungen oder auch bei Hausbesuchen eingesetzt werden. Wie wichtig der Beruf des Logopäden ist, zeigen neueste Studien, wonach schon jedes dritte Kind im Vorschulalter Probleme beim Sprechen hat. Oftmals lädt man die Hauptschuld dafür auf den Schultern der Eltern ab, was jedoch unfair ist.
Die Sprachentwicklung ist ein hochkomplexer Prozess, in dem sehr viele Faktoren wirken und stimmen müssen, damit sich das Kind „normal“ entwickelt. Die wichtigsten Voraussetzungen sind ein stabiles soziales Umfeld, viel Kommunikation mit den Bezugspersonen, eine korrekt entwickelte Anatomie (z. B. ein intaktes Hörvermögen) und eine gute sensomotorische Integration durch das Zusammenspiel von Wahrnehmung, Fein- und Grobmotorik sowie den kognitiven Fähigkeiten des heranwachsenden Menschen. Negative Einflüsse auf die sprachliche Entwicklung, wie übermäßiger Schnullerkonsum, zu viel Genuss von Medien oder Babysprache sollten Eltern vermeiden, um ihren Kindern einen guten Start zu ermöglichen.
In der nächsten Ausgabe geht diese Serie speziell auf Logopädie für Kinder ein. Es gibt viele hilfreiche Tipps, wie Kindern logopädisch spielerisch sowohl in der Praxis als auch zu Hause seitens der Eltern (auch präventiv!) geholfen werden kann.
Steffi Richter
Staatlich geprüfte Logopädin mit Fachausbildungen in Craniosacraler Logopädie und Autismustherapie, Schwerpunkte: Kindersprache und Stimmtherapie
Unser CD-Tipp
Artikulationsprobleme verbessern oder vorab vermeiden: Lotta, die Logoraffe, nimmt Kinder spielerisch mit auf den Weg zu sicherem Sprechen. Lotta kommt zur richtigen Zeit, denn mittlerweile hat bereits jedes dritte deutsche Kind im Vorschulalter Sprachstörungen. Am häufigsten sind Artikulationsstörungen – Kinder können bestimmte Laute nicht richtig aussprechen, lassen diese komplett weg oder tauschen sie fehlerhaft aus. Wenn 4- bis 5-Jährige noch nicht ordentlich sprechen können, müssen die Ursachen rasch gefunden und eine logopädische Therapie schnellstmöglich eingeleitet werden.
Die Münchener Logopädin Steffi Richter interveniert mit einem speziellen Hörprogramm, das erste dieser Richtung auf dem Markt. Ihr logopädischer Mundsport hilft Kindern, klarer und deutlicher sprechen zu lernen. Steffi ist Lotta, die Logoraffe; sie trainiert mit ihren kindlichen Hörern in 22 Tracks unterhaltsam und gleichzeitig logopädisch lehrreich die optimale Aussprache, Intonation und Sicherheit beim Sprechen. Die Auswahl der Lippen- und Zungenübungen ist praxisbewährt und motiviert dazu, am Ball zu bleiben. So können vorhandene Artikulationsschwächen spielerisch aufgelöst bzw. vorbeugend eine klare Aussprache trainiert werden. Der staatlich geprüften Logopädin mit den Schwerpunkten Kindersprache und Stimmtherapie ist es gelungen, ein bezauberndes Hörbuch zu schaffen, das niedlich gesprochen und mit passenden, anregenden Musikelementen hinterlegt ist. Geeignet für alle Kinder, die Spaß am Lernen haben.
Richter, Steffi: Logopädischer Mundsport für Kinder. Lippen- und Zungen- übungen für eine klare Sprache – mit Lotta, der Logoraffe. ViaNaturale Verlag, 2018, ISBN 978-3-98179-785-5
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