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Mit Humor heikle Situationen meistern

2012-04-Humor4

fotolia©Do RaManchmal geraten wir – beruflich und privat – in Gesprächssituationen, in denen scheinbar nichts mehr geht. Dann ist Humor häufig ein probates Mittel, um die Spannung zu lösen und das Gespräch in neue Bahnen zu lenken. Unter folgender Voraussetzung: Wir schätzen die Situation richtig ein und wir haben gelernt, Humor gezielt einzusetzen.

„Lachen ist gesund.“ Diese Volksweisheit beherzigen nicht nur Eltern – wenn sie z. B. versuchen, ihre kranken Kinder mit einer heißen Suppe und einer lustigen Geschichte aufzuheitern. Dass dieser Sinnspruch einen wahren Kern enthält, das haben zahlreiche wissenschaftliche Studien bewiesen. So soll Lachen Schmerzen lindern, das Immunsystem stärken und Heilungsprozesse beschleunigen. Das haben auch viele Mediziner erkannt, weshalb Humor-Kurse für Ärzte und Krankenhaus-Clowns auf Kinderstationen keine Seltenheit mehr sind.

Doch Humor heilt nicht nur, er wirkt auch entkrampfend – z. B. in Gesprächen und Situationen, in denen alles festgefahren scheint. Wenn der Lebenspartner sich überfordert fühlt. Wenn ein Mitarbeiter oder Kollege in einem Stimmungstief steckt. Oder wenn in einer Beratungssituation ein Klient nur noch schwarzsieht. Denn Humor schafft eine emotionale Distanz zu Problemen und lässt sie in einem anderen, meist helleren Licht erscheinen. Er löst Erheiterung und somit die Zuversicht aus, die zum Bewältigen von Problemen meist nötig ist. Ein Scherz an der richtigen Stelle kann einen Konflikt entschärfen und neue Perspektiven eröffnen. Doch Vorsicht! Falsch eingesetzt wirkt Humor destruktiv. Steht z. B. die Beziehung zum Gegenüber auf wackeligen Füßen, wird ein gut gemeinter Scherz schnell als Schadenfreude interpretiert. Ähnlich ist es, wenn eine Person in dunklen Gedanken gefangen ist. Dann wird eine humorvoll gemeinte Aussage oft als Ausdruck mangelnder Empathie empfunden. Doch wenn die Voraussetzungen stimmen? Dann ist Humor als „Spannungslöser“ sehr wirkungsvoll. Deshalb seien hier einige Methoden vorgestellt, wie Sie mit ihm schwierige (Gesprächs-)Situationen meistern.

Methode 1: Das Welt- oder Selbstbild sanft karikieren
Eine Technik, die wir im Alltag, bei Freunden und Verwandten, oft intuitiv anwenden, ist das „Liebevoll-auf-die-Schippe- Nehmen“. Beispiel: Ein Ehemann jammert seit Tagen, er werde alt und sei immer weniger leistungsfähig. Seine Frau hört ihm zunächst geduldig zu, versucht ihn vom Gegenteil zu überzeugen und bemitleidet ihn – ohne Erfolg. Intuitiv greift sie deshalb irgendwann zur „Medizin Humor“, um sein Selbstmitleid zu stoppen. Als er erneut jammert, erwidert sie augenzwinkernd: „Ich habe mich schon für einen Kurs Pflege von älteren Angehörigen angemeldet, damit ich dich versorgen kann. Außerdem sollten wir einen Rollstuhl besorgen. Vielleicht wäre auch ein Termin bei der Krankenkasse gut, um deine Pflegestufe zu ermitteln.“

Hier steigt die Frau in das Welt- bzw. Selbstbild ihres Ehemanns ein und überzeichnet es sanft – sprich mit einem Augenzwinkern. Dadurch wird ihrem Mann klar, dass sein Selbstmitleid überzogen ist. Er wird wachgerüttelt und denkt über sein Verhalten nach.

Ein Beispiel aus dem Berufsalltag: Die Bürokauffrau Frau Müller vertraut ihrer Führungskraft an, sie leide darunter, dass sie so gutmütig sei und zu oft vorschnell „Ja“ sage. Und sie habe das Gefühl, ihre Kollegen nutzten dies aus. Immer würden zeitaufwändige Arbeiten bei ihr abgeladen. Hier könnte eine humorvolle Intervention ihres Chefs sein – vorausgesetzt die Beziehung stimmt: „Frau Müller, Ihre Kollegen freuen sich sicher darüber, dass Sie so hilfsbereit sind. Sie sind ja fast so selbstlos wie eine Heilige. Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass das Leben der Heiligen früher meist grausam endete. Es wäre doch schade, wenn Sie einen Burnout erlitten und … Deshalb empfehle ich Ihnen, …“ Eine solche Überzeichnung könnte ein Anstoß für eine Verhaltensänderung sein, sodass Frau Müller nicht stets „Ja, ich mach’s“ sagt.

Methode 2: Negatives umdeuten
Ist ein Glas halb leer oder halb voll? Wie wir eine Situation bewerten, hängt von uns ab. Wir können selbst bestimmen, ob wir sie eher aus einem negativen oder einen positiven Blickwinkel betrachten. Für fast jede negative Situation gilt: Wenn wir sie aus einer anderen Perspektive betrachten, erscheint sie in einem anderen Licht. Ähnlich wie ein Bild, das wir in einen neuen Rahmen stecken: Es wirkt meist anders. Dieses Umdeuten fällt uns in „Krisensituationen“ oft schwer. Denn dann stecken wir in einer Perspektive fest und schaffen es alleine nicht, die Situation neu zu deuten. Also brauchen wir einen Anstoß von außen.

Ein Beispiel dafür, wie hilfreich ein humorvolles Umdeuten sein kann: Frau Huber, 45, ist seit einem Jahr arbeitslos. Sie lässt sich beraten, weil sie gerne wieder als Sekretärin arbeiten möchte. Sie ist total frustriert. Denn sie wird zwar regelmäßig zu Bewerbungsgesprächen eingeladen, doch sie erhält nie eine Jobzusage. Die Atmosphäre in der Beratung wird immer düsterer und schwerer, je länger sie ihre erlittenen Kränkungen schildert. Und nebenbei klagt sie auch noch darüber, dass sie Single sei und gerne wieder einen Partner hätte. An diesem Punkt ergreift die Beraterin das Wort und fragt: „Führen Sie die meisten Vorstellungsgespräche mit Männern?“ Sie ist erstaunt über diese Frage, bejaht sie aber. Daraufhin schlägt die Beraterin der perplexen Frau vor: „Betrachten Sie die Bewerbungsgespräche doch als Blind Dates im Rahmen Ihrer Partnersuche. Nehmen Sie die Interviewer ebenso unter die Lupe, wie diese es mit Ihnen tun.“ Sie solle z. B. schauen: Trägt mein Gesprächspartner einen Ehering? Hält er beim Sprechen Blickkontakt? Ist er ein sportlicher Typ? Zum ersten Mal in der Beratung muss Frau Huber herzhaft lachen.

Dieses Umdeuten hat zumindest die Beratungssituation aufgelockert. Vielleicht hat es aber auch eine nachhaltigere Wirkung. Vielleicht denkt Frau Huber im nächsten Bewerbungsgespräch tatsächlich an das Stichwort „Partnersuche“ und geht lockerer und entspannter in das Gespräch. Dadurch verbessert sich ihre Ausstrahlung und ihre Chance auf eine Jobzusage steigt.

Methode 3: Das Problem verschlimmern
Ein weiteres Mittel, um beim Gegenüber festgefahrene Sichtweisen zu lockern, sind paradoxe Fragen und Aussagen. Also statt: „Wie lösen wir das Problem?“ „Wie verstärken wir das Problem?“ Eine solche Intervention löst beim Gegenüber oft eine problemlösende Gegenreaktion aus. Eine Erfahrung, die auch Eltern oft sammeln: Wer Kinder bittet, mit dem Schreien aufzuhören, wird wahrscheinlich wenig erfolgreich sein. Wer hingegen Kinder auffordert, noch lauter zu schreien, merkt in der Regel bald: Das Schreien verebbt.

Überraschen Sie also in heiklen Situationen Ihr Gegenüber zuweilen mit scheinbar paradoxen Fragen oder Aufforderungen. Fragen Sie: „Wie schaffen Sie es, noch schlechter zu schlafen?“, „Was müsstest du tun, damit du endlich einen Burnout erleidest?“ Oder: „Wie erreichen Sie es todsicher, dass Ihr Chef Sie entlässt?“

Methode 4: Dem „Gummibaum“ lauschen
Hilfreich für einen Perspektivwechsel sind auch Dissoziationen. Das heißt, sich quasi von außen zu betrachten und sich zu fragen: „Wie sehen mich andere?“ Dadurch wird ein schärferes Bewusstsein für die eigenen Verhaltensweisen erreicht. Dies bringt wiederum neue Sichtweisen hervor und setzt Reflexionsprozesse in Gang. Das ist wichtig, um festgefügte Denkund Verhaltensstrukturen aufzubrechen. Typische Fragen dazu wären: „Was glauben Sie, was Ihr Kollege x denkt, wenn er Sie so aufgebracht sieht?“, „Was würde Ihr Chef zu diesem Problem sagen?“. Oder: „Was würde Ihnen Ihre Mutter in dieser Situation raten?“

Zu dieser eher ernsten Betrachtungsweise gibt es humorvolle Alternativen. „Was würde mir der Gummibaum in Ihrem Wohnzimmer über die Kommunikation in Ihrer Familie erzählen?“ Oder: „Wie würde Ihre Katze Sie beschreiben?“

Humor nur sehr selektiv und gezielt einsetzen

Alle vorgenannten Methoden, um einer Person mit Humor eine neue Sichtweise eines Problems oder einer Situation zu eröffnen, haben eins gemein: Es ist enorm wichtig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann sie genutzt werden können und wann nicht. Zudem sollte man selbst ausgeglichen und relaxt sein. Sonst bekommen humorvoll gemeinte Aussagen schnell einen sarkastischem und somit verletzenden Unterton.

Humor in heiklen (Gesprächs-)Situationen als Instrument zum Lösen von Spannungen und Eröffnen neuer Perspektiven zu nutzen, ist eine Gratwanderung. Prüfen Sie deshalb, bevor Sie sich für den Einsatz dieses Instruments entscheiden, stets: Wie tragfähig ist unsere Beziehung? In welcher mentalen Verfassung ist mein Gegenüber? Und: Was verrät mir seine Körpersprache? Ist er innerlich kurz vorm „Platzen“? Dann sollten Sie auf Humor verzichten. Das Gleiche gilt, wenn Sie spüren, es kostet Ihr Gegenüber viel Überwindung, sich Ihnen zu öffnen. Oder wenn Sie selbst unsicher sind, ob Humor in der Situation ein geeigneter Problem- bzw. Spannungslöser ist.

Dann sollten Sie auf seinen Einsatz verzichten. Denn Humor ist kein einfach zu handhabendes Interventionsinstrument. Aber manchmal – und mit der erforderlichen Übung – ein sehr wirkungsvolles.

Sabine Prohaska

 

Sabine Prohaska
seminar consult prohaska, Wien Ausbildung von Trainern und Coaches
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