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Es geht um Ihr Geld!

2007-04-geldDas Thema Steuern löst bei vielen einen natürlichen Fluchtreflex aus. Auch Sie sollten grundsätzlich versuchen, möglichst weiten Abstand von den Steuern zu bekommen. Es geht ja regelmäßig um Ihr Geld, das Ihnen genommen wird. Für Angehörige der Heilberufe gilt dies ganz besonders bei der Umsatzsteuer. Versuchen Sie, so weit es geht, umsatzsteuerfreie Leistungen zu erbringen. So müssen Sie keine Umsatzsteuer vereinnahmen und damit auch nicht abführen.

Selbstverständlich können Sie dann im Gegenzug auch keine Vorsteuer aus Betriebsausgaben beim Finanzamt geltend machen. Bei Dienstleistungsbetrieben wie den Heilberufen ist dies nicht allzu schlimm. Es fallen in der Regel keine massiven Investitionen (z.B. in Gebäude oder Maschinen oder Ähnliches) an. Die Vorsteuer auf Ausgaben, die Sie zurückbekommen würden, ist wesentlich geringer als die Umsatzsteuer, die an das Finanzamt abzuführen wäre.

Sie "sparen" sich die Umsatzsteuer. Dies führt auch zu einer Vereinfachung der Buchhaltung, wenn Sie ausschließlich Leistungen erbringen, die nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Eindeutig ist in diesem Zusammenhang die Befreiung für Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Hebammen und Physiotherapeuten. Die Problematik steckt darin, dass das Gesetz "ähnliche heilberuflichen Tätigkeiten" ebenfalls von der Umsatzsteuerpflicht befreit, ohne diese genauer zu definieren.

Wie so oft übernimmt die Rechtsprechung die Konkretisierung von ungenauen Normen. Mittlerweile hat sich herauskristallisiert, dass Sie grundsätzlich steuerbefreit sind, wenn Ihr Heilberuf einem der oben aufgeführten "Katalogberufe" gleichgestellt ist. Gleichgestellt heißt, dass

. die ausgeübte Tätigkeit
. die Ausbildung und
. die berufsrechtlichen Regelungen über Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung

vergleichbar mit denen der aufgeführten Katalogberufe sind. Oder kürzer: Ein Heilberuf ist dann umsatzsteuerbefreit, wenn er explizit in § 4 Nr. 14 UStG aufgeführt ist oder Berufsregelungen hat, die ihm eine Ähnlichkeit mit den Katalogberufen verschaffen.

Beispiel: Zugelassene Heilpraktiker für Psychotherapie sind umsatzsteuerbefreit, während Wellnesstrainer und Managementberater umsatzsteuerpflichtig sind.

Auf der Internetseite haben wir Ihnen eine Liste mit "ähnlichen Heilberufen" zusammengestellt, die bisher vom Gesetzgeber bzw. durch die Rechtsprechung eindeutig definiert wurden. Ebenso finden Sie hier eine Zusammenstellung von Berufen, denen diese Ähnlichkeit abgesprochen wurde. Geben Sie auf der linken Seite der Web-Seite den Webcode 1610 ein. Sie gelangen direkt zum Dokument. Unter Webcode 1237 finden Sie einen Erlass, nach dem die Finanzverwaltung beurteilt, ob ein Beruf befreit wird oder nicht.

In der Praxis werden Sie häufig sowohl umsatzsteuerfreie als auch umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen.

Typische nicht steuerbefreite Leistungen sind der Verkauf von jeglichen Waren, z.B. Nahrungsergänzungsmittel oder Wellnessprodukte, sowie Tätigkeiten, die nicht der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen (Wellnessmassagen etc.). Honorare für Vortrags- und Lehrtätigkeiten haben eine Sonderstellung: Hier kommt es nicht darauf an, was Sie vortragen, sondern wo: Ein und derselbe Vortrag ist umsatzsteuerbefreit, wenn Sie ihn in privaten Schulen oder allgemein- und berufsbildenden Einrichtungen (§ 4 Nr. 21 UStG) halten. Diese Einrichtungen brauchen eine spezielle Bescheinigung, die der jeweilige Regierungspräsident ausstellt. Hat die Einrichtung diese Bescheinigung nicht, müssen Sie Umsatzsteuer erheben.

Es muss jede einzelne Leistung daraufhin überprüft werden, in welche Kategorie sie fällt. Die Vorsteuer, die auf den Betriebsausgaben lastet, kann nur anteilig der Umsatzsteuer gegengerechnet werden. Über die sogenannte Vorsteueraufteilung muss dies bei jeder Umsatzsteuervoranmeldung erfolgen. Hierzu sollten zunächst die direkt zuordenbaren Betriebsausgaben den umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zugeordnet werden. Ist dies eindeutig möglich, kann die komplette Vorsteuer aus diesen Betriebsausgaben gezogen werden. Meist ist die direkte Zuordnung unmöglich. Dann wird in der Regel die gesamte Vorsteuer im Verhältnis zu den umsatzsteuerpflichtigen und umsatzsteuerfreien Leistungen als abzugsfähige und nichtabzugsfähige Vorsteuer aufgeteilt.

Ausweg: Kleinunternehmerregelung
Es gibt noch einen Ausweg, nicht in die Umsatzsteuerpflicht zu kommen: Wenn die Erlöse aus Tätigkeiten, die grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind, in der Summe brutto 17.500 € Umsatz pro Jahr nicht überschreiten, können Sie sich als "Kleinunternehmer" behandeln lassen. Das heißt, der Fiskus denkt sich "der Aufwand für Erhebung und Verrechnung der Umsatzsteuer ist viel zu groß" und befreit Sie von der Umsatzsteuerpflicht. Wird diese Grenze überschritten, sind Sie im nächsten Jahr umsatzsteuerpflichtig. Ist im nächsten Jahr diese Umsatzsteuergrenze wieder unterschritten, so bleiben Sie im übernächsten Jahr als Kleinunternehmer wieder umsatzsteuerfrei.

Dabei sind drei ganz wichtige Punkte zu beachten:

  • Diese Grenzen gelten ausschließlich für die eigentlich umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen. Machen Sie nicht den Fehler, Ihre gesamten Einnahmen anzusetzen. Was Sie aus Ihrer heilberuflichen Tätigkeit einnehmen, ist für die Umsatzsteuer vollkommen egal. Es geht nur um die "Zusatzeinnahmen" aus Warenverkauf u. Ä.
  • Sie dürfen nicht aktiv zur Umsatzsteuer optieren, also freiwillig angeben, dass Sie gerne Umsatzsteuer zahlen möchten. Wie anfangs erläutert, macht diese Option nur dann Sinn, wenn in einem wachstumsorientierten Unternehmen hohe Startinvestitionen geringen Einnahmen gegenüberstehen. Das ist bei Heilpraktikern regelmäßig nicht der Fall. Sollten Sie dennoch freiwillig umsatzsteuerpflichtig sein, sind Sie an diese Entscheidung 5 Jahre lang gebunden.
  • Stellen Sie niemals Rechnungen an Ihre Kunden bzw. Patienten mit ausgewiesener Umsatzsteuer, wenn Sie nicht tatsächlich umsatzsteuerpflichtig sind! Diese ausgewiesene Umsatzsteuer müssen Sie als so genannter "unberechtigter Unternehmer" nach § 14 c Abs. 2 UStG an das Finanzamt abführen. Die anteilige Vorsteuer bei den Betriebsausgaben dürfen Sie aber nicht gegenrechnen.

Im Jahr der Existenzgründung gilt die 17.500-€-Grenze zeitanteilig. Wenn Sie z.B. am 1.10.2007 Ihre Tätigkeit begonnen haben, dürfen Sie maximal ein Viertel, also 4.375 € Bruttoumsatz aus umsatzsteuerpflichtigen Leistungen erzielen, um nicht schon im Jahr der Existenzgründung umsatzsteuerpflichtig zu werden.

Generell unproblematisch ist die Umsatzsteuerpflicht, wenn Sie Ihre Rechnungen nicht an Verbraucher, sondern an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer stellen können. Das könnte z. B. dann der Fall sein, wenn Sie sich auf Firmen- und Management- Coachings spezialisiert haben. Unternehmen ist es grundsätzlich egal, ob Sie eine Rechnung mit 100 € brutto für netto als Kleinunternehmer oder eine Rechnung mit 100 € plus 19 % Umsatzsteuer gleich 119 € stellen. Der Empfänger der Leistung hat in beiden Fällen nur 100 € aufzubringen.

Die 19 € Umsatzsteuer werden als Vorsteuer beim Finanzamt sofort wieder geltend gemacht. Wenn Sie also in der glücklichen Lage sind, ausschließlich oder nahezu ausschließlich an Unternehmen zu fakturieren, rate ich Ihnen sogar, von Anfang an nicht die Kleinunternehmerregelung zu wählen. Behandeln Sie alle umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeiten auch als solche. Sie bekommen von Ihren Kunden/Klienten 19 % mehr Einnahmen. Diese müssen Sie zwar ans Finanzamt abführen, aber im Gegenzug bekommen Sie Ihre (anteiligen) Vorsteuern zurück. Diese Steuererstattung ist zwar einkommenssteuerpflichtig, aber zwischen 55 % und 100% des Betrags, je nach individuellem Einkommensteuersatz, verbleibt in Ihrer Kasse.



Steuerberater Dr. Norbert Stölzel
Gotenstr. 4, 86343 Königsbrunn
Telefon 0 82 31/ 96 55 55
www.der-online-steuerberater.de


Dr. Norbert Stölzel versteht sich als "Steuerberater der kleinen Leute". Er hat sich auf die Einkommens- und Unternehmenssteuern von kleinen Unternehmen und Freiberuflern aus ganz Deutschland spezialisiert.