Burnout oder doch versteckte Depression?
Die Ärzte Zeitung veröffentlichte am 19.09.2019 ein Interview mit Professor Ulrich Hegerl, dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Anlass ist die dramatische Zunahme von AU-Tagen wegen Burnouts. Nach Meinung von Prof. Hegerl bedeutet eine solche Zunahme jedoch nicht unbedingt, dass mehr Menschen erkranken, sondern erst einmal nur, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung sind nicht mehr so stigmatisiert würden und eher Hilfe suchen: „Mehr Menschen holen und bekommen Hilfe wegen psychischer Erkrankungen und dies dürfte die Haupterklärung dafür sein, dass im gleichen Zeitraum die Suizidzahlen von jährlich 18.000 auf unter 10.000 gesunken sind. Davon abgesehen halte ich den Begriff Burnout für problematisch…
Es gibt keine international akzeptierte Diagnose Burnout und auch keine klaren Diagnosekriterien. Von Burnout wird meist bei einem Zustand großer Erschöpfung, verbunden mit innerer Unruhe, Schlafstörungen, dem Gefühl der Überforderung und auch einer gefühlsmäßigen Überlastung gesprochen. Das sind allerdings Krankheitszeichen, die alle regelmäßig auch bei depressiven Erkrankungen auftreten. Deshalb ist der Begriff Burnout irreführend. Für mich stellt er eher eine modisch gewordene Ausweichdiagnose dar. Erschöpfungsgefühle, Überarbeitung oder die schwere Erkrankung Depression werden alle in einen Topf gesteckt. Meist wird dahinter eine Depression versteckt. Der einzige Vorteil ist, dass Burnout weniger schlimm und eher nach Leistungsträger klingt als die Diagnose Depression und unter diesem Label mehr depressiv Erkrankte sich trauen, sich Hilfe zu holen.“ Nach Ansicht von Prof. Hegerl liegen bei vielen Menschen, die wegen Burnout eine Auszeit nehmen, doch die Symptome einer depressiven Erkrankung vor. „Dazu zählen tiefsitzende Freudlosigkeit und Erschöpfung, gedrückte Stimmung, Schuldgefühle, Schlafstörungen, Appetitstörungen, Hoffnungslosigkeit und Suizidalität. Man sollte dann von Depression sprechen und nicht den schwammigen Begriff Burnout verwenden. Diese Menschen fühlen sich in diesem Zustand immer erschöpft und völlig überfordert, ohne dass deswegen die Arbeit die Ursache der Erkrankung ist.
Liegt dagegen lediglich eine Erschöpfung bei chronischer Überlastung vor, dann hilft in der Regel ein Urlaub und kürzer zu treten. Versteckt sich aber wie oft eine nicht erkannte Depression hinter der Bezeichnung Burnout, kann das sogar gefährlich werden. Beispielsweise ist bei einer Depression langer Schlaf eher depressionsfördernd und Schlafentzug ein etabliertes Behandlungsverfahren. Auch ist dringend davon abzuraten, mit einer depressiven Erkrankung in den Urlaub zu fahren. Denn die Depression reist mit, und die Erkrankung wird in der fremden Umgebung als noch unerträglicher erlebt.“ Das komplette Interview lesen Sie hier: