Skip to main content

Wendepunkt Rente – vom Ruhestand zur erfülltesten Lebensphase

Lange ersehnt und doch gefürchtet, so verhält es sich doch bei vielen Menschen, wenn sie an den Ruhestand denken und der dann schließlich auch Alltag wird. Es ist ein neuer, ungewohnter Lebensabschnitt, der uns genauso fordert: Themen wie Rollenveränderung, mentale Stärke, Gesundheitsfürsorge und ein Perspektivenwechsel in Bezug auf das eigene Leben sind nur einige Aspekte, die mit dem Eintritt in die Rente nicht verdrängt, sondern bewusst zugelassen werden sollten. Sodass ein Grundstein noch im aktiven Arbeitsleben gelegt und der Ruhestand zur erfülltesten Lebensphase werden kann.

Prävention als oberstes Gebot

Häufig wird das Thema Rente – solange es geht – beiseitegeschoben, wenngleich unser erschöpfter Körper und der überlastete Geist nach einer ruhigeren Lebensphase ächzen. Dabei ist es äußerst wichtig, ein Gedankenexperiment zuzulassen und durchaus einen Blick Richtung Ruhestand zu wagen. Klar, es soll nicht so ablaufen, wie häufig praktiziert:
„Das würde ich gerne tun! Mache ich dann in der Rente!“

Es ist eine Eigenart der letzten Jahrzehnte, viele Dinge, die uns guttun würden, schlichtweg in die Zukunft zu verschieben. Wir nehmen uns damit jedoch die Besonderheit des Moments und verwehren uns ein Stück weit, jetzt glücklich zu sein. Keiner weiß, was in der Rentenzeit geschieht, vielleicht habe ich dann andere Interessen und Aufgaben.

Dasselbe gilt für den eigenen Lebensstil: Ändere ich diesen nicht bewusst in kleinen Schritten bereits als berufstätiger Mensch, so kann ich nicht erwarten, dass sich mit dem Eintritt in den Ruhestand alles zum Guten wendet. Das Stressmuster bleibt bestehen, wird sich vielleicht nur in einer anderen Form auch in der Rente zeigen. Man mag es meist nicht gerne hören, aber fließende Übergänge sind für Körper, Geist und Seele bekömmlicher als eine Vollbremsung.

Bestandsaufnahme

Wenn wir schon von Prävention und Vorbereitung sprechen, dann darf auch eine Bestandsaufnahme des aktuellen Lebens nicht fehlen. Falls dies nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand geschieht, sollte es zumindest in der ersten Zeit nicht versäumt werden. Die Rente ist nicht umsonst ein Wendepunkt.

Ab dem sechsten Lebensjahr werden wir angehalten, Leistung zu erbringen, in eine vorgegebene Struktur und einen fremdbestimmten Tagesablauf gepresst, und leben dieses Muster bis zum Eintritt in den Ruhestand.

Plötzlich kann man für sich entscheiden, wie der Tag abläuft, was man mit seinem Leben anfangen und welche Ziele man sich setzen möchte. Es gibt scheinbar kaum Einschränkungen. Körper, Geist und Seele müssen das erst einmal verstehen und erkennen, was gerade überhaupt Sinn macht. Eine so große Veränderung wie der Eintritt in den Ruhestand sollte auf keinen Fall verschlafen, sondern ganz achtsam angenommen und mithilfe der Bestandsaufnahme sehr wohl mit Sinn erfüllt werden.

Diese Fragen könnten dazu hilfreich sein.

  • Was macht mich glücklich?
  • Wer bin ich eigentlich (Stärken, Schwächen, Vorlieben)?
  • Welche Ziele möchte ich mir setzen?
  • Wie steht es gerade um meine Beziehung/Ehe/Familie?
  • Wie geht es mir gerade körperlich, seelisch und geistig?
  • Gibt es Dinge, die mich momentan sehr belasten?
  • In welchen Bereichen könnte ich Gutes tun?
  • Gibt es lang gehegte Wünsche oder anstehende Projekte (Urlaube, Umbauten …)?

Ein Blick in den eigenen Rucksack

Wenn man schon eine Bestandsaufnahme durchführt, so bietet sich gleichzeitig ein Blick in den eigenen Rucksack an, den wir alle mit uns herumtragen. Häufig wird dieser im Laufe des Arbeitslebens nicht leichter, bietet sich doch kaum Zeit für eine bewusste Auseinandersetzung mit seinem Inhalt.

Was kann sich aber im eigenen Rucksack so alles verbergen: ungeweinte Tränen, Traumata, seelische Verletzungen, Gefühle der Ohnmacht/des Alleinseins, Prägungen, Ungesagtes und Warnsignale unseres Körpers. Zu vieles wurde einfach hinuntergedrückt und verdrängt. Zu schmerzhaft wäre es, in den Tiefen des Rucksacks zu kramen. Doch ist das wirklich so? Braucht es nicht manchmal Mut, dorthin zu schauen, was unser Unterbewusstsein belastet?

Es ist auch keine Schande, sich zur Bewältigung mancher Aspekte professionelle Hilfe zu holen. Das muss nicht immer ein Arzt sein – viele unterschiedliche Gesundheitsberufe können zielgerichtet zur Seite stehen und Sie auf Ihrem Weg positiv begleiten.

Veränderung als Teil des Lebens

Veränderungen aller Art machen Angst, da wir nicht wissen, was uns erwartet und wie wir damit zurechtkommen werden. Der Ruhestand und das gleichzeitig ablaufende Älterwerden bilden dabei keine Ausnahme. Meist ist den Menschen in Zusammenhang mit dem Ruhestand überhaupt nicht bewusst, dass sich Körper, Geist und Seele auch verändern.

Manche Dinge lassen sich möglicherweise nicht mehr so einfach umsetzen wie früher. In Anbetracht des „Schneller-Besser-Weiter“, das wir aus unserer Arbeitszeit kennen, dürfen wir uns bewusst machen, dass das „wahre“ Leben aber nicht so abläuft und weder unser Körper noch unsere Seele dabei dauerhaft Schritt halten können. Spätestens im Rentenstand müssen wir den natürlichen Veränderungen ausreichend Raum und Beachtung schenken. Hormonsystem, Muskel- und Knochenbau, aber auch der Zustand unserer Organe verändern sich – ein natürlicher Alterungsprozess tritt ein, der aber nicht hilflos angenommen werden muss.

Wechsel des Rollenbildes

Auch unsere Rollen, die wir im Laufe des Lebens einnehmen und die sich immer wieder verändern, sind bereits vor dem Renteneintritt zu berücksichtigen. Es ist ganz klar, dass eine der Hauptrollen unseres Lebens, die uns jahrzehntelang begleitet hat, zu Ende geht – die Rolle des berufstätigen Menschen. Alleine dieser Umstand kann schon sehr viel Widerstands- und Angstpotenzial in uns wachrufen. Gefühle von Nutz- und Sinnlosigkeit sind eng mit Prägungen aus der Kindheit und Jugend verbunden, nur dann wertvoll zu sein, wenn man Leistung erbringt und sich abmüht.

Die Rente muss also keineswegs bedeuten, dass man untätig im Lehnstuhl sitzt. Auch die Familie kann uns dabei unterstützen, für sich im geeigneten Tempo die Veränderung des Rollenbewusstseins zuzulassen. Vielleicht gelingt es nun leichter, einfach einmal nur Vater, Mutter, Oma, Opa oder Ehe- bzw. Lebenspartner (immer m/w/d) zu sein. Wenn wir Mitglied in einem bestimmten Verein oder ehrenamtlicher Helfer bei einer Organisation sind, kann es auch sein, dass diese Rolle mehr Gewicht erhält. Wir sind also nicht verpflichtet, uns die Rolle Rentner oder Senior überstülpen zu lassen. Mit Sicherheit wird aber unser Geist aufleben, wenn wir aus den alten, verkrusteten Rollenbildern ausbrechen und auf diese Weise eine innere Freiheit erwachsen lassen.

Lebensabend war gestern

Worte wie „Ruhestand“ oder „Lebensabend“ zeigen, welches Bild die Menschen noch vor wenigen Jahrzehnten vom letzten Lebensabschnitt nach getaner Arbeit hatten. Ruhig und beschaulich soll es sein. Dass sich dies insbesondere durch die Erhöhung der Lebenserwartung und die Zunahme von Angeboten für Senioren komplett gewandelt hat, verwundert wenig.

Im Schnitt verbringen die Menschen eine deutlich längere Zeit in Rente als früher und können diese Zeit daher auch gezielter nutzen. Das tun auch viele und „stopfen“ dann in ihren Ruhestand alles, wofür früher keine Zeit war. Das stellt aber wieder das genaue Gegenteil von dem dar, worum es wirklich geht.

Möglicherweise ist eine bunte Mischung sinnvoll: die Rente zum einen für Aktivitäten zu nutzen, die zuvor zeitlich nicht möglich waren, jedoch im eigenen Rhythmus ohne Stress und Druck, zum anderen sie zur erfüllten Lebensphase zu machen, in der es in Ordnung ist, alles ruhiger anzugehen und sich und dem Körper Gutes zu tun. Der Ruhestand heute darf also sehr wohl das Leben verkünden und sich und der Gesellschaft aufzeigen, dass es noch viel zu entdecken gibt, aber gleichzeitig Selbstfürsorge angesagt ist.

Selbstbestimmung leben

Die angesprochene Selbstfürsorge hängt durchaus auch mit Selbstbestimmung zusammen. Natürlich war dies im Kontext der jahrzehntelangen Arbeit, im Rahmen des Familienlebens und im Sinne der sonstigen Verpflichtungen nur sehr eingeschränkt möglich. Dabei ist diese Fähigkeit so wichtig, gibt sie uns doch auch eine gewisse Verantwortung für unser Leben zurück. Auch hier bieten die Rentenzeit und die Vorbereitung darauf ideale Möglichkeiten, um Selbstbestimmung nicht nur zuzulassen, sondern auch aktiv zu leben: Die Kinder sind schließlich aus dem Haus, Kredite abbezahlt und das Arbeitsleben neigt sich dem Ende zu bzw. ist vorbei. Was hindert uns also daran, selbstbestimmt zu leben?

Oft wird diese wertvolle Fähigkeit mit Beginn des Ruhestands von vielen anderen Dingen wie Ängsten, Unruhe oder Umgang mit auftretenden Beschwerden überlagert, da natürlich jetzt die Zeit besteht, sich diesen Signalen von Körper, Geist und Seele zu widmen. Meist werden wir im Laufe unseres Lebens zu Spezialisten, wenn es darum geht, die eigenen Bedürfnisse zum Wohl anderer oder um des lieben Friedens willen zu unterdrücken. Natürlich werden auch in einer Partnerschaft oder Familie immer wieder Kompromisse geschlossen, anders wäre das Zusammenleben nicht möglich.

Doch jetzt, in der Rente, wird es auch möglich, gesunden „Egoismus“ zu entwickeln, auch mal Nein zu sagen und den Alltag selbst zu gestalten. Es mag anfangs ungewohnt sein, fühlt sich nach einer Weile aber befreiend an.

Gesundheitsfürsorge

Meist zwingt uns die Rente, aufgrund früherer Missachtung unserer Beschwerden, genauer auf unsere „Baustellen“ zu schauen. Häufig sind diese auch Ursache dafür, warum Menschen bereits vor dem gesetzlichen Rentenantrittsalter, das Arbeitsleben verlassen müssen. Demnach ist Gesundheitsfürsorge nicht nur in der Zeit vor dem Ruhestand ein ernst zu nehmendes Thema, sondern sollte auch spätestens in diesem neuen Abschnitt gelebt werden.

Leider versäumen es Gesellschaft und Wirtschaft, Menschen ab 50 zum Zeitpunkt des Wechsels auch von außen auf ein ruhigeres Leben vorzubereiten. Gesundheitsfürsorge und auch die dafür notwendige Eigenverantwortung müssen mehr in den Mittelpunkt des menschlichen Bewusstseins rücken. Das Ziel und die Hauptbeschäftigung des Ruhestands sollte keineswegs sein, wie ein Feuerlöscher alle plötzlich auftretenden „Herdbrände“ zu stillen.

Wir müssen daher frühzeitig lernen, uns gesund zu ernähren, Entspannung in den Alltag einzubauen, Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen und uns mit ausreichend Vitaminen, Nährstoffen und Spurenelementen zu versorgen. Dann ist es nicht mehr so leicht möglich, dass wir mit zunehmendem Alter mit Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Arteriosklerose, Übergewicht, Rheuma oder Gicht kämpfen müssen. Machen Sie also Ihre Gesundheit zur Chefsache!

Mentale Stärke entwickeln

Körper, Geist und Seele bilden eine untrennbare Einheit – das wissen wir inzwischen. Dennoch wird häufig bloß auf einer Ebene gearbeitet, wenn Beschwerden auftreten. Diese haben ihre Ursache jedoch häufig ganz wo anders. Die heutige Medizin geht darauf leider nur sehr selten ein und die Menschen sind daher auch „gewöhnt“, dass die Beschwerden mit der nötigen Pille rasch verschwinden werden. Dabei handelt es sich meist um nichts anderes, als die Gegenstände im erwähnten Rucksack einfach weiter nach unten zu drücken nach dem Motto „Da geht noch was!“ Irgendwann gibt es keinen Spielraum mehr und eine Ebene streikt. Woher sonst kommen Krankheitsbilder wie Depressionen oder Burnout?

Nicht wenige Menschen schlittern mit Beginn des Ruhestandes in ein Loch, weil sie mit den Veränderungen nicht umgehen können und nie gelernt haben, mit sich und dem Partner alleine zu sein. Es war auch nie durchgehend nötig. Plötzlich gibt es nichts mehr, was mich täglich fordert oder an meine Grenzen bringt. Daher ist es umso wichtiger, bereits vor der Rente mentale Stärke zu entwickeln. Mentaltraining ist genauso ein Werkzeug zur ganzheitlichen Gesundheit wie Sport, Ernährung, Fitnesstraining oder Gymnastik. Unser Geist muss genauso geschult werden wie alles andere und wird dann resistenter gegen Belastungen. Dafür ist es nie zu spät, egal wie alt man ist! Trainieren Sie also Ihren Geist genauso wie den Körper, dann wird dieser zum Felsen im Ozean Ihres Lebens!

Fazit

Rente muss heute nicht mehr mit Begriffen wie „Lebensabend“ assoziiert werden und kann durchaus zur erfülltesten Lebensphase werden, wenn wir diesen Neubeginn nutzen, unseren bisherigen Lebensstil und festgefrorene Verhaltensmuster zu überdenken, Selbstbestimmung zu leben, und Körper, Geist und Seele die nötige Beachtung schenken, die sie sich verdienen.

Es geht nun nicht mehr darum die Leistung oder den Stresspegel weiterhin hochzuhalten, sondern sich verdient mit seinem Leben auseinanderzusetzen und Frieden mit alten Verletzungen zu schließen. Auch der Ruhestand ist ein Prozess, der nicht mit dem ersten Tag, sondern bereits einige Zeit vorher beginnen kann und auf diese Weise einen sinnerfüllten neuen Lebensabschnitt bescheren kann.

 


Philipp Feichtinger
Heilpraktiker, Naturheil- und Hypnosetherapeut, Organetiker, AMQ-Mentalcoach, Autor. Naturheilpraxis in Riedau/Österreich

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Philipp Feichtinger:
Entspannung für Senioren.
Wirksame Methoden zur Steigerung
Ihres Wohlbefindens.
CD, healthstyle, Gesundheit als Lifestyle

 

 

Fotos: ©Kzrnon, ©contrastwerkstatt, ©jd-photodesign