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Heilpraktiker für Psychotherapie und Lebensberater: Chancen durch Kooperationen im Gesundheitswesen

2012-02-Chancen1

Auf besonnenes Vorgehen kommt es an

Heilpraktiker für Psychotherapie und Lebensberater sind bei der Gestaltung von Kooperationen freier als andere Berufe im Gesundheitswesen. Doch dort, wo Freiheiten sind, gibt es auch Stolpersteine, und manche Therapeuten haben überstürztes Handeln schon teuer bezahlen müssen. Auf die Dynamik des sich permanent ändernden Gesundheitsmarktes kann mit vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit verschiedener Berufe begegnet werden. Doch Kooperationen sind kein Selbstzweck; es kommt darauf an, überlegt und individuell die richtigen Weichen zu stellen. Wenn Entscheidungen auf guten Konzeptionen und Strategien fußen, profitieren Patienten. Dabei werden wirtschaftliche Vorteile genutzt und Frustrationen vermieden.

Wer nichts anderes bestimmt, hat schnell eine GbR

fotolia©VfotogestoeberVon der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR – auch als BGB-Gesellschaft bezeichnet) war bereits im Artikel „Kooperation – ja bitte!“ die Rede (Freie Psychotherapie, 01/2012, S. 55). Wer sich zur Erreichung eines bestimmten Zweckes zusammenschließt, gründet stillschweigend eine GbR. Die Gesellschafter haften nach den Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit ihrem gesamten Privatvermögen für alle Verbindlichkeiten – ob sie es wollen oder nicht. Bevor also Kooperationen – mit welchem Ziel und in welcher Form auch immer – eingegangen werden, muss die Rechtsform sorgfältig ausgewählt und schriftlich fixiert werden.

Es muss nicht immer eine Berufsausübungsgemeinschaft sein

Schnell ist man geneigt, eine Gesellschaft für notwendig zu halten und zu gründen, um beruflich zusammenzuarbeiten. Doch eine Gesellschaft (GbR, Partnerschaft, GmbH, Unternehmergesellschaft – haftungsbeschränkt) ist nicht immer das Mittel der Wahl. Gesellschaften (besonders die GmbH) sind grundsätzlich als kompliziert, teuer und mit relativ langer Bindungswirkung einzustufen. Oft kann das angestrebte Ziel juristisch einfacher, mit wenig Risiken und wirtschaftlich vorteilhafter für alle Beteiligten erreicht werden.

Fragen vor Abschluss einer Kooperation

  • Welches Ziel soll erreicht werden?
  • Welche Teilziele können festgelegt werden?
  • Welche wirtschaftlichen Gründe legen die Kooperation nahe?
  • Liegen ausreichende persönliche Erfahrungen mit und Informationen über die potenziellen Partner vor (Wirtschaftsauskunft)?
  • Kennen Sie Ihre zukünftigen Partner wirklich?
  • Welcher persönliche Arbeitseinsatz ist mit der Kooperation verbunden?
  • Wie hoch ist das finanzielle Engagement?
  • Für den Start und für den laufenden Unterhalt?
  • Welcher Mehrwert für Patienten und den Therapeuten/Berater ist zu erwarten?
  • Ist die angedachte Organisation/Rechtsform unkompliziert und kostengünstig?
  • Ist eine persönliche Haftung für Schulden der Kooperationspartner ausgeschlossen?
  • Kann man sich schnell wieder aus der Gemeinschaft – ohne große Kosten – lösen?

 

Kontakte, Vernetzung und projektbezogene, vertragliche Zusammenarbeit

„Lose“ Kontakte (z. B. das gegenseitige Auslegen von Flyern) haben keine rechtsverbindliche Qualität. Ein Netzwerk kann auch der Kontaktpflege, „Ideenproduktion“ und der unverbindlichen gegenseitigen Förderung beruflicher Tätigkeit dienen. Obacht zu geben ist, wenn verbindliche Verabredungen erfolgen, z. B. Entwicklung und Druck eines gemeinsamen Flyers. Dann kann schnell eine GbR entstehen. Vorteilhaft ist deshalb eine projektbezogene, vertragliche Zusammenarbeit. Man schließt also einen Vertrag, um das Projekt „Gemeinsamer Flyer“ durchzuführen. Auf diese Weise sind die Rechte und Pflichten der Beteiligten klar fixiert und Gesellschaftsrecht ist ausgeschlossen. Diese einzelvertragliche, auf ein Projekt bezogene Zusammenarbeit ist in vielen Fällen das Mittel der Wahl! Eine weitergehende Zusammenarbeit in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft oder Praxisgemeinschaft kann so auch kritisch erprobt werden.

Juristische Personen sind mit Vorsicht zu genießen

Freiberufler, die eine juristische Person (GmbH, Unternehmergesellschaft – haftungsbeschränkt) zur gemeinsamen Berufsausübung bilden, unterfallen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes der Gewerbesteuer und eine Verrechnung mit der Einkommensteuer ist ausgeschlossen. Gründung und Unterhalt der GmbH sind kostenintensiv. Darüber hinaus ist sie unflexibel und relativ transparent für Außenstehende. Ähnliches gilt für die 2010 eingeführte deutsche „1-Euro-GmbH“, die Unternehmergesellschaft – haftungsbeschränkt. Die Gründung ist relativ unkompliziert, man benötigt nur einen Euro Mindestkapital. Immer wieder stellt sich aber die berechtigte Frage, ob eine juristische Person wirklich notwendig ist. Für die Zusammenarbeit von Heilpraktikern für Psychotherapie jedenfalls kann die ihnen offenstehende Partnerschaftsgesellschaft empfohlen werden (Freie Psychotherapie, 01/2012, S. 55). Für Lebensberater in Kooperation beispielsweise mit Heilpraktikern für Psychotherapie steht die GbR offen. Wie bei einer Partnerschaft sollte der Gesellschaftsvertrag der GbR so gestaltet werden, dass Gesellschafter allein die Gesellschaft nicht zu hohen Forderungen von Lieferanten verpflichten dürfen. Diese Verpflichtung gilt freilich nur im Innenverhältnis (zwischen den Gesellschaftern); setzt sich ein Gesellschafter darüber hinweg, kann nach den Umständen der abgeschlossene Vertrag wirksam sein und alle Gesellschafter zur Zahlung verpflichten. Auch Personengesellschaften (Partnerschaft und GbR) können für einzelne Rechtsgeschäfte (Vertragsschlüsse) haftungsbeschränkt werden, d. h., die Gesellschafter haften nicht mit ihrem Privatvermögen.

Fazit

„Kooperation“ ist ein Sammelbegriff, hinter dem sich vielfache Gestaltungen verbergen, von einer „unverbindlichen, losen Zusammenarbeit“ bis hin zu einer gemeinsamen Berufsausübung mit eigenem Unternehmen (Gesellschaft). Kooperationen sind das Zeichen der Zeit und können für Therapeuten/ Berater und Patienten vielfältige Vorteile bringen. Allerdings „prüfe, wer sich ewig bindet“! Vor Abschluss einer Kooperation sollte also genau geprüft und überlegt werden, ob man den Schritt gehen soll. Oft bieten sich kostengünstigere und einfachere Gestaltungsmöglichkeiten an.

Neues für die Partnerschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG)

Wir berichteten (Freie Psychotherapie, 01/2012, S. 55) über die Partnerschaft, die Heilpraktikern für Psychotherapie für eine gemeinsame Berufsausübung offen steht. § 8 Abs. 2 PartGG enthält eine gesetzliche Haftungsbeschränkung für Behandlungsfehler auf den Partner, der tatsächlich behandelt hat. Ein Gesetzesvorhaben will zukünftig für die Wirksamkeit dieses Haftungsausschlusses den Zusatz „haftungsbeschränkt“ verbindlich machen. Schon jetzt muss eine Partnerschaft auf Praxisschildern, Briefbögen, Visitenkarten, Stempeln usw. angezeigt werden (z. B. Heilpraktikerin für Psychotherapie Anke Wagner und Partner). Wird das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz wie geplant geändert, gilt zukünftig die Haftungsbeschränkung nur, wenn diese durch einen Zusatz für Patienten erkennbar ist.

Bei Redaktionsschluss war das Gesetz noch nicht verabschiedet. Die Tagespresse wird Informationen über die Gesetzesänderung enthalten. Das Anwaltsbüro Dr. Stebner bietet Lesern als Service eine E-Mail- oder Fax- Information.

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Dr. jur. Frank A. Stebner Dr. jur. Frank A. Stebner
Fachanwalt für Medizinrecht und Praxisberater, MedTrainer® in Salzgitter
www.drstebner.de