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Marketing Tipps für Praxisgründer

Mit der bestandenen Überprüfung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie stand für mich fest: Ich werde eine eigene Praxis eröffnen. Gesagt, getan. Anfang 2023 eröffnete ich sie im Dorf Ritzerau in Schleswig-Holstein. Nie werde ich vergessen, wie bereits am ersten Praxistag das Telefon klingelte und ich vor Schreck fast vom Stuhl fiel. Da ich gelernte Marketing- und Kommunikationskauffrau bin, möchte ich meine Marketingstrategien für angehende Gründer von Herzen weitergeben. Los geht´s!

 

Viele Gründer (immer m/w/d) suchen nach dem perfekten Standort. Meine Praxis befindet sich mitten in einem kleinen Dorf, allerdings umgeben von mehreren Städten, die ca. 20 bis 30 Autominuten entfernt sind. Mit meiner Entscheidung bin ich sehr zufrieden. Dennoch kenne ich auch Kollegen, die binnen des ersten Jahres ihren Standort wechselten, weil es an diesem nicht funktionierte. Nach dem Wechsel liefen die Praxen dann plötzlich besser.

Positionierung

Die Kernfragen lauten: Was sind die Behandlungsschwerpunkte? Was genau ist das Angebot? Welche Spezialisierung liegt vor? Welche Fortbildungen werden für das Angebot noch benötigt? Hier geht es auch darum zu schauen, ob es ein Herzensthema gibt. Manchmal entwickelt sich dieses erst mit der Zeit oder es besteht schon lange, nur trägt der Therapeut es so tief im Herzen, dass es ihm nicht bewusst ist. Mein Dozent pflegte zu sagen: „Mach aus deiner eigenen Wunde eine Perle.“ Die persönlichen Erfahrungen dürfen für die Praxisarbeit genutzt werden. Wichtig ist, dass die eigene Wunde kein Leid mehr erzeugt. Zu Beginn einer Gründung wird von Marketingexperten eine spitze (bestenfalls auf ein Thema bezogene) Positionierung empfohlen. Viele Gründer schrecken davor zurück, da der Gedanke folgt, potenzielle Kunden von vornherein zu verlieren. Ich selbst habe ohne spitze Positionierung begonnen und kann aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, dass sich das für mich richtig anfühlt.


Selbstverständlich gibt es Kollegen, bei denen eine spitze Positionierung Erfolg brachte!

Unique Selling Point

Der USP (Alleinstellungsmerkmal) wird von Experten immer wieder betont. Bevor du lange grübelst: Es kann auch einfach deine Ausstrahlung, deine Persönlichkeit oder dein Charisma sein.

Zielgruppe

Zu welcher Zielgruppe passt das Angebot und mit welchen Menschen möchte der Gründer gerne arbeiten? Für wen ist das Angebot? Und ganz wichtig: Wo hält sich die Zielgruppe auf? Wie kann sie durch Werbemaßnahmen auf die Praxis aufmerksam gemacht werden?

Es ist ein großer Vorteil, seine Zielgruppe genau zu kennen und diese in den Marketingmaßnahmen angemessen anzusprechen. Ein Social-Media-Post hat sicherlich ein anderes „Wording“ als eine PR-Anzeige in einem Gemeindebrief.

Heilmittelwerbegesetz (HWG)

Bei allen Marketingmaßnahmen ist stets das HWG zu beachten. Ganz wichtig: Niemals darf ein Heilungsversprechen suggeriert werden. Das HWG dient dem Verbraucher- und Patientenschutz und regelt das Marketing für Arzneimittel, Heilverfahren und medizinische Produkte.

Corporate Design

Ganz am Anfang sollte das Corporate Design, das gesamte, einheitliche Praxis-Erscheinungsbild stehen. Dazu zählen u. a. Farben, Schriftart, Logo, Praxisname, Bildmaterial, Briefpapier. Das Corporate Design sollte anfangs nicht geändert werden, darf sich allerdings mit den Jahren mit der Praxis weiterentwickeln. Das Logo kann online selbst gestaltet werden oder professionell von einem Grafiker. Dieses Logo sollte sich dann auf dem Praxisschild, Briefpapier und in den Werbemaßnahmen wiederfinden.

Praxisschild

Dieses darf individuell gestaltet werden. Auch ein größeres Schild kann auf einem privaten Grundstück aufgestellt werden, unterliegt aber gegebenenfalls Vorgaben der Gemeinde.

PR-Anzeige

Vor Praxisstart empfiehlt sich die Schaltung einer Anzeige in der örtlichen Tageszeitung. Hier kann auch ein Text über die Neugründung, das Behandlungsangebot sowie ein Foto veröffentlicht werden.

Print

Flyer, Visitenkarten und eventuell auch DIN-A4-Plakate können eingesetzt werden. Ausgelegt habe ich diese dort, wo sich meine Zielgruppe aufhält. Und ich habe mich vor Ort persönlich vorgestellt: bei Hausund Kinderärzten, Psychiatern, Apotheken, Kitas, Sportvereinen, Restaurants, Bio-Läden, Hebammen, Ergo- und Physiotherapeuten, Kliniken … Die Werbemittel kann man selbst – auch ohne große Vorkenntnisse – problemlos durch Online-Anbieter produzieren lassen. Diese bieten häufig auch viele fachspezifische, kostenlose Vorlagen an. Oftmals ist der Druck über diese Anbieter teurer, aber online lassen sich schnell günstige Anbieter finden. Gespart werden sollte auf keinen Fall am Material. Eine kräftige Papierstärke signalisiert Professionalität.


Die eigene Website

Innerhalb von drei Sekunden sollte ein Website-Besucher erkennen, was hier genau angeboten wird, ansonsten verlässt er die Homepage vermutlich. Die Website ist der erste Eindruck, den ein potenzieller Klient erhält. Daher sollte die Seite professionell, nicht zu überladen und freundlich erscheinen. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Homepage für mobile Endgeräte optimiert ist, also responsive ist.

Tipp: Nutzer googeln überwiegend nach dem Problem und nicht nach der Lösung! Das sollte man bei der Erstellung der Texte berücksichtigen.

Bei der Produktion der Homepage ist zusätzlich auf die Suchmaschinen-Optimierung (SEO) zu achten. Für die Erstellung der Website inkl. SEO kann man eine Agentur beauftragen, wenn das nötige Budget vorhanden ist. Es gibt allerdings viele Anbieter, die das Erstellen von Websites auch für Laien ermöglichen. Der Vorteil, wenn man alles selbst erstellt: Jede weitere Änderung ist eigenständig und kostenlos auszuführen. Nicht zu vergessen sind das Impressum und die Datenschutzseite, die über einige Online-Anbieter sogar kostenlos anzulegen sind. Im Mitgliederbereich des VFP findet man auch Links zu Impressum- und Datenschutz-Generatoren. Die Homepage sollte mit Praxisstart fertig und online sein!


Blog auf der eigenen Website

Vor ein paar Jahren hat Google seine Einstellungen geändert, sodass es mittlerweile als veraltet gilt, einen Blog auf der eigenen Website einzupflegen. Ein Blog kostet viel Zeit und bringt aktuell kaum einen bis gar keinen Nutzen.

Newsletter

Kundenbindung heißt auch kontinuierlich Kontakt halten, z. B. durch einen Newsletter-Versand, wenn der Leser sich vorab einverstanden erklärt hat. Es empfiehlt sich, einen professionellen Online-Anbieter zu wählen. Es muss möglich sein, sich mit nur einem Klick vom Verteiler abzumelden. Newsletter sollten nicht zu häufig versendet werden und auch nur mit sinnvollem Inhalt. Besonders interessant sind für Klienten neue Termine z. B. für ein Seminar.

Kostenloses E-Book

Wenn es ein Herzensthema gibt, wozu es auch einiges zu schreiben gibt, kann dazu ein kostenloses E-Book erstellt werden. Gleichzeitig können sich die E-Book-Interessierten in den Newsletter-Verteiler eintragen.

Online-Werbung

In den verschiedensten Online-Portalen kann Werbung geschaltet werden. Oftmals benötigt der Praxis-Gründer allerdings ein etwas höheres Budget, bis Resultate messbar sind. Bei Marketingvideos sind es die Nutzer mittlerweile gewohnt, dass diese sehr professionell aufgesetzt sind, sie erkennen selbst erstellte Marketingvideos auf Anhieb. Bei dieser Marketingmaßnahme empfiehlt es sich, sie an einen Spezialisten abzugeben.

Tipp: Jede einzelne Einstellung bei der Schaltung von Online-Maßnahmen ist äußerst entscheidend. Daher macht es keinen Sinn, unwissend, einfach irgendetwas einzustellen und abzuwarten, was passiert. Das ist ein zu teures Abenteuer.

Einträge in Branchenverzeichnissen

Neben den therapeutischen Verzeichnissen gibt es weitere, in die kostenlose oder auch bezahlte und hervorgehobenere Einträge möglich sind. Allerdings gibt es leider bei Branchenverzeichnissen auch „schwarze Schafe“, bei denen man ggf. langfristige, teure Abonnements für Internetseiten bucht, die so gut wie nie von einem Interessenten aufgesucht werden. Also Vorsicht! Zu beachten ist bei allen Werbemaßnahmen stets die korrekte Berufsbezeichnung – am besten die, die auf der Urkunde vom Gesundheitsamt steht.

Social Media

Soziale Netzwerke bieten eine kostenlose Möglichkeit, um in die Sichtbarkeit zu kommen. Die häufigste Angst ist hier die Angst vor Ablehnung. „Was, wenn ich keine Likes erhalte? Oder, wenn jemand einen negativen Kommentar öffentlich macht?“ Hilfreich kann es daher sein, sich bewusst zu machen, dass man nicht allen Menschen gefallen kann, und sich unabhängig von den Likes immer wieder sichtbar zu machen. Ziel ist es, von der Zielgruppe bemerkt zu werden.

Tipp: Von Anfang an über therapeutische Themen in die Kamera sprechen und einfach mal hochladen! Das HWG sollte dabei immer im Hinterkopf mitlaufen. In den sozialen Medien geben wir kostenlose Informationen. Eine erfolgreiche Unternehmerin gab mir dazu das passende Mindset durch folgende Frage: „Bist du bereit, einem Follower zwei Jahre lang kostenlose Infos zu liefern, bis dieser dein Klient wird?“

Fachvorträge

Fachvorträge, z. B. in der Volkshochschule, sind eine kostenlose Maßnahme, um die eigene Expertise öffentlich bekannt zu machen. Selbstverständlich kann ein Vortrag oder Seminar auch in der eigenen Praxis organisiert werden, eventuell auch als Webinar. Besonders zu beachten ist auch hier das HWG. Demnach darf es ausschließlich um den Vortrag gehen und nicht um die Vermarktung der Praxis.

Netzwerke

Mit welchen Institutionen oder Personen kann man „netzwerken“ oder zusammenarbeiten? Wen kann man weiterempfehlen und wer würde einen selbst empfehlen? Es kann hilfreich sein, sich persönlich vorzustellen und ein paar Flyer vor Ort zu lassen. Ein freundliches, kurzes Gespräch bleibt besser in Erinnerung als ein trockener, unangemeldeter Anruf.


Gemeindebrief

Zur Standortwerbung kann auch eine Anzeige in einem Gemeindebrief gebucht werden. Besonders zu beachten ist hier die zielgruppenspezifische Anrede. Der reiferen Zielgruppe bringt es kaum etwas, wenn in der Anzeige ein QR-Code steht oder nur die Internetseite genannt wird.

Fotos

Die Menschen kaufen auch Persönlichkeit. Das Gehirn sortiert schnell aus, sollten die Fotos auf einer Website oder in den sozialen Netzwerken nicht ansprechend sein. Dann wird meist der Text gar nicht erst gelesen. Daher: Gerne in ein Fotoshooting investieren. Aber auch Smartphones leisten heute Großartiges und es ist völlig unproblematisch, ein Foto im Nachhinein zu bearbeiten. Ein kleiner Tipp: Es kommt auch auf Authentizität und Charisma an. Die Kleidung sollte bewusst gewählt werden. Wenn das Foto geschossen wird, nutzen einige Fotografen folgenden Trick: „Stell dir vor, deine Augen strahlen. Lass deine Augen strahlen.“

Marketingmix


Der Mix machts?! Es gibt Menschen, die der festen Überzeugung sind, dass z. B. das Aufstellen von Flyern völlig veraltet ist und nur vereinzelt Klienten in die Praxis führt. Ja, diese Erfahrungen machen einige. Ich selbst bin als Marketing- und Kommunikationskauffrau sehr überrascht, wie viele Klienten den Weg – gerade über dieses Medium – zu mir finden. Das liegt allerdings vermutlich daran, dass meine Flyer u. a. an Orten zu finden sind, wo sich meine Zielgruppe auch aufhält! Wichtig ist, sich das Aufstellen von Flyern genehmigen zu lassen und die Flyer immer in Aufstellern zu deponieren. Ich selbst empfinde einen Marketingmix als sinnvoll und kann ihn empfehlen. Nach dem Motto: Alle Möglichkeiten – je nach Budget – nutzen.


Glaubenssätze

Folgende Glaubenssätze können dem Praxisstart schaden und sollten überdacht werden: „Es gibt nicht genug Menschen, die als Selbstzahler in die Praxis kommen“. „Vormittags hat doch eh niemand Zeit, dann muss ich nachmittags und abends arbeiten.“ Oder: „Ich bin bestimmt zu teuer, das zahlt keiner.“ Durch welche positiven Glaubenshaltungen können Sie die schädlichen ersetzen?

Durchhaltevermögen

Es läuft nicht immer leicht. Viele Therapeuten geben auf und schmeißen alles hin, sobald es schwierig wird und die Klienten ausbleiben. Erfolgreiche Selbstständige zeichnen sich stets dadurch aus, dass sie aus Fehlern lernen und nach Lösungen suchen. Bleiben die Klienten plötzlich aus, ist es sinnvoll, sich die Monate zuvor genau anzuschauen. Was wurde in den gut laufenden Monaten anders gemacht?

Werbung ist kein Hokuspokus! Es sind immer Aktionen, die zu einer Reaktion und schlussendlich zu einem Ergebnis führen! Mit diesem Fazit wünsche ich allen Gründern von Herzen viel Erfolg: Aktion – Reaktion – Ergebnis

Sabrina Fröhlich Heilpraktikerin für Psychotherapie, Systemische Kinder-, Jugend- und Familientherapie, Autorin
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