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Vorbereitungstipps zur Überprüfung der Heilpraktiker für Psychotherapie

Mit der Entscheidung, Heilpraktikerin für Psychotherapie zu werden, habe ich zeitnah mit dem Pauken begonnen. Es wurde meine Leidenschaft! Ich hatte davon gehört, dass die Überprüfung bei meinem Gesundheitsamt sehr schwer sein sollte. Daher befasste ich mich im Vorfeld mit der Denkweise der Prüfer (immer m/w/d), schaute mir Prüfungen der vergangenen Jahre an und versuchte, mich in diese detaillierte Denkweise einzufühlen. Mein persönlicher Motivationssatz: „Mach dir keine Sorgen, es geht nicht darum, ob du es schaffst. Es geht nur darum, wie gut du es schaffst!“ Diesen Satz habe ich mir täglich mit einer guten Portion Humor gesagt. Das Ergebnis: volle Punktzahl (schriftliche Überprüfung). Die mündliche Überprüfung habe ich dann auch bestanden. Nun möchte ich meine Lernstrategien von Herzen gern weitergeben. Los geht´s!

Wie oft und wie lange sollte man lernen?

Das ist die häufigste Frage von Anwärtern zu Beginn der Vorbereitung. Da alle Menschen über ein unterschiedliches Vorwissen verfügen und unterschiedlich schnell lernen, ist sie nicht pauschal zu beantworten. Die Forschung geht davon aus, dass sich ein Erwachsener maximal 90 Minuten lang gut konzentrieren kann. Es macht also Sinn, spätestens dann eine Pause einzulegen. Die beste Zeit zum Lernen ist zwischen 9 und 11 Uhr sowie 16 und 18 Uhr, da das Gehirn zu diesen Zeiten am aufnahmefähigsten ist.

Im Flow bleiben!

Der Begriff „Flow“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „fließen“. Wenn jemand im „Flow“ ist, heißt das, dass die Tätigkeit, die diese Person gerade ausführt, flüssig läuft. Es ist ein angenehmes Gefühl der Mühelosigkeit. Das Gegenteil ist die Überlastung und Überforderung. Die Zeit bis zur Überprüfung sollte so stressfrei wie möglich verbracht werden.

Gesunde Lebensweise

Es ist wichtig, auf ausreichend Schlaf, eine gesunde Lebensweise sowie eine ausgewogene Ernährung zu achten. Besonders wer nachts lernt, greift oft zu Koffein. Das verringert aber die Merkfähigkeit. Sport und Entspannungsphasen können dagegen in den Alltag integriert werden und schaffen einen guten Ausgleich.

Das Ziel fokussieren

Es kann hilfreich sein, den Fokus auf das Gefühl zu richten, es schon geschafft zu haben. Unsere Gedanken steuern unsere Gefühle und worauf wir den Fokus richten, dorthin scheint die Energie zu gehen. Herrlich und kribbelig können die Gefühle sein, die sich dann zeigen. Hier die passende Visualisierung: Wie wird mein Praxisraum aussehen? Welche Kleidung werde ich tragen? Welche Therapieverfahren werde ich anwenden?

Fremdwörter lernen mit allen Sinnen

Die „multisensorische“ Lerntheorie besagt, dass das Gehirn leichter lernt, wenn mehrere Sinne gleichzeitig angesprochen werden. Bewegungen und Bilder erleichtern somit das Lernen von Fachbegriffen.

Unser Gehirn kann sich einen Begriff besser merken, wenn es dazu ein Bild passend zum Fremdwort sieht. Und noch besser, wenn man sich dazu eine Geste oder Bewegung ausdenkt. Ein mit Gesten gelernter Begriff aktiviert u. a. Gehirngebiete des Bewegungssystems. Regionen des Sehsystems wiederum werden bei Wörtern aktiviert, die in der Lernphase von Bildern begleitet worden. Das Gehirn lernt demnach leichter neue Begriffe, wenn Informationen aus unterschiedlichen Sinnesorganen miteinander verknüpft werden.

Wiederholungen

Damit Informationen dauerhaft im Langzeitgedächtnis gespeichert werden, müssen im Gehirn die neuronalen Netzwerke dauerhaft umgebaut werden. Durch das regelmäßige Wiederholen von Lerninhalten wird der Hippocampus dazu angeregt, Informationen immer wieder an die Großhirnrinde zu senden und das neue Wissen im Langzeitgedächtnis zu speichern. Der Speicher im Kurzzeitgedächtnis ist begrenzt. Eine Faustregel besagt, dass man fünf bis neun neue Begriffe oder Fakten auf einmal erlernen kann. Die Lernwiederholungen sollten mit der Zeit abnehmen. In der ersten Lernstunde sollte dreimal gelernt werden – dann nach einer Stunde erneut, folgend erst nach zwei Tagen wieder. Im Anschluss wieder nach sieben Tagen.

Von grob zu fein: Mindmaps

Es macht Sinn, sich anfangs einen Überblick über das ICD-11 zu verschaffen und dann bis ins Detail zu lernen. Dabei können Mindmaps unterstützen. Das Gehirn kann Mindmaps wie ein Foto abspeichern und im besten Fall wieder abrufen. Von einem Thema in der Mitte der Mindmap werden in einer Art Baumstruktur ringsherum Verbindungen zu weiteren Informationen oder Unterpunkten aufgebaut. Dabei werden ausschließlich die wichtigsten Kernpunkte notiert. Die Mindmaps können zusätzlich durch Farben sowie Bilder erweitert werden und schlussendlich auch im Haus an Türen geklebt werden. So ist es möglich, einfach mal zwischendurch einen kurzen Blick darauf zu werfen.

Karteikarten

Es gibt fertige Karteikarten. Doch alles, was wir eigenständig tun – in diesem Fall aufschreiben – kann unser Gehirn besser abspeichern. Die Karteikarten können in einem Schuhkarton aufbewahrt werden, in dem es fünf verschiedene Fächer gibt: das Startfach, dann drei mittlere Fächer und das Zielfach. Immer, wenn ein Begriff nicht erklärt werden konnte, rutscht die Karteikarte in das Startfach zurück. Kann der Begriff korrekt erläutert werden, geht es ein Fach weiter Richtung Zielfach.

Bücher anmarkern

Mit einem Textmarker kann das Wichtigste direkt beim Lesen angemarkert werden. Der einzige Nachteil besteht darin, dass das Buch später vermutlich schlecht zu verkaufen ist. Es kann aber auch Sinn machen, die ICD-11 anzumarkern, Post-its zu nutzen und Notizen mit einem Bleistift vorzunehmen.

Audio

Wer sich Inhalte gut auditiv merken kann, könnte sich selbst aufnehmen und ganz unkompliziert auch im Fitnessstudio oder bei einem Spaziergang die Inhalte durch wiederholtes Anhören lernen. Dabei können Vokabeln oder ganze Texte aufgenommen werden.

Spaziergang

Wer sich beim Lernen bewegt, aktiviert zusätzlich die motorischen Zentren des Gehirns. Diese spielen eine wesentliche Rolle dabei, wie Informationen verarbeitet und gespeichert werden. Die meisten Menschen nehmen an, dass das Lernen und das Denken vom Körper losgelöste Fähigkeiten sind. Daran zweifeln immer mehr Forscher. Denn Bewegungen beeinflussen das Denken viel stärker als bisher angenommen. Somit kann es unterstützend sein, bei einem gemütlichen Spaziergang mit einem Buch in der Hand zu lernen.

Dokumentationen

Sich hineinfühlen! Dokumentationen von Menschen mit einer psychischen Erkrankung geben dem Lernen eine Nuance von Echtheit, von Lebendigkeit und bieten die Chance mitzufühlen. Eine psychische Erkrankung lediglich auswendig zu lernen, ist nur die „halbe Miete“. Es ist äußerst wichtig, die Menschen genau zu verstehen, sich hineinzufühlen und Zusammenhänge zu erkennen. Dazu kann man auch überlegen, ob man jemanden persönlich kennt, der an einer psychischen Erkrankung leidet.

Universitäten

Viele Universitäten stellen Studien, Materialien und sogar Vorlesungs-Aufzeichnungen online kostenlos zur Verfügung. Oft kann man sich seitenlange PDFs herunterladen. Dabei ist zu beachten, dass man sich nicht überlastet.

Psychopharmakologie

Das ist der Teil, der den meisten Anwärtern am wenigsten Freude bereitet. Die Namen sind teilweise schwer zu lernen, ähneln sie sich dann auch noch, besteht Verwechslungsgefahr. In erster Linie ist es wichtig, die unterschiedlichen Wirkfaktoren zu kennen und die Psychopharmaka nach Gruppen aufzuteilen. Nicht verzweifeln! Zur Prüfung sind sie dann sicher gut abgespeichert.

Besonders wichtige Inhalte

Es gibt Themen, die ein Prüfling im Schlaf beherrschen sollte: Suizidalität nach Ringel und Pöldinger, Wahnkriterien nach Jaspers, Alkoholikertypologie nach Jellinek, Abhängigkeitskriterien, Schizophrenie nach Bleuler und Schneider sowie das Somatische Syndrom. Wissenswert sind auch die Zeitkriterien zu den Störungsbildern.

Kühlen Kopf bewahren

Viele Anwärter vernetzen sich durch soziale Medien. Doch direkt vor den Prüfungen kochen diese Medien häufig hoch, indem sich Teilnehmer gegenseitig verrückt machen.

Blackout

Den kann man in stressigen Situationen bekommen. Dabei werden große Mengen von Glukokortikoiden, dazu gehört u. a. Cortisol, ausgeschüttet. Ein Entspannungsverfahren wie das Autogene Training oder eine Atemtechnik kann helfen, ruhig zu bleiben. Auch gibt es Duftfläschchen, deren Düfte entspannen können.

Die Woche vor den Überprüfungen

Manche Anwärter nehmen sich Urlaub und büffeln, andere wiederum entspannen sich.

Die schriftliche Überprüfung

Fokussiert bleiben! Es werden vermutlich viele Menschen anwesend sein. Jeder erhält einen eigenen Tisch. Die ausgeteilten Unterlagen dürfen erst geöffnet werden, wenn die Zeit gestoppt wird. Die oberste Priorität lautet: Genau lesen!

Auf keinen Fall darf der Zeitdruck ungenaues Lesen auslösen. Was steht da genau? Was ist ganz genau gemeint? Und nun der Knaller, bei dem viele Übertragungsfehler passieren: Die angekreuzten Ergebnisse müssen in der Regel von den Teilnehmern auf ein Ergebnisblatt übertragen werden! An dieser Stelle macht es Sinn, doppelt zu überprüfen, ob die Antworten korrekt übertragen wurden.

Eine zweite – fast schon dramatische – Sache kommt am Ende auf fast jeden Teilnehmer zu: das „Verschlimmbessern“. Es steht jedem frei, ob er nun nach Bauchgefühl oder doch nach Wissen entscheidet. Wissen vergrößert allerdings die Chance, die Überprüfung zu meistern.

Dann ist die Zeit um. Abgabe! Geschafft. Nun heißt es hoffen. Das Schreiben mit dem Ergebnis kommt per Post.

Die mündliche Überprüfung

Der allerbeste Tipp lautet: Bereits in der Anfangsphase des Lernens laut über die Themen zu sprechen. Es ist dabei völlig egal, ob man mit sich selbst spricht, mit einem anderen Menschen oder einem Stofftier. Wichtig ist, dass keine Hemmung besteht und es sich gewohnt anfühlt. Zur Vorbereitung auf die mündliche Überprüfung kann ein Buch ausschließlich mit Fallbeispielen hilfreich sein. Es gibt auch ein Plakat oder eine DIN-A4-Karte, auf der alle Störungsbilder aufgelistet sind.

Zur mündlichen Überprüfung darf eine BMI-Rechenscheibe mitgenommen werden, falls Schwierigkeiten bestehen, unter Stress zu rechnen. Eine weitere sinnvolle Vorbereitung ist es, sich auf einem Zettel Notfallnummern, wie die Telefonnummer des Sozialpsychiatrischen Dienstes oder der nächsten Suizidambulanz, zu notieren.

In der Regel wird im Gesundheitsamt ein Fall vorgelesen und man darf sich im Anschluss daran zwei Minuten lang Notizen machen. Wirklich auch nur zwei Minuten!

Da im Anschluss meist eine Anamnese und ein psychopathologischer Befund erhoben werden sollen, macht es Sinn, sich die Anfangsbuchstaben des Anamnesebogens sowie des psychopathologischen Befunds als „Eselsbrücke“ und Leitfaden innerhalb dieser Zeit notieren zu können.

Am Ende der Überprüfung soll eine Verdachtsdiagnose erhoben werden. Hier ist es äußerst wichtig, sich von den Prüfern nicht stressen zu lassen und auf keinen Fall eine Verdachtsdiagnose zu geben, obwohl man noch offene, wichtige Fragen hat. Denn: Eine einzige weitere Antwort kann plötzlich eine ganz andere Verdachtsdiagnose hervorbringen. Wichtig ist, den Prüfenden zu zeigen, dass Fachwissen vorhanden ist und Zusammenhänge erkannt werden können. An dieser Stelle ist es äußerst wertvoll, in der Prüfung laut zu denken. Teilt ein Prüfling seine Gedanken mit, kann das positiv miteinbezogen werden. Die Prüfer können auch unterstützen, wenn es in die falsche Richtung geht. Denn: Die Prüfer wollen keinen Teilnehmer durchfallen lassen! Diese positive Grundhaltung ist zu empfehlen.

Die passende Visualisierung: „Die Prüfer freuen sich mit mir, wenn ich es schaffe.“

Sabrina Fröhlich
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Systemische Kinder-, Jugend- und Familientherapie, Autorin, Praxis in Ritzerau

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