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Psychologische Beratung mit Künstlicher Intelligenz

Über die Möglichkeiten und Wege mit ChatGPT, Bard und Co.

Haben Sie noch eine Enzyklopädie im Schrank stehen? Schlagen Sie noch im gedruckten Lexikon nach, wenn Sie etwas zu einem Fachbegriff oder einem Thema wissen möchten? Die Mehrheit wird hier wohl verneinen. Schütteln auch Sie jetzt mit dem Kopf und haben Sie den oder die dicken Wälzer bereits entsorgt? Schon längst ist es üblich geworden, die Internetsuchmaschine in Anspruch zu nehmen, wenn man sich informieren möchte. Im Durchschnitt wird z. B. Google drei bis vier Mal am Tag mit Suchbegriffen gefüttert.
Google ist die populärste Suchmaschine der Welt. Bei Online-Suchen wird der von Google gebotene Service am häufi gsten genutzt. Dies verspricht auch eine gewisse Aktualität und es sind viele unterschiedliche Informationen verfügbar. Auch gerade deshalb sollte man gewissenhaft mit Informationen aus dem Internet umgehen und diese am besten immer prüfen.

Es ist praktisch, immer und überall News und Wissenswertes zu erhalten, aber heutzutage ist es manchmal nicht so einfach, die Quellen nachzuvollziehen oder zu wissen, woher die Daten ursprünglich stammen. Es gibt mittlerweile eine Flut von Daten, die uns Künstliche Intelligenzen nun – und das ist das Neue – „im Plauderton“ präsentieren.

Wer gestern noch seine Frage bei Google eingegeben hat, wird morgen vielleicht das ChatGPT Interface vor sich haben. Mit ChatGPT wurde das Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) zum Trend. GPT steht dabei für „Generative Pre-Trained Transformer“ und ist darauf ausgelegt, menschliche Gespräche nachzuahmen.

Größere, günstigere Datenspeicher, bessere Verarbeitungsmethoden in großen Datencentern und die Möglichkeit, viele Prozesse parallel laufen zu lassen und trotzdem ein großes Ganzes zu erzeugen, sind einige der Grundlagen gewesen, warum das sog. maschinelle Lernen und damit die verstärkte Entwicklung künstlicher Intelligenzen seit einigen Jahren möglich geworden ist.

Der entscheidende Ansatz ist jedoch schon älter: Programme werden nicht mehr linear programmiert, indem man dem Computer Eingaben und Ausgaben vorgibt. Es wird ein künstliches Modell erstellt, dem man eine Eingabe zeigt (z. B. das Bild einer Blume), lässt es daraufhin Berechnungen ausführen und das Ergebnis wieder mit dem Original vergleichen. Berechnete Pfade und Wege, die zu einem identischen, möglichst passenden Ergebnis geführt haben, werden beibehalten. Wege, die einen falschen Output generiert haben, werden neu justiert, bis auch sie das Gewünschte hervorbringen.

Das Modell wird „trainiert“, um so, ähnlich wie ein Mensch, auch in der Zukunft einmal andere Objekte als Pfl anze zu erkennen. Es wird in der Lage sein, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nach Gegenüberstellung das Ergebnis „Blume“ zu verkünden. ChatGPT, Bard und Co. - künstliche Intelligenzen, KI, bieten viele Chancen, aber auch Risiken. Es geht schon jetzt um das Thema Datenschutz und die Frage, ob Menschen durch Programme ersetzt werden können.

Generative KI nutzen maschinelles Lernen, um riesige Datenmengen in Bild- oder Textform zu verarbeiten, die größtenteils aus dem Netz zusammengesammelt und anschließend als Grundlage für Vorhersagen etc. genutzt werden. Einigen Menschen bereitet es Sorgen, dass generative KI wie ChatGPT dazu in der Lage sind, menschliche Interaktion zu simulieren.

KI: Freund oder Feind?

Es soll hier nicht um diese Diskussion gehen. Aktuell berichten Medien von kritischen Stimmen überall auf der Welt. Künstliche Intelligenzen oder auch artifizielle Intelligenzen (AI), wie man manchmal liest, machen mitunter Angst, denn einiges erscheint nicht greifbar oder erscheint als „nicht aufzuhalten“ – nicht mehr kontrollierbar. Was aber wohl nicht aufzuhalten ist, ist der Fortschritt – auch wenn man die Entwicklung einschränken oder pausieren würde. Die Welt der KI wurde betreten und wird unsere Welt verändern. So sollte sich jeder einmal mit dem Thema beschäftigen.

Was bedeutet das für Freie Psychotherapeuten? Wie kann man als psychologischer Berater (immer m/w/d) künstliche Intelligenzen nutzen? Möchte man mitgehen und sich und „diese Welt“ ausprobieren?

Haben Sie einer künstlichen Intelligenz, einer KI wie ChatGPT, schon einmal eine Frage gestellt? Nutzen Sie vielleicht sogar schon regelmäßig ChatGPT und Co., um damit Texte zu generieren oder Ihren Wissensdurst zu stillen, Informationen zu verarbeiten oder sich Dinge durch den Kopf gehen zu lassen?

Das Sprachmodell ChatGPT von OpenAI ist darauf spezialisiert, möglichst präzise und hilfreiche Antworten auf Ihre Fragen zu geben. Viele Nutzer stellen aktuell dem Chatbot deshalb Fragen, die sie sonst eben in Suchmaschinen eingegeben hätten. Es gibt dabei einige Menschen, die bei der ersten Nutzung überrascht sind, wie „organisch“, ja geradezu menschlich sich der Chat mit so einem Programm anfühlt.

Es entwickelt sich mitunter eine Konversation, die man auch mit einem Experten geführt haben könnte. Das Programm hat keine Emotionen oder hat keine Empathie wie ein echter Mensch – zeigt aber im Austausch, dass man auch ohne ein interessanter Gesprächspartner sein kann.

Auf der Online-Plattform Koko, einem sog. Peer-Support-Netzwerk, wurden Menschen mit mentalen Herausforderungen, z . B. beruflichem Stress, Angst in der Schule, Liebeskummer etc. nicht nur menschliche Mitglieder zum Austausch zugeteilt. Da kam auch eine KI zum Zuge. Der Gründer von Koko offenbarte nach einiger Zeit, dass er, natürlich ohne vorherige Bekanntgabe, eine KI ausgetestet hatte. Menschen, die über die Plattform bei anderen Menschen Rat gesucht hatten, hatten demnach vermeintlich empathische, einfühlsame Nachrichten von ... eben einem „Nicht-Menschen“ erhalten.

Es ist noch mehr in der Entwicklung. Apps sollen u. a. Depressionen erkennen. Diese können natürlich keine ärztliche Diagnose oder den Weg zum Therapeuten ersetzen. Aber sie geben durch Sprachverarbeitung Hinweise auf „depressive Texte“ und zeigen Häufungen an, sodass betroffenen Personen Hilfe angeboten werden könnte.

Es gibt auch Chatbots, mit denen man in die Interaktion gehen kann, um etwas für seine Psyche zu tun. Als Ersatz für einen Coach oder Psychologischen Berater können aber auch die Woebot-App, aktuell in englischer Sprache, oder die Stresscoach-App (früher Pocketcoach) nicht dienen. Tatsächlich hat die Selfcare-App Woebot, laut Entwicklern, aber den Anspruch, zu erkennen, wann es ernst wird. Wenn Stimmung und Energielevel des Nutzers anhaltend niedrig sind, gibt es für den User entsprechende Hinweise und Anlaufstellen.

Der Woebot meldet sich täglich zu einer festgelegten Zeit: Mal erzählt man von seinem Tag, mal nennt man Dinge, für die man dankbar ist, oder übt sich anders in Achtsamkeit. Das soll unter anderem helfen, zu positiverem Denken zu finden, Strategien zur Selbsthilfe zu entwickeln und Emotionen besser zu regulieren.

Haben Sie schon von „Clare & Me“ gehört? Diese KI soll im Prinzip helfen, während man auf einen Therapieplatz wartet. Auch hier gibt es noch viel Potenzial.

Fragt man eine KI, hier ChatGPT selbst, ob schon bald psychologische oder psychotherapeutische Beratung durch eine Künstliche Intelligenz erfolgen könnte, weiß auch sie, dass gerade in diesem Bereich der Mensch nicht ersetzt werden kann und werden darf – sieht sich aber als Ergänzung für z. B. das Informationsmanagement, die Diagnosestellung mittels Datenabgleich oder als Support bei der Analyse.

Wir fragen: „ChatGPT welche Ergänzung kannst du bei einer psychologischen Beratung sein?“

„Als KI-Modell kann ich in einer psychologischen Beratung auf verschiedene Arten eine Ergänzung sein. Einige Beispiele:

Informationsquelle: Ich kann eine Quelle von Informationen über verschiedene psychologische Konzepte, Techniken und Strategien sein, die von Fachleuten verwendet werden, um Menschen in schwierigen Situationen zu helfen. Wenn Sie bestimmte Fragen haben, kann ich Ihnen möglicherweise helfen, Antworten zu finden, und Ihnen mehr Wissen über psychologische Themen zu vermitteln.

Gesprächspartner: Ich kann auch als Gesprächspartner fungieren und Ihnen helfen, Ihre Gedanken und Gefühle zu sortieren. Ich kann Ihnen Fragen stellen, um Ihnen zu helfen, Ihre Situation besser zu verstehen, und Sie dazu ermutigen, Ihre Emotionen auszudrücken und Ihre Gedanken zu teilen.

Unterstützung: In einer psychologischen Beratung kann ich als unterstützende Kraft dienen, indem ich Ihnen Möglichkeiten aufzeige, wie Sie mit Stress, Angst oder anderen Herausforderungen umgehen können. Ich kann Ihnen auch helfen, Ihre Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren, die Ihnen möglicherweise im Weg stehen, und Ihnen Strategien anbieten, um diese zu ändern.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ich als KI-Modell keine menschliche Interaktion und Unterstützung ersetzen kann. Eine psychologische Beratung mit einem ausgebildeten Fachmann oder einer Fachfrau ist immer noch die beste Option, um Unterstützung und Hilfe zu erhalten, wenn Sie mit schwierigen Situationen konfrontiert sind.“

Es ist dennoch durchaus möglich, dass es in der Zukunft eine Art psychologische Beratung mit KI geben wird.

KI-Systeme können bereits eingesetzt werden, um z. B. bei der Diagnose von psychischen Erkrankungen zu helfen oder unterstützende Therapien anzubieten, wie das Cognitive Behavioral Therapy-Programm (CBT) oder kognitive Verhaltenstherapie. Diese Systeme können durch maschinelles Lernen und Analyse von großen Datenmengen auch personalisierte Empfehlungen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen geben.

Jedoch gibt es in der Psychotherapie und der psychologischen Beratung auch viele menschliche Faktoren, die eine Rolle spielen. Therapeuten und Psychologische Berater müssen in der Lage sein, eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Patienten und Klienten aufzubauen und auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen. In vielen Fällen können der menschliche Kontakt und die Empathie von unschätzbarem Wert sein, um den Patienten oder Klienten zu helfen und ihre Probleme zu lösen.

KI-Systeme können möglicherweise auch eine Ergänzung darstellen, indem sie z. B. automatische Erinnerungen und Feedback anbieten oder Sitzungen und Termine vorbereiten und dabei unterstützen.

Hier ein Beispiel zum Einsatz von KI aus der eigenen Praxis

Neulich schrieb mich ein Klient an. „Ich bin mir nicht sicher ... aber ich glaube, dass ich an einem Seminar zum Thema Freies Reden/Rhetorik teilnehmen möchte. Können Sie mir schon vor unserem nächsten Termin dazu etwas sagen? Welche Gedanken sollte ich mir vorab bzw. vor der Buchung machen?“

Ich wusste, dass ich im direkten Austausch mit ihm erst einmal Bedürfnisse und Erwartungen an das Seminar abklopfen würde, bevor ich ihm etwas empfehlen könnte.

Ich befragte ChatGPT, um zu sehen, ob ich alle Fragen dafür im Kopf hatte. Es bot sich gerade an, da ich schon einiges über das Programm gelesen, es aber im beruflichen Kontext noch nicht eingesetzt hatte.

„ChatGPT, welche Fragen muss ich mir stellen, bevor ich ein Seminar zum Thema Freies Reden/Rhetorik buche?“

„Es gibt verschiedene Fragen, die Sie sich stellen sollten, bevor Sie ein Seminar zum Thema Freies Reden/Rhetorik buchen. Hier sind einige wichtige Überlegungen:

Was ist das Ziel des Seminars? Möchten Sie Ihre Fähigkeiten im Bereich der öffentlichen Rede verbessern, um in Ihrem Beruf erfolgreicher zu sein? Oder möchten Sie einfach selbstbewusster vor einer Gruppe sprechen können?

Welche Themen werden behandelt? Soll es ein allgemeines Seminar zur Verbesserung der Rhetorik sein oder ein spezifisches Seminar zu einem bestimmten Thema, wie Verkaufsgespräche oder Präsentationen?

Wer ist der Seminarleiter? Ist er oder sie ein erfahrener Redner oder Trainer mit nachweislichen Erfolgen und positiven Bewertungen von anderen Teilnehmern?

Wie lange dauert das Seminar? Können Sie den Zeitrahmen des Seminars in Ihren Terminkalender integrieren?

Wie groß ist die Gruppe? Ein kleinerer Teilnehmerkreis kann zu einer intensiveren und individuelleren Erfahrung führen, während ein größerer Teilnehmerkreis die Möglichkeit bietet, sich mit einer Vielzahl von Menschen auszutauschen.

Wie hoch sind die Kosten? Passt das in Ihr Budget?

Wo ist der Ort des Seminars? Ist er gut erreichbar und gibt es eine Möglichkeit zur Übernachtung in der Nähe, falls das Seminar über mehrere Tage geht?

Indem Sie sich diese Fragen stellen und beantworten, können Sie sicherstellen, dass das Seminar zum Thema Freies Reden/Rhetorik, das Sie buchen, Ihren Bedürfnissen und Zielen entspricht.“

In kürzester Zeit präsentierte mir ChatGPT eine Liste. Ich hätte das so mit dem Klienten auch abgeklopft. Es war aber interessant, hier auch nochmals zu sehen, dass ich bei meiner Liste im Kopf nichts vergessen hatte.

Und dann tat ich es: Copy-Taste. Ich kopierte die Antwort von der künstlichen Intelligenz und nutzte sie.

Ich antwortete meinem Klienten auf seine Frage, schrieb, dass wir uns beim nächsten Termin gerne dazu näher austauschen könnten und er sich schon vorbereitend mit den Fragen auseinandersetzen könne.

Fragen, die nicht ich getextet hatte, sondern Fragen von ChatGPT. Dies verschwieg ich aber vorerst.

Was glauben Sie, was hat mein Klient dann geschrieben?

Ich war selbst gespannt. Er schrieb: „Danke, auf Sie ist Verlass.“

Ja, auf ChatGPT war wohl diesbezüglich Verlass. Auch kann man die künstliche Intelligenz um Coachingfragen bitten oder sie nutzen, um eine Art sokratischen Dialog zu erstellen. ChatGPT kann einem die Fragen stellen, wenn man die KI darum bittet. Das regt zum Nachdenken an und inspiriert zu anderen Gedanken – schafft einen kreativen Spielraum.

In Zukunft wird es immer mehr Möglichkeiten geben. Jeder sollte für sich entscheiden, wie man dann ChatGPT, Bard und Co. für sich nutzen möchte, wenn sie zur Verfügung stehen.

Für einige Menschen könnte es sogar zu einer Art Sucht werden, mit einer künstlichen Intelligenz zu plaudern und in den Austausch zu treten. Mit ein wenig Programmiererfahrung kann man jetzt auch schon z. B. eine KI mit WhatsApp verknüpfen und so in den Chat gehen. Der Zugang wird also noch einfacher und noch „menschlicher“. Das wird gefährlich, wenn man hinterher wirklich ein „echtes Gegenüber“ wahrnimmt bzw. eben nicht mehr darüber nachdenkt, dass es sich um ein Programm handelt.

Man konnte bereits über Menschen lesen, die eine KI geheiratet haben. Ein Mann schloss so mit einem KI-Chatbot die Ehe. Zuvor hatte er sich in den Avatar verliebt – der für ihn „immer da gewesen ist“.

KIs sind immer da. 24/7. KIs sind auch nachts erreichbar. Für einen Austausch bzw. einen Termin mit einer KI gibt es keine Wartezeiten.

Das wird auch gefährlich, wenn Menschen mit psychischen Störungen so Hilfe suchen. Wenn man ChatGPT um eine psychologische Beratung bittet, weist sie unter anderem darauf hin: „Bitte beachten Sie, dass die Fragen nur als Leitfaden dienen sollen, um Ihre Gedanken und Gefühle zu erkunden, und nicht als Ersatz für eine umfassende Beratung oder Therapie.“

Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT, Bard und Co. weisen zwar darauf hin, dass man sich dann Unterstützung beim Psychologischen Berater oder Psychotherapeuten suchen sollte.

Die Frage ist, ob das an dieser Stelle reicht und der Fragende dann abwarten möchte oder lieber direkt den nächsten „Prompt“, also eine Frage bzw. einen Arbeitsbefehl, tippen möchte, um „unterhalten zu bleiben“. Es geht also wieder einmal um (Selbst-)Verantwortung bei den neuen Möglichkeiten und Wegen mit ChatGPT, Bard und was da noch alles kommt.

Es wird in Zukunft um die Menschen gehen, die daran arbeiten, sichere und nützliche Chatbots zu entwickeln, die den menschlichen Bedürfnissen und Werten dienen können. Es wird aber auch um die Menschen gehen, die Künstliche Intelligenzen nutzen und wie sie sie nutzen, auch in Bezug auf Themen aus der Psychologie und Psychotherapie.

Jenny Miosga
Psychologische Beraterin, Trainerin, Zufriedenheitscoach

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