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Trauma ... Folgen ... Therapieansätze

Ein Trauma ist ein stresserzeugendes Ereignis, das sich außerhalb normaler menschlicher Erfahrung bewegt und von so katastrophalem Ausmaß ist, dass es fast bei jedem Menschen eine tiefe Verzweiflung hervorruft. Es ist der Zustand einer subjektiv extrem bedrohlich wahrgenommenen Situation, auf die der Mensch nicht vorbereitet ist und die all seine Bewältigungsstrategien übersteigt. Hier erleidet er ein hohes Maß an seelischer und/oder körperlicher Verletzung und hat keine Möglichkeit, dieser Situation zu entfliehen.

Selbst kleinere Unfälle, medizinische Routineeingriffe können eine Traumatisierung hervorrufen. Das hängt ganz von der Fähigkeit der Stressregulierung des Menschen ab und von seiner körperlichen Verfassung.

Traumata werden unterschieden in Monotrauma und komplexe Traumata.

Von einem Monotrauma oder Schocktrauma sprechen wir dann, wenn es sich um ein traumatisches Erlebnis handelt, das zufällig passiert ist, also ein einmaliges Erlebnis. Hier gibt es einen klar benennbaren Anfang und ein festes Ende.

Komplexe Traumata finden sich bei Ereignissen wieder, die absichtlich geschehen und sich immer wiederholen. Man spricht auch von einem „Man-made-Trauma“, also durch den Menschen verursacht.

Beispiele: Missbrauch, Übergriffe, Gewalttaten, Folter, Krieg, Operationen etc. Bei einem komplexen Trauma gibt es keinen eindeutigen Anfang und kein klar abgrenzbares Ende.

Egal, ob ein Monotrauma oder komplexes Trauma vorliegt, die Bindung, die wir in der Kindheit zu unseren Bezugspersonen erlebt haben, hat einen maßgeblichen Einfluss auf das Verarbeiten eines Traumas, sowohl auf der körperlichen als auch der psychischen Ebene, denn das sind Muster, die ein Leben lang bestehen, da diese in der Kindheit angelegt worden sind.

Stell dir vor, als Kind von zwei Jahren bist du hingefallen und hast dir wehgetan. Im Normalfall beruhigen dich deine Eltern und sind für dich da, umarmen dich und sagen dir liebevolle Worte.

In diesem Augenblick erfährt dein Körper Sicherheit und du kannst dich beruhigen. Somit ist das Nähe- und Sicherheitsbedürfnis gestillt, was neben anderen ein wichtiges Grundbedürfnis von uns Menschen ist.

Wenn niemand da ist, der dich beruhigt, geht der Alarmmodus los und du entwickelst Gefühle wie Ohnmacht, Hilflosigkeit, Angst etc. Diese Erfahrung prägt sich tief im Nervensystem, im Körper ein und somit trägst du dieses Muster mit ins Erwachsenenalter.

Das hat aber eben auch mit dem Zustand des Gehirns und mit den Frequenzen in diesem Alter zu tun. Ein Baby, das auf die Welt kommt, ist im Delta-Zustand, d. h. der Körper ist im Aufbau. Dieser Zustand steht auch mit dem Unterbewusstsein in Verbindung. In diesem Alter existiert aber noch kein richtiges Bewusstsein, das über Erinnerungssequenzen verfügt. Alles, was das Baby erlebt, prasselt ungefiltert ins Unterbewusstsein.

Im Alter von zwei Jahren wechselt es langsam in den Theta-Wellen-Zustand, der bis zum sechsten Lebensjahr bleibt. Die Informationen aus dem Unterbewusstsein gelangen langsam ins Bewusstsein, was zu einer erhöhten Aufnahmebereitschaft des Unterbewusstseins führt.

Deshalb sind die ersten sechs bis sieben Jahre entscheidend für die Wahrnehmung. Hat das Kind in diesen Jahren also viel Freudvolles wahrgenommen, wird sich dies auch positiv auf die Verarbeitung von traumatischen Ereignissen auswirken bzw. umgekehrt.


Grundsätzlich ist es auch wichtig zu verstehen, dass ein Trauma nicht im Ereignis selbst liegt, sondern im Nervensystem, also im ganzen Körper. Dabei übernimmt das vegetative autonome Nervensystem hier eine wichtige Rolle, da es die unbewussten Vorgänge steuert, wie Atmung, Blutkreislauf und Herzfrequenz. Es ist in jeder Sekunde damit beschäftigt, die Informationen abzugleichen, um uns vor potenziellen Gefahren zu schützen.

Zum vegetativen Nervensystem gehören auch der Sympathikus und der Parasympathikus.

Der Sympathikus stellt im Notfall genug Energie bereit, damit der Mensch aus der Situation fliehen kann, und schüttet dabei Hormone wie Adrenalin usw. aus. Symptome wie Herzrasen, Unruhezustände, schnellere und flache Atmung, Schweißausbrüche sind als körperliche Begleiterscheinungen sicherlich ein Begriff, ebenso wie Gefühle der Angst, Ohnmacht, Panik etc.

Der Parasympathikus wirkt auf das Nervensystem wiederum beruhigend und reguliert die Körperfunktionen auf ihr normales Niveau runter, sodass wir wieder in einen entspannten und ausgeglichenen Zustand geraten.

Aber auch Vorgänge im Gehirn spielen hier eine entscheidende Rolle. Wenn eine lebensbedrohliche Situation vorliegt, wird zunächst das rationale Gehirn, der Neokortex, ausgeschaltet. Das Stammhirn leitet dann mit dem Abfeuern von Impulsen die Flucht-, Kampf- oder Erstarrungsfunktion ein.

Die Amygdalla, auch Angstzentrum genannt, liegt im limbischen System und gerät in Aufruhr. Sie reagiert in Sekundenbruchteilen auf optische Eindrücke und Geräusche, überprüft eingehende Informationen auf potenzielle Bedrohungen und sendet die Informationen an den Hypocampus zur Speicherung und Überführung ins Langzeitgedächtnis.

Dabei ist der Hypocampus sozusagen wie ein Bibliothekar oder Wächter zu verstehen, der alle Erinnerungen in Schubladen ablegt, sortiert und zu einem Ganzen verarbeitet.

Dazu gehören alle Bilder, Gedanken, Gefühle sowie auch die Körperempfindungen. Nur wenn alle Sequenzen dann ein einheitliches Bild ergeben, erfolgt die Speicherung im Langzeitgedächtnis und traumatische Inhalte werden nur noch als normale Erinnerungen wahrgenommen. Triggerreize wie Panikattacken, Flashbacks oder diverse körperliche Reaktionen fallen somit weg. Wenn jedoch diese Verarbeitung im Gehirn nicht stattfinden kann, entstehen oft Traumafolgestörungen mit den vielfältigsten Symptomen. Man sagt auch, dass Folgestörungen entstehen, wenn der gesamte Energieüberschuss beim Bewältigen der Bedrohung nicht vollständig entladen werden konnte und im Körper verbleibt.

Zu den Folgestörungen können gehören: Angststörungen, Depressionen, psychosomatische Störungen, Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen u. v. m. Die PTBS gehört zu den häufigsten Folgestörungen, zusammen mit ihr können komorbid auch noch andere Störungsbilder auftreten. Ein Substanzmittelmissbrauch wie Drogen und Alkohol ist hier keine Seltenheit.

Typische Traumasymptome sind: Flashbacks (immer wiederkehrende Erinnerungen in Form von körperlichen Symptomen) oder Träumen, Vermeidung von Aktivitäten oder Menschen, vegetative Übererregung mit Panik, Herzrasen oder Untererregung mit Lethargie, Teilnahmslosigkeit, depressiver Verstimmung, Gefühl der Leere, abrupten Stimmungsschwankungen wie Wutgefühle oder Schamreaktionen, Schlafstörungen u. v. m. Durch Traumafolgestörungen können auch psychosomatische Erkrankungen wie Magenschmerzen, Hauterkrankungen, Migräne, Allergien etc. ausgelöst werden.

Hier ist es wichtig, die richtige Therapie zu finden. Eine Traumatherapie verläuft in drei Phasen, zunächst hat Stabilisierung und Sicherheit die oberste Priorität, dann erfolgt die Konfrontation und zum Schluss die Integration. In der Phase der Stabilisierung werden mit bestimmten Übungen, wie Atemübungen, Yoga, Klopftechniken, Tresorübungen oder der Integration eines inneren sicheren Ortes Ressourcen aktiviert, positive Glaubenssätze und Stärken herausgearbeitet.

Das wichtigste Ziel ist, Stabilisierung wieder in ein Kontrollgefühl zu bekommen, ohne Situationen, Menschen und Orte zu vermeiden und sich von seinen Gefühlen nicht mehr überfluten zu lassen. In der Konfrontationsphase werden die früheren Erlebnisse durch verschiedene Techniken aktiviert, um einen Zugang zum traumatischen Material zu erlangen, damit traumatische Erlebnisse nur noch Erinnerungen werden und Symptomfreiheit geschaffen wird.

Konfrontationsverfahren können sein: Stuhlübungen, Biofeedback, EMDR, Somatic Experiencing nach Peter Levine, IRRT (Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy) u. v. m.

In der SE-Therapie nach Peter Levine wird mit den Empfindungen des Körpers gearbeitet, da das Trauma ja im Körper sitzt. Diesen Empfindungen wird unter Begleitung Raum gegeben, da sein zu dürfen, um die gebundene Energie im Körper aufzulösen, z. B. über das Zittern oder auch Panikattacken – so lange, bis der Körper hier eine Beruhigung erfährt und das Trauma sich auflöst.

Im Rahmen der Inneren-Kind-Arbeit, also der Arbeit mit den verletzten inneren Anteilen wird der Mensch über Hypnotherapie in die Traumasituation begleitet. Hier ist das Ziel, alle Bilder, Gedanken und Gefühle, die traumatisch waren, zu einem Puzzle zusammenzufügen und auf emotionaler und physischer Ebene zu verändern, was dann zur Folge haben soll, dass das Erlebnis im Langzeitgedächtnis abgelegt wird. Denn wenn in der Kindheit schon traumatische Erfahrungen gemacht worden sind, kann es im Zustand einer emotionalen Übererregung sein, dass der Mensch in dieses alte Erfahrungsmuster hineinrutscht, sich dessen aber nicht bewusst ist und in Panik oder Angstzustände verfällt.

Die EMDR-Methode, Eye Movement Desensitization and Reprocessing, wird vorrangig bei Monotraumata angewandt. Mittels Fingerbewegung von links nach rechts oder umgekehrt konzentriert sich der Patient darauf, mit den Augen den Fingern zu folgen. Das hat eine bilaterale Stimulation des Gehirns zur Folge, sodass Traumainhalte dadurch schneller verarbeitet werden können.

In der letzten Phase, der Integrationsphase, wird auf körperlicher Ebene erlernt, dem Körper wieder zu vertrauen und sich in ihm wohlzufühlen, ein besseres Selbstwertgefühl zu entwickeln, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen und sich selbst der beste Freund zu sein.

In allen Phasen ist aus meiner Sicht das Wichtigste die Wahrnehmung im Hier und Jetzt und zu erkennen, dass das Gefühl von Angst, Panik etc. ein altes Gefühl ist und mit dem Heute nichts mehr zu tun hat. Das ist jedoch nur möglich, wenn man sich gut in seinem Körper spürt und einen guten Kontakt zu ihm hat.

Dazu dient in der Regel der Notfallkoffer mit seinen Schatzstrategien, wie Düfte, Igelbälle, saure Bonbons, Wahrnehmungsübungen im Hier und Jetzt, Körperabklopfen oder Tastübungen.

Manuela Steinbach
Traumasensibles Coaching, Transformationsberaterin nach Robert Betz, Burnout- und Stressberatung, Gesprächsberatung nach Carl Rogers
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