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Altersvorsorge: Mit Aktien aus der Finanzmisere?

Die finanzielle Absicherung im Alter ist für viele VFP-Mitglieder ein wichtiges Thema. War die Suche nach der passenden Form der Altersvorsorge schon zu Null-Zins-Zeiten (bei allerdings geringer Inflation) schwierig, machen sich etliche Selbstständige um ihre „Rente“ inzwischen ernsthaft Sorgen. Die Teuerungsrate steigt bedrohlich, die Hypothekenzinsen haben bereits zugelegt und sollen weiter steigen. Der leichte Anstieg der Guthabenzinsen kann da bei Weitem nicht mithalten. Wer sein Geld auf einem Spar- oder Termingeldkonto liegen hat, kann quasi zusehen, wie das Ersparte an Wert verliert, weil die Inflation den Guthaben-Zins „auffrisst“.

Im Internet wird häufig der Handel mit Aktien beworben: Geld verdienen vom Sofa aus, ohne Provision zu zahlen und ohne Bank. Doch die Deutschen sind im internationalen Vergleich eher „Aktienmuffel“.

Wie funktionieren Aktien eigentlich?

Als Anfänger kann man zwei Arten von Aktien unterscheiden: solche, auf die eine Dividende ausgeschüttet wird, und solche ohne Dividende. Die Dividende ist eine Art Bonus für die Anteilseigner des Unternehmens (also die Aktionäre), die ja mit ihrem Geld die Firma mitfinanzieren.

Manche, gerade jüngere, Unternehmen investieren alle Überschüsse in das Wachstum des Betriebs. In diesen Fällen gibt es keine Dividende. Der Reiz einer solchen Aktie liegt in dem erhofften Kursgewinn: Erwartet wird, dass die Firma kräftig weiterwächst, die einzelnen Aktien immer teurer werden und man sie eines Tages mit einem ordentlichen Gewinn verkaufen kann. Mit anderen Worten: Wenns gut läuft, bringt der Verkauf der Aktien einmalig einen tollen Ertrag. Aber eben nur einmal und nur wenns gut läuft.

Unternehmen, die länger am Markt sind, zahlen meist Dividenden auf ihre Aktien. Sie präsentieren sich als solide Größe mit mehr oder weniger stabiler Wachstumsprognose. Große Kursgewinne sind nicht unbedingt zu erwarten. Die Dividende ist also eine Art Dank für das Vertrauen (und das Geld) der Anteilseigner. Wer in sog. Dividendentitel investiert, dem geht es meist auch nur in zweiter Linie um den Kurs der Aktie.

Wichtiger ist diesen Anlegern in der Regel die Dividende. Die wird – solange das Unternehmen gesund ist und es sich leisten kann – meist jährlich, zuweilen auch vierteljährlich, an die Aktionäre ausgeschüttet. Wie hoch sie ausfällt, legt die Aktionärsversammlung fest.

Im Fokus der Anleger liegt im Allgemeinen aber nicht die Höhe der Dividende in Euro und Cent, sondern die Dividendenrendite, also quasi die Verzinsung des angelegten Kapitals. Die Rendite errechnet sich aus dem Verhältnis von Kaufpreis zu Dividende: Angenommen, eine Aktie kostet 172 Euro. Ausgeschüttet wird eine Dividende von 3,20 Euro pro Aktie. Das ergibt eine Dividendenrendite von 1,86 %. Eine andere Aktie kostet 19 Euro. Es wird allerdings auch nur eine Dividende von 57 Cent ausgeschüttet. Dennoch ist die Rendite hier deutlich höher, nämlich 3 %.

Während bei Titeln ohne Dividende der Kurs mehr oder weniger ständig im Auge behalten werden sollte, damit die Aktie zu einem guten Zeitpunkt verkauft werden kann, können Dividendentitel grundsätzlich durchaus eine Weile im Depot bleiben: Solange die Hauptversammlung nichts anderes beschließt, wird eine Dividende gezahlt. Wie sich der Aktienkurs entwickelt, spielt dabei keine Rolle und wird für den Anleger im Grunde erst interessant, wenn er die Aktie verkaufen will – oder muss.

Und was bestimmt, wie sich der Kurs einer Aktie entwickelt? Die schlichte Antwort: Angebot und Nachfrage. Je mehr Anleger eine bestimmte Aktie kaufen wollen, desto teurer wird sie. Werden dagegen viele Aktien verkauft, geben die Kurse nach.

Komplizierter ist die Antwort auf die Frage, warum eine Aktie begehrt ist und eine andere nicht. Hier können etliche Faktoren eine Rolle spielen: betriebsinterne Entwicklungen, Analysten-Kommentare, Anhebung oder Kürzung der Dividende, politische Entscheidungen, die Situation von Tochterunternehmen, die allgemeine Zinsentwicklung (je höher die Zinsen, desto unattraktiver werden allgemein Aktien), wirtschaftliche Verflechtungen, juristische Auseinandersetzungen, konjunkturelle Erwartungen der jeweiligen Branche, Fusionsgerüchte und vieles mehr.

Eine treffsichere Einschätzung gelingt selbst den Profis der großen Bankhäuser nur bedingt – sonst bräuchten sie längst nicht mehr zu arbeiten. Hinzu kommen Unwägbarkeiten wie die Coronapandemie oder der Ukrainekrieg und seine Folgen, die sich branchenübergreifend auf fast alle Aktien negativ auswirken. Der deutsche nach dem russischen Überfall beispielsweise von über 16 000 Punkten auf unter 13 000 Punkte.

Bei näherer Betrachtung zeigen sich also gerade für Anfänger mögliche Fallstricke beim Aktienhandel. Beispielsweise die Frage: Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Aktie zu kaufen? Profis raten oft dazu, eine Aktie „im Fallen“ zu kaufen oder dann, wenn sie im Keller ist. Aber weiß man, ob und wann sich der Kurs wieder erholt? Die klare Antwort: Nein, das weiß man nicht. Man kann es nur vermuten.

Wenn die Papiere eines Unternehmens, das seit 30 Jahren im DAX ist und deren Kurs sich seit Jahren langsam aber kontinuierlich nach oben entwickelt haben, im Zuge des Ukrainekriegs 25 % an Wert verlieren, scheint es eher wahrscheinlich, dass sich der Kurs auf Sicht wieder erholt.

Aber eine Garantie dafür gibt es nicht. Aktienkurse können drastischen Schwankungen unterliegen; in Aktien angelegtes Kapital ist Risiko-Kapital. So gibt es z. B. vergleichsweise junge Unternehmen, deren Angebot genau zur durch die Coronapandemie veränderten Lebenssituation der Menschen passte. Die Kurse dieser Titel legten kräftig zu; wer frühzeitig gekauft und zum richtigen Zeitpunkt verkauft hatte, konnte satte Gewinne verbuchen.

Inzwischen aber hat sich der Wert mancher dieser Aktien annähernd halbiert; eine Dividende zahlen die auf Wachstum ausgerichteten Unternehmen meist ohnehin (noch) nicht. Wer jetzt noch diese Titel hält, dürfte sich zumindest ärgern und muss möglicherweise lange warten, um seine Investition wieder herauszubekommen. Es kann also böse Folgen haben, Geld in Aktien zu investieren, das man in absehbarer Zeit brauchen wird, und auch die Investition in solide DAX-Titel ist nicht ohne Risiko.

Noch deutlicher zeigen sich mögliche Risiken eines Aktieninvestments beim Blick auf den „Wirecard“-Skandal: Seinerzeit von vielen Medien gehypt und von der Politik als deutscher „global player“ der Finanzbranche umworben, entpuppte sich das Unternehmen als gigantische Geldvernichtungsmaschine.

Vor diesem Hintergrund raten Profis, auf keinen Fall alles auf eine Karte zu setzen. Stattdessen sollte das Investment breit angelegt sein und auch nicht nur Aktien umfassen.

Wann kaufen – wann verkaufen?

Wie die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt des Kaufs ist auch die nach dem „besten“ Verkaufsmoment im Vorhinein kaum zu beantworten. Denn oft stellt die eigene Psyche dem Aktionär ein Bein. Steigen die Kurse, könnten sie ja noch weiter steigen – man will die Aktie ja nicht zu früh verkaufen und auf einen möglichen Gewinn verzichten. Und wenn der Kurs nach einem Spitzenwert wieder sinkt – soll man jetzt verkaufen oder lieber warten, ob der Kurs nicht doch wieder steigt? Soll man fallende Aktien verkaufen, um den Verlust im Rahmen zu halten? Oder soll man nicht vielleicht sogar im Gegenteil gerade dann nachkaufen, obwohl man bei einem höheren Kurs schon viel Geld für die Aktie ausgegeben hat?

Gerade aus der Sicht eines „Anfängers“ hat die Zusammenarbeit mit einem Berater (immer m/w/d) eines Geldinstitutes trotz höherer Kosten durchaus Vorteile. Ein guter Berater wird zunächst das „Risikoprofil“ des Anlegers ermitteln: Ist jemand ein konservativer Anleger, der auf Nr. sicher gehen will? Erinnert die Haltung eher an einen Glücksspieler? Oder ist die individuelle Einstellung zur Geldanlage irgendwo dazwischen zu verorten? Meist wird auch gefragt, warum sich jemand für Aktien interessiert, ob man mit den Grundzügen dieses Investments vertraut ist und was man sich davon verspricht. Mancher sieht sich nach so einem Gespräch bestärkt oder merkt, dass andere Anlagen – etwa Fonds – die persönlich bessere Alternative sind.

Gute hauptberufliche Berater kennen die Vorlieben, Ziele und Risikobereitschaft des Kunden, wahren aber eine professionelle Distanz zu dessen Investment, die der Betreffende selbst kaum wahren kann – geht es doch um das eigene Geld.

Wer Erfolg mit einem Aktiengeschäft hatte, sucht meist nach einer Möglichkeit, das Geld schnell wieder anzulegen. Gerade wenn die Guthabenzinsen im Keller sind und die Inflation ungeahnte Höhen erreicht, macht das grundsätzlich auch Sinn.

Doch der Berater kann helfen, Schnellschüsse zu vermeiden, und gibt mit der fachlich versierten Meinung zu diesem oder jenem Investment, dieser oder jener Aktie wertvolle Entscheidungshilfen.

Im Idealfall tritt der Berater eines Geldinstitutes als neutraler Profi auf, für den der Erfolg des Kunden wichtig ist, aber nicht die Art der Geldanlage oder der Kauf bestimmter Aktien.

Jens Heckmann
Experte für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Mitglied im Service-Team des VFP

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