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Mut

fotolia©E. ZacherlIn einer Frauengesprächsrunde, in der es auch um Mut ging, erzählte jede von ihnen, dass es in ihrem Leben einen Punkt gab, an dem sie sich für ihr jetziges Leben entschieden habe. Diese Entscheidung war häufig nicht leicht und zudem oft auch mit einer Unruhe oder einer gewissen Angst verbunden. Schließlich ging es in eine neue Richtung oder eine andere als erwartet oder erhofft. Trotz allem merkte aber auch jede Einzelne, dass es für sie keine andere Entscheidungsmöglichkeit gab. Jede wollte etwas tun, hinter dem sie stehen konnte. Alle wollten jeden Tag aufs Neue ohne Scham dem Blick ihres Spiegelbilds standhalten.

Oft ist eine bestimmte Entscheidung kei ne bequeme Lösung. Sie ist nicht der ein fachere Weg. Sie ist kein typischer Weg, den jede andere auch gehen würde. Sie ist ihr persönlicher Weg, es ist der eigene Weg. Jede der Befragten bereute nicht, diesen Weg gegangen zu sein. Und jede ging ihn auf die ureigene Weise.

Als ich zwei Söhne allein großzog (später nur einen, weil der Ältere zu seinem Vater zog) und spät ein Studium begann, war das eine große Entscheidung für mich. Aufgrund meines Alters und meiner Vorbildungen fiel ich aus allen Fördermöglichkeiten heraus. Ich musste also überlegen, ob ich mich wirklich in der Lage glaubte, meinem Sohn und mir ein Dach über dem Kopf, Essen, Kleidung, Krankenversorgung, Versicherungen etc. neben dem Vollzeitstudium durch Jobs zu finanzieren. Keine einfache Entscheidung. Ich fühlte mich oft ganz schön allein. Und Studiengebühren sowie Materialien wollten auch noch mitfinanziert werden!

Doch nach einem einschneidenden gesundheitlichen Erlebnis und einer glücklicherweise gut verlaufenen OP mit positivem Befund wusste ich, dass ich endlich meiner Kreativität einen angemessenen Raum geben musste, weil es mich sonst mein Leben kosten würde (diesmal war ich noch gut davongekommen!). Ich hab es mir wirklich nicht einfach gemacht. Lag oft lange wach und betete für eine Lösung. Und dann war da diese Bibelstelle in meinem Kopf:

„Sehet die Vögel unter dem Himmel an:
Sie säen nicht, sie ernten nicht,
sie sammeln nicht in die Scheunen;
und euer himmlischer Vater nährt sie doch.
Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?“
Matthäus 6:26

Und ich betete zu Gott, dass ich mich darauf berufen würde und jetzt seine Unterstützung bräuchte. Er möge doch bitte unsere Schritte leiten und segnen und für uns sorgen.

So kam es auch. Ich habe viel gearbeitet. Täglich studiert, anschließend verschiedene Jobs gemacht. Manchmal hatten wir sehr wenig zu essen. Aber immer das Nötigste. Und manchmal mehr, dann haben wir das gefeiert, mein Sohn durfte sich ein Essen wünschen, oder wir gingen mal ins Kino.

Mein Sohn hat mich sehr unterstützt, er hat mir durch das Studium geholfen in seiner liebevollen Bescheidenheit, und dafür bin ich ihm sehr dankbar!

Wir hatten sogar oft genug, um anderen abgeben zu können, und was gibt es Schöneres?

Zu mir wurde oft gesagt, ich sei mutig. Ich sehe das gar nicht so. Ich meine, ich habe einfach getan, was ich tun musste und konnte, und alles, so gut es ging. Ich dachte auch an meine Vorbildfunktion als Mutter, um zu zeigen, dass man, auch wenn man nicht mehr so jung ist und die Dinge so aussehen, als könnten sie nicht funktionieren, seinen Weg gehen kann. Und darf. Es funktioniert! Ich habe es auch geschafft.

Ich denke immer, dass ich nichts Besonderes bin. Und wenn ich das schaffe, dann können andere Frauen das auch! Früher, als ich jünger war, habe ich gern andere um Rat gefragt, gern auch ältere, lebenserfahrenere Menschen. Die haben mir dann von meinen Träumen abgeraten: Das geht nicht, das schaffst du nicht, das ist zu schwierig, das kostet zu viel Geld ...

Ich habe den Rat angenommen und vieles deshalb nicht gemacht. Aber später erkannte ich, dass diese Menschen mir nur ihre eigenen Ängste mitteilten. Und die hatten überhaupt nichts mit mir zu tun.

Statt zu schauen, wie ich den erträumten Weg beschreiten könnte, rieten sie schon davon ab, bevor es losging. Stopp!

Wir lassen uns von so vielem einengen. Wir haben Bescheidenheit als hohe Tugend anerzogen bekommen, gehört, dass der Schuster bei seinen Leisten bleiben soll und der Bauer nur isst, was er kennt ...

Ich schaue gern in fremde Küchen, probiere hier und da, lasse mich inspirieren. Und bereichern durch alle Erfahrungen. Und wenn ich einen Weg einschlagen möchte, den andere nicht gehen würden? Dann bete ich um Hilfe!

2015 bin ich allein den Jakobsweg von Porto nach Santiago de Compostela gegangen. Ohne die Sprache zu sprechen und als Frau.

Ich habe viel gebetet. Habe gelernt, dass das, was ich brauchte, wirklich brauchte, auch da war für mich. Immer zum richtigen Zeitpunkt. Und noch so viel Schönes mehr! Unbeschreiblich!

Ich empfehle keiner Frau, diesen Weg zu gehen, wenn sie Angst hat. Ich würde immer auf meine Angst hören! Aber wenn es um Dinge geht wie: Schaffe ich das wirklich? Was, wenn ich mir Blasen laufe? Werde ich den Weg auch finden? Werde ich ankommen? Dann: bete! Vertraue!

Wir haben so viele Hilfen um uns herum. Ich folge nach Möglichkeit meinen Eingebungen und bin offen für alles Wunderbare. Und das erhalte ich auch!

Dass man den richtigen Weg beschreitet, heißt nicht, dass nun alles leicht läuft oder keine Arbeit auf einen zukommt. Es ist nur anders. Es fühlt sich trotz der Arbeit befriedigend an. Es fühlt sich richtig an.

Und wenn wir eine Entscheidung treffen, hilft uns alles um uns herum! Nur Mut!

Angela StraubeAngela Straube
Paarcoach, Künstlerin

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Foto: fotolia©E. Zacherl