Zum Hauptinhalt springen

Ein bisschen Motivation, bitte!

fotolia©fotogestoeberIch weiß ja nicht, was Sie gerade machen. Also, ob Sie zum Beispiel im Job oder in einer Weiterbildung sind. Für beides braucht es unter anderem intrinsische Motivation, also tagtäglich die Energie und Kraft aus einem selbst heraus. Das fängt schon beim Weckerklingeln an und endet mit dem Nachbereiten und Für-den-nächstenTag-Vorbereiten oder Wiederholen des Gelernten am Abend.

Lernen Sie gerne? Ich lerne gerade im Rahmen einer Weiterbildung. Wenn die Dozenten referieren und auch mal aus ihrem Leben erzählen, von Fällen und Anekdoten – dann gleiche ich das gerne mit meinen Erfahrungen und meinem Wissensstand ab und füge Neues hinzu. Aber auch wenn die Dozenten gerade Pause haben, lernt man viel und macht Erfahrungen. Der zwischenmenschliche Kontakt in diesem Rahmen ist sehr wichtig. Die Teilnehmer sind im System, sind Gruppe, sind Individuen mit ihren Lebensgeschichten. Sie haben es bestimmt auch schon mal gemerkt: Manchmal ist oder wird das Menschliche dann noch wichtiger als das Fachliche.

Die Menschen reden. Sie reden gerne. Es entsteht eine eigene Dynamik. Das Ganze könnten wir jetzt hier auch unter psychologischen Gesichtspunkten betrachten. Dann betrachtet man z. B. Rollen in der Gruppe und unterschiedliche Aspekte des sozialen Gefüges. Es soll aber hier schlichtweg um Motivation gehen.

Man kann sich als bzw. in der Gruppe gegenseitig motivieren und stärken oder frustrieren und herunterziehen. Ich selbst bin neben meiner Tätigkeit als Psychologische Beraterin auch Dozentin und Supervisorin. Oft genug bekomme ich mit, wie Menschen andere Menschen aus anderen Kursen bewerten. Der Dozent oder die Dozentin wird da auch ganz genau betrachtet, bewertet und kritisiert. Dann geht es schnell um die Dinge, die Teilnehmer einer Weiterbildung dann doch verbindet: die Dinge, die schlecht laufen, ausführlich zu besprechen. Als Teilnehmerin an Seminaren bei anderen Weiterbildungsträgern schaue ich dann gerne mal auf beide Seiten – die des Dozenten und die des Teilnehmers – um mir eine Meinung zu bilden.

Vor ein paar Tagen sollte ich im Rahmen einer Gruppenarbeit mit sechs weiteren Leuten eine Aufgabe vorbereiten. Ich erzählte ihnen, wie es gelaufen ist: Die Aufgabe wurde schnell und lustlos bearbeitet. Die restlichen 20 Minuten wurde ausführlich gebrainstormt und beinahe motiviert referiert zur Fragestellung: „Findest du nicht auch, dass total demotivierend ist, dass ...“ Dann sagte eine Teilnehmerin etwas in diesem Falle Mutiges: „Also, ich weiß, warum ich das hier mache, und suche jeden Tag etwas, das mich motiviert. Mir gefällt der Kurs. Was ich daraus mache, ist ja meins.“ Ich klatschte innerlich Beifall und grinste. Das Grinsen verging mir aber, als ich die fast schockierten, abschätzigen Gesichter der anderen sah. Nein, das sah nicht nach Motivation aus. Schon gar nicht nach Zustimmung oder Anerkennung.

Warum sind wir Menschen bisweilen so? Warum wollen wir manchmal im Negativen bleiben? Warum kritisieren wir so oft ins Negative hinein? Warum suchen wir erst bei anderen und nicht bei uns selbst? Wir sind doch schließlich selbst für uns und für das, was wir daraus machen, verantwortlich, oder? Warum verwenden wir Energie für Subjektivität in einer heterogenen Gruppe? Damit verwehren wir unachtsam dem Einzelnen einen eigenen Blick und manchmal auch eine eigene Wahrnehmung. Warum nutzen wir die Zeit nicht für den konstruktiven Austausch? Warum ist überall so wenig konstruktive Kritik je nach Gegebenheit?

Wie sehen Sie das? Ich bestreite nicht, dass z. B. ein Dozent einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, wie man Lerninhalte und den Tag wahr- und aufnimmt. Doch liegt es nicht wirklich auch an mir? Wenn ich unter vielen positiven Aspekten etwas Negatives finden möchte, tue ich das. Wenn ich lästern will, kann ich das. Das ist klar. Wenn ich mich selbst und andere herunterziehen will, schaffe ich auch das. Doch, hey – wer hat Mut, einer Gruppe, die gerade sich selbst den Blick auf Wissen und das vielleicht Wesentliche verwehrt, andere Betrachtungsweisen aufzuzeigen? Man kann aus allem etwas machen.

An dem Tag in dieser Gruppensituation war ich nicht motiviert genug, um dazu etwas zu sagen. Das gebe ich zu. Außerdem hatten mich die letzten Minuten müde gemacht und unsere Zeit war auch zu Ende. Was hätten Sie gemacht oder gesagt? Wie motiviert wären Sie gewesen?

In meinem gestrigen Supervisionstreff habe ich mit erfahrenen „Freien Psychotherapeuten“ über das Thema Motivation nachgedacht, dann über Antreiber und den persönlichen Antrieb eines jeden Menschen. Viele Menschen kommen zu uns und vielleicht auch zu Ihnen und sprechen darüber, dass sie sich mehr Zufriedenheit, mehr Mut oder mehr Antrieb wünschen. Was sagen Sie so einem Menschen?

Auch hier könnte man bei dem Stichwort „Antrieb“ die Diskussion in Richtung Psychotherapie weiterführen und an Anzeichen für gewisse Krankheitsbilder denken. Aber Sie und ich brauchen auch keinen besonderen Fokus auf die Antriebshemmung oder dergleichen, um mit Menschen über Motivation zu sprechen. Jeder hat Phasen oder Gründe, auch mal nicht „total“ motiviert und voller Elan zu sein. Das darf man sich auch mal „gönnen“. Finde ich. Das gehört doch zum Rhythmus des Lebens, oder nicht?

Doch wie merken Sie, wann Sie sich wieder aufraffen und den Rücken durchstrecken sollten? Welche Anhaltspunkte und welche Unterstützung geben Sie diesbezüglich Klienten und Ihren Lieben? Unterstützen Sie direkt, wenn jemand nicht sehr motiviert erscheint oder ist Ihnen das ziemlich egal? Es kommt darauf an, oder?

Es kommt darauf an, ob der- oder diejenige die Hilfe haben möchte und braucht. Ist es nicht auch ein gutes Gefühl für die Person, am Ende festzustellen, dass sie es alleine geschafft hat, sich zu motivieren und die Dinge in Angriff zu nehmen? Manchmal braucht es keinen Anstoß oder keine Unterstützung zur Motivation.

Im vergangenen Sommer habe ich etwas erlebt, das ich gerne zu diesem Punkt mit Ihnen teile. Ich saß auf dem Balkon. Auf meinem Balkon stand in einer Ecke eine fast mannshohe Bananenpflanze.

Ihre Blätter schienen sich in der Sonne zu räkeln. Wenn ich mir die Mitte der Pflanze anschaute, sah ich noch zusammengerollte Blätter, die wie ein Trichter aussahen. Wenn es regnete, sammelte sich in diesem „Blätternest“ auch ein wenig Wasser.

Ich saß also da und träumte Tagträume, dachte nach und sah den Bienen und Hummeln zu, die von Blume zu Blume flogen. Eine Hummel verirrte sich wohl ein wenig, flog gegen ein Blatt der Bananenpflanze und landete im Blätter-Loch. Ich hörte es tief aus der Pflanze summen und brummen.

Mich hatte vor Jahren eine Biene gestochen, der ich aus einem Glas helfen wollte. Der Stich schmerzte noch in meiner Erinnerung. Sollte ich also helfen? Es schien, als käme die Hummel nicht mehr alleine aus dem Loch heraus. Sie versuchte es immer wieder. Ich hätte ihr natürlich ganz tolle Tipps geben oder den Weg zeigen können. Doch da versagten die Möglichkeiten der Kommunikation. Die Pflanze samt Topf war zu schwer, um sie anzuheben und zu neigen. Kein Stock war da als Retter in der Not.

Während ich noch fieberhaft nachdachte, machte es summ und die Hummel war herausgeflogen. Ich musste über mich selbst lachen. Gut gemacht, kleine Hummel. Die war sicherlich auch froh. Es hatte sie bestimmt viel Energie gekostet, wieder nach oben zu kommen. Aber sie hatte es geschafft. Nicht zuletzt aus der Motivation heraus, zu überleben. Sie hatte es geschafft ohne mein Zutun. Ohne mein „Komm, du schaffst das!“ auch nur gehört zu haben.

Es geht im Alltag nicht ums Überleben. Es geht eher um das Erleben. Das Erleben des Tages. Das Erleben des Lebens. Was bringt Sie auf Trab? Wie setzen Sie sich Ihre Ziele und reicht Ihre Motivation den ganzen Weg bis zur Zielerreichung aus?

Ich möchte Sie heute dazu motivieren, sich ein wenig mit Ihrem Leben und Ihrer Motivation auseinanderzusetzen. „Der Mensch ist nichts anderes, als was er aus sich selber macht.“ Das kommt von Jean-Paul Sartre.

Was kommt dazu von Ihnen? Von mir kommt dazu: Sie, die psychologisch und psychotherapeutisch Interessierten, wissen, wie wichtig der Zusammenhang zwischen Fühlen, Denken und Erleben ist. Wenn man seine Lebensenergie betrachtet und Verlust oder Fehlen ausmacht, braucht es zum einen Motivation, um auch weiter hinzusehen und zu hinterfragen. Es braucht zum anderen manchmal Unterstützung von außen, um genauer hinzusehen und zu hinterfragen. Aber was ein Mensch daraus macht, ist am Ende immer noch seins, oder?

Wer hilft, wenn man seine Motivation nicht findet? Zum Beispiel der (Motivations-) Coach, der Psychologische Berater oder der Heilpraktiker für Psychotherapie. Wann hilft er? Es kommt darauf an ...

... aber wenn, dann
mit Motivation, bitte!

Jenny MiosgaJenny Miosga
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Geprüfte Psychologische Beraterin, Trainerin, Dozentin, Autorin, VFP-Mitglied
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Foto: fotolia©fotogestoeber