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Fallstudien aus der Praxis

Psychologische Lebensberatung

Eine junge Frau von ca. 35 Jahren suchte den Kontakt zu mir. Sie war mir von der Person her bekannt, lebte in demselben Ort wie ich. Ihr Gesichtsausdruck war von Trauer und Enttäuschung, eher Resignation gezeichnet. Bei ihrem ersten Besuch bei mir,berichtete sie mir von einer chronischen Nebenhöhlenentzündung, vor allem aber von Angstzuständen. Sie traue sich nicht zu, mit ihren beiden Söhnen (5 u. 7 Jahre alt) eine geplante Mutter-Kind-Kur anzutreten. Diese Kur sei ihr von der Großfamilie "verordnet" worden.

Außerdem berichtete sie von Suizidgedanken – diese seien manchmal durchaus massiv gewesen, jetzt aber schon wieder in der Versenkung verschwunden. Nach meiner Einschätzung lag zum Zeitpunkt des Erstgesprächs keine Eigengefährdung mehr vor. Vom Hausarzt hatte sie ein leicht stimmungsaufhellendes Mittel erhalten (Johanniskraut), nahm es aber inzwischen nicht mehr. Auf mich wirkte die Klientin sehr nervös, überschlug sich beim Sprechen, sprach mit erstickter Stimme. Tränen ließ sie jedoch nicht zu, glaubte sie müsse "stark" sein, sich "aufrecht halten". Das erste Gespräch verlief aber trotzdem sehr ruhig. Die angenehme Atmosphäre bei mir, in meinen Räumen, sei sehr anprechend und ermunternd für sie. Sie wagte es, sich ein wenig zu öffnen – sie war auf der Suche nach Lösungen für ihre Situation und von daher war ein sehr wichtiger Schritt von ihrer Seite schon getan.

Mit Entspannungsverfahren und klientenzentrierten Gesprächen zu arbeiten, ist meine Form der Beratung (Atem-Techniken, Atem- Meditation, Entspannung nach Jakobsen und Reiki – dies in einer Kurzanwendung zur Entspannung). Von Reiki hatte sie gehört und gelesen, war darauf auch etwas neugierig.

Durch die Entspannungsverfahren gelang es, dass sie zur Ruhe kam. Sie bewirkten auch, dass sie nun ganz locker und frei über ihre persönlichen Themen sprechen konnte und sie öffnete sich mehr und mehr, so dass wir über verschiedene Sichtweisen ihrer Situation sprechen konnten. Bis zu ihrem Termin der Mutter-Kind-Kur waren es noch drei Wochen. Diesen Zeitraum nutzte sie und kam zweimal wöchentlich zu mir zu Gesprächen und Entspannungsübungen, von jeweils ca. 90 Min. Dauer. Parellel dazu war sie noch bei einem Heilpraktiker in Behandlung und erhielt von diesem Bachblüten. Darüber haben wir uns dann ausgetauscht, so dass dies alles sehr gut zusammenwirken konnte.

Nach den sieben Besuchen bei mir fühlte sie sich stark genug, um mit ihren Kindern in die Kur zu fahren. Sie war richtig erleichtert darüber und im Nachhinein überrascht, wie gut dann alles verlief.

Nach zwei Monaten kam sie noch einmal zu zehn Gesprächen, die in unterschiedlichen Zeitabständen, aber doch zusammenhängend stattfanden. Die schon als drohend im Raum stehende Einweisung durch den vorher von ihr aufgesuchten Facharzt für Psychotherapie in eine naheliegende psychiatrische Klinik konnte abgewendet werden. Allerdings stimmte sie einer Rücksprache meinerseits mit diesem Arzt nicht zu. Im Verlauf der Gespräche festigte sie sich und war dann zuversichtlich, auch die anderen Themen ihres Lebens bewältigen zu können.

Etwa ein Jahr später kam die Klientin nochmals ganz aufgelöst zu einem Notfalltermin zu mir: Sie hatte "im Traum" einen Suizidversuch unternommen – das hatte sie sehr geschockt. Dieses Thema haben wir dann in kleinen Schritten, mit schriftlichen Aufzeichnungen bearbeitet. Dabei haben wir Kernsätze formuliert und focussiert – und nach einigen Stunden, in die auch immer wieder Entspannungsverfahren eingegliedert waren, hatte sich dieser Schock dann aufgelöst. Sie war sich dessen und ihres festen Lebenswillens sicher und es war auch mein Eindruck. Durch meine Hilfestellung ergriff sie dann eigene Initiativen, um ihr persönliches Potential weiterzuentwickeln: Sie setzte sich mit Büchern, Schriften, Entspannungsmusik, Körperprogrammen usw. auseinander und ist seitdem auf dem Weg, ihre eigene Stärke zu finden und zu leben.

Ihr Ehemann hat sich nach langer Phase des Beobachtens auch in diversen Abständen an einigen Gesprächen beteiligt; er steht seiner Frau zur Seite und die beiden bilden eine relativ gute Einheit. Das bedeutet u. a.: Sie wächst in das Familienunternehmen hinein, hat ihren Platz dort eingenommen und ist sich mittlerweile dessen bewusst, dass sie einmal die Chefin sein wird, wenn die als sehr dominant bezeichnete Schwiegermutter aus dem Unternehmen ausscheidet. Das soziale Umfeld spielt dabei eine ganz gravierende Rolle, insbesondere die Situation, unter ständiger Beobachtung der Öffentlichkeit zu stehen und daher auch einem ständigen Druck ausgesetzt zu sein.

Ich erlebte selbst auch dieses soziale Umfeld, die "Gnadenlosigkeit", die von den Mitmenschen – oft unbewusst – an den Tag gelegt wird. Sie wurde von vielen Personen beobachtet, vielleicht schon unter dem Gesichtspunkt: "Na, wann ist es denn so weit? Wann kommt sie denn in die Psychiatrie?".

Wer im Einzugsgebiet einer solchen Klinik lebt – so war es in früheren Zeiten, in einer ländlichen Gegend – und wer psychisch (nach dem Urteil des Umfeldes) nicht ganz stabil war, der wurde schnell mit Vermutungen, quasi dorthin "geredet".

Die Begleitung durch mich, war zunächst von den Mitmenschen der Gemeinde unbeobachtet geblieben, denn ich lebte ja auch an diesem Ort. Doch das änderte sich, denn sie hat mich sehr begeistert weiterempfohlen, was meiner Arbeit positive Impulse und Aufschwung gegeben hat.

Dieser "Fall", der für mich kein Fall ist, sondern – wie bei allen anderen Personen, die sich an mich wenden – eine Begegnung von Mensch zu Mensch, hat mich persönlich sehr berührt. Ich spürte die Hilflosigkeit, die Resignation dieser jungen Frau, die schon fast keinen Ausweg mehr zu sehen schien, ihre Situation zu verändern. Sie sollte in eine "vorgefertigte Rolle" dieses Familienunternehmens eingegliedert werden und dagegen rebellierte sie.

Ich spürte das Vertrauen, welches sie mir entgegenbrachte, und das war und ist immer noch für mich ein ganz wichtiger Punkt. Ihr Vertrauen begründet meine Verantwortung, ganz fest bei mir selbst zu sein und ihr meine Empathie entgegenzubringen; zu spüren, was von ihr kommt, mich darauf einzulassen, es zu transformieren und ihr in ihrer Sprache Aufklärung über ihre Empfindungen und Emotionen nahezubringen. Damit kann ich einem Menschen in den für ihn schwierigen Situationen zur Seite stehen und ihn begleiten, so dass er dann durch die erhaltenen Impulse wieder festen Boden unter den Füßen bekommt und wieder alleine gehen kann. – Das bringt auch mir in meiner Arbeit große Dankbarkeit und Zufriedenheit. Es ist die Liebe zu den Menschen, die mich trägt, wenn ich mich ihnen ganz widme, ihnen meine ganze Aufmerksamkeit schenke und sie als Menschen so respektiere, wie sie sind. In dieser Atmosphäre können sich auch gute Möglichkeiten entwickeln, die die Klienten als Perspektive für sich sehen und nutzen können, was eine andere Klientin einmal so erklärte:

Sie las in vielen Büchern und Schriften zur Lebensberatung einiges, was sie aber nicht so richtig verstehen konnte. Dann wandte sie sich mit ihren Fragen an mich. Ich hätte dann die richtigen Worte gefunden, die sie verstehen und dann auch umsetzen konnte: Ich sei so etwas wie eine "Übersetzerin".

 

lebensberatung

Christa Gerda Haarmann, Jg. 1949
gelernte Einzelhandelskauffrau, 1987–1994 Versicherungsfachfrau mit eigener Agentur,
selbstständig im Außendienst, 1994 –1997 Ausbildung zur Psychologischen Beraterin an der Paracelsus Schule Osnabrück,
1994 –1999 sozialpädagogische Familienhelferin beim Jugendamt sowie Berufsbetreuerin beim Amtsgericht Diepholz
und Osnabrück, seit 2000 Anstellung als "Gästeführerin" und Museumspädagogin auf Schloss Waldeck (Saisontätigkeit),
seit 2004 eigene Lebensberatungspraxis am Edersee, Hobbymalerin mit bislang drei Ausstellungen

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