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Pädagogisches Puppenspiel in der Therapie von Kindern und Erwachsenen

fotolia©TapilipaPsychodrama und Puppenspiegel

Therapeutisches Puppenspiel verfolgt mehrschichtige Ansätze und kann daher sehr gut in diverse Therapie- und Beratungsansätze eingebracht werden. Puppen bilden in der Psychotherapie schon lange einen festen Baustein in der Arbeit vor allem mit Kindern und Jugendlichen. Gerade da es häufig Menschenpuppen sind, stellen sie Abbilder der Menschen selbst dar. An diesen kann der Klient selbst oder unterstützt durch den Therapeuten Elemente der eigenen Persönlichkeit, des Charakters und einzutrainierende Verhaltensweisen ausprobieren. Dem Therapeuten/Berater (immer m/w) entsteht so die Möglichkeit der Interpretation, aus der er gemeinsam mit seinem Klienten/Patienten individuelle Ansatzpunkte seiner Arbeit definieren kann. Die Puppe hat sozusagen das letzte Wort und gibt kaum Widerworte.

Puppen in der Therapie zu verwenden, basiert auf der Entwicklung des Psychodramas nach Jacob L. Moreno (1892–1974), der seine Methode auf die Beobachtung des Rollenspiels und Spiels von Kindern auf Spielplätzen stützte. Gemäß Moreno kann nun alles, was auf einer inneren Bühne vorhanden ist, auch auf eine äußere Bühne gebracht werden. Gefühle, Emotionen, Haltungen und Verhaltensweisen werden im Außen gespielt, unter Zuhilfenahme von Figuren, Gegenständen und anderen Personen können so die inneren Probleme im Außen widergespiegelt und bearbeitet werden.

Das Psychodrama mit Handpuppen bringt viel Spaß und Freude, denn hier steht häufig im Vordergrund: „Ich spreche nicht selbst – sondern lasse die Puppe sprechen“.

Hierbei muss klar ein Warnzeichen gesetzt werden, denn gerade die Leichtigkeit, einen tiefen Zugang zum Klienten mit einer Puppe zu bekommen, kann schnell das Grundwesen einer Beratung oder pädagogischen Hilfe für Kinder in eine Psychotherapie umwandeln. Tiefe traumatisierende Themen können sehr leicht berührt werden und hier sollte der Therapeut, der Puppen in dieser Richtung einsetzt, sehr gut ausgebildet sein. Für viele Beratungsansätze ist dies jedoch nicht gewollt.

App FP 0219 Komplett Page47 Image3Puppen im pädagogischen Einsatz

Puppen können bei pädagogischen Themen einen enormen Vorteil gegenüber anderen herkömmlichen Materialien darstellen. Sie spiegeln das innere Erleben wider und stehen häufig für Gefühle, Ängste, Sorgen etc. Somit kann die Puppe verwendet werden, um einmal seinen ganzen Frust über diese kundtun zu können. Damit dies auch so geschehen kann, empfiehlt es sich, anfänglich einen ungezwungenen Umgang mit der Puppe herzustellen.

Hierbei geht es noch nicht um ein Theaterspiel und schon gar nicht um eine Bühne. Kinder und Erwachsene neigen zu Beginn dazu, mit der Puppe eine Art Schauspiel aufführen zu müssen. Sie geben sich damit eine Bühne, was zu einem späteren Zeitpunkt sehr sinnvoll wird. In der pädagogischen Arbeit, z. B. mit legasthenen Kindern, wird eine intensive Auseinandersetzung weniger Einfluss nehmen, aber im gesamten Verhalten lässt sich häufig erklären, warum gerade dieses oder jenes Verhalten zu beobachten ist. Eine Puppe kann hierbei gute Lösungsansätze vermitteln, denn nun kann z. B. der Therapeut/Berater über die Puppe mit dem Kind sprechen und die Puppe fragen, ob sie weiß, warum das Kind sich denn gerade so verhalten hat. Hierbei kann die Technik der zirkulären Fragestellung verwendet werden, wie sie häufig in der Familien- und Paartherapie Anwendung findet.

In meinem Konzept zur Verbesserung der Motivation und zur Unterstützung der Legasthenietherapie: „Die Bauchreden-Therapie, Pädagogisch-/therapeutischer Zugang zu legasthenen und ADHS-Kindern durch Bauchreden“ erläutere ich die positive Verwendung von Handpuppen in diesem sehr speziellen Einsatzbereich der Lerntherapie. Gerade das Modell der Puppe als Co-Therapeut kann im täglichen Arbeitsumfeld immer wieder belegt und bestärkt werden. Die Aufgaben des Co-Therapeuten liegen hierbei faktisch auf der Hand. Hier ein Auszug aus der Bauchreden-Therapie: „Entsprechend der Biografie, die der Therapeut der Puppe gegeben hat, lässt sich auch eine Rolle daraus entwickeln. Der Co-Therapeut kann klüger und intelligenter als der Trainer sein und nimmt ihm immer das Heft aus der Hand oder er ist so wie sein Klient, auch ein Legastheniker, der sehr gerne bei Lese- und Lautierungsübungen mithilft, aber halt immer etwas Falsches tut. Es liegt nun am Trainer, sich gut und intensiv mit den Charakteren auseinanderzusetzen und vorzubereiten.“

Am Anfang muss die Scheu überwunden werden, dass man mit einer Puppe spricht, dass andere einen dabei sehen und hören können. Hierbei kann das Kind sitzen, muss aber nicht, häufig sind sogar Bewegungen im Raum von Vorteil. Beim therapeutischen Puppenspiel spielt das Kind für sich, die Spielprozesse stehen im Vordergrund und alles das, was es beim Kind bewirkt. Der Therapeut greift hierbei nicht ein, sondern spielt nach Anweisung des Kindes einfach mit. Das Kind steht dabei im Mittelpunkt.

Puppen im therapeutischen Einsatz

Die Hauptaufgabe des Therapeuten im therapeutischen Puppenspiel liegt eher darin, genau zu beobachten, zu versuchen, die Innenwelt des Kindes zu erkennen, die Symboliken des Spiels zu deuten, um alles in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Hierfür ist ein fundiertes Wissen über die Ich-Entwicklung und die Entwicklungsarchetypen sinnvoll. Bei dieser Betrachtung wird auffallen, dass es eine Vielzahl von Thesen und Modellen gibt, was wiederum eine intensive Auseinandersetzung mit sich bringt.

Beim therapeutischen Puppenspiel bekommt die Puppe keinen eigenen Charakter, um besser als Projektionsfläche dienen zu können. Der Therapeut versucht, ein Spiel aufzubauen, sofern dieses nicht vom Kind kommt. Hier können Geschichten erfunden werden und ggf. sogar Märchen nachgespielt werden.

Ein klarer Unterschied ist z. B. beim Puppenspiel für Bauchredner zu sehen, denn dabei geht es nicht um Märchen, sondern um Dialoge mit der Puppe, so, als ob sie ein eigenständiges Lebewesen wäre. Dennoch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, wie wichtig Märchen sind und dass sie durchaus auch als Dialogbasis dienen können. Gerade bei kleineren Kindern kann es durchaus vorkommen, dass eben anfänglich keine Dialogform verwendet wird, sondern eine Art Theateraufführung stattfindet.

Fallbeispiel: Einsatz einer Handpuppe in der Familienarbeit eines Scheidungsfalls

Die teilnehmenden Personen waren die Mutter, der Vater und ein 6-jähriges Kind. Grundlage der Arbeit war der Wunsch der Eltern, die bereits körperliche und seelische Veränderungen bei ihrem Kind feststellten, dass es dem Kind besser gehen soll. Über die Situation der Scheidung, die für das Kind eher zweitrangig zu betrachten ist, wurde ein großes Schweigen gelegt – eigentlich wollte man die bisherige Familiensituation dem Kind gegenüber aufrechterhalten. Jedoch wurde schnell klar, dass dies aus praktischen Gesichtspunkten heraus weder für den Vater noch für die Mutter möglich war. So kam der Vater zwar zum Abendessen, verließ aber das Haus, sobald das Kind zu Bett gebracht wurde. Wenn das Kind wieder aufwachte und ins Wohnzimmer kam, stellte es fest, dass der Vater nicht mehr da war.

Die Familie kam zu mir und berichtete von diversen Problemen des Kindes und davon, dass ein Zugang zu ihm schwierig sei.

Da in meinem Institut ohnehin viele Puppen vorhanden sind, war es für das Kind nicht schwer, eine „Wunschpuppe“ zu finden. Ich selbst nutzte ebenfalls eine Puppe, hierbei sei erwähnt, dass ich einen plüschigen Co-Therapeuten habe, und so entstand von Puppe zu Puppe ein Dialog. Das Kind hatte anfänglich vorhandene Abwehrhaltungen relativ schnell abgebaut. Im weiteren Verlauf wurden Vereinbarungen mit den Eltern und dem Kind getroffen. Schön zu erwähnen ist, dass die Wunschpuppe nun auch weiterhin das Kind begleitet und bei jedem Termin sofort genutzt wird.

„Die Puppe übt eine tolle Faszination aus und so können sich nicht nur Kinder öffnen und werden in kürzester Zeit anfangen, mit den Puppen zu sprechen. Damit dies auch funktioniert, muss der „Puppenspieler“ exakt wissen, was zu tun ist. Das wird in diesem Seminar vermittelt. Eine wertvolle Fortbildung für in der Pädagogik, Lehre, Bildung, Integration, Erziehung und Therapie Arbeitende und alle Interessierten.“

Siegfried EberleSiegfried Eberle
Dozent an den Paracelsus Schulen. Er entwickelte die Bauchreden-Therapie in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Das pädagogische Puppenspiel ist dabei ein wichtiger Bestandteil.
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Foto; fotolia©Tapilipa