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Prüfungsarbeit

Abschlussarbeit zur Ausbildung

Psychologische Beratung/Psychotherapie

an der Deutschen Paracelsus Schule Freiburg

Thema: Sportsucht im Freizeitsport

Christine Bösch Litschgistr. 15 • 79189 Bad Krozingen

Juli 2001

Inhalt

Fallbeispiel Frau F

1. Einleitung

2. Klinische Untersuchung und Diagnostik

2.1 Klinische Diagnostik

2.2 Persönlichkeitsdiagnostik nach Friedmann

3. Allgemeines zur Therapieplanung und zu den therapeutischen Verfahren

3.1 Warum es wichtig ist einen Plan zu machen

3.2 Konkrete Therapieplanung

4. Therapeutisches Vorgehen

4.1 Beratungsgespräch - Lösungsorientierte Kurztherapie

4.2 Beratungsgespräch ILP

4.3 Zwei weitere ILP - Beratungsgespräche Abschlussgespräch, Therapieerfolg

5. Schlussbetrachtung

Literatur

 

Falldarstellung

Frau F. ist eine junge Frau, 21 Jahre alt, groß und sehr schlank, mit kurzem Haar. Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass sie sehr blass und müde, ja sogar erschöpft aussieht. Frau F. klagt über immer wieder auftretende Bauchschmerzen, Ruhelosigkeit, Stimmungsschwankungen, ständige Müdigkeit und Schlaflosigkeit. Das alles hätte vor ungefähr einem Jahr angefangen. Früher sei dies anders gewesen. Frau F. spricht sehr melodisch und akzentuiert, ihr Gesichtsausdruck ist lächelnd gewinnend und obwohl ihre Bewegung en kontrolliert sind wirkt sie unruhig. Sie sitzt aufrecht auf dem Stuhl und hat ihre Beine elegant übereinandergeschlagen. Eigentlich hätten ihre Eltern sie überredet zu kommen, weil sie sich Sorgen um sie machen wegen ihres Gewichtsverlustes und des „isolierten" Lebens das sie führe. Als Kind sei sie immer freundlich und ausgeglichen gewesen, stets nett und höflich zu den Erwachsenen. In der Pubertät wuchs dann ihr Interesse zum Sport und gleichermaßen beschäftigte sie sich auch mit gesunder, ausgewogener Ernährung. Sport sei in ihrem Leben vorrangig, denn nur dann, wenn sie sportlich aktiv sei, ginge es ihr gut, meint sie. Medizinisch wurde alles abgeklärt, aber ohne Befund. Die Diagnose des behandelten Arztes lautet „Somatoforme Schmerzstörung und Erschöpfungszustände". Der Arzt gab ihr lediglich die Empfehlung etwas weniger Sport zu treiben und sich einer psychotherapeutischen Betreuung zu unterziehen. Frau F. leidet unter den Vorwürfen ihrer Familie und ihren Freunden, denn diese fühlen sich stark vernachlässigt. Manchmal habe sie auch Angst ihren Freund zu verlieren, denn auch er beschwert sich, dass sie mehr Zeit für ihren Sport als für ihn hätte. Es ginge ihr aber körperlich und auch geistig viel besser, wenn sie intensiv Sport treibt, sagt sie. Außerdem sei es ja bekannt das Sport gut tut! In jeder freien Minute ginge Sie joggen, Rad fahren, schwimmen oder ins Fitnessstudio. Irgendwie fühle sie sich richtig hilflos, denn ohne sportliche Aktivitäten von mindestens drei Stunden pro Tag ginge es ihr psychisch und physisch schlecht, aber gleichzeitig seien ihr gute Beziehungen und Kontakte wichtig, für die keine Zeit mehr bleiben, meint sie.

1. Einleitung

Das Thema der vorliegenden Abschlussarbeit hat sich aus persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen entwickelt, die ich während meiner zehnjährigen Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter gesammelt habe. Ich habe mitbekommen, wie Beziehungen in Mitleidenschaft gezogen, Kinder oder Arbeit vernachlässigt wurden, es ständige Konflikte in der Ehe gab, ja bis hin zur Ehescheidung - und das nur, weil Sport an erster Stelle stand. Wobei oftmals andere Gründe vorgeschoben wurden. Auch habe ich „am eigenen Leibe" erfahren, dass man wirklich von Sport abhängig werden kann, sowohl psychisch, als auch physisch. Anhand eines tatsächlich durchgeführten Fallbeispieles möchte ich sowohl verdeutlichen, wie auch Sport im Freizeitbereich zu einer „Sucht" werden kann, als auch nachweisen, wie effektiv die Methode der Integrierten Lösungsorientierten Psychologie (ILP) nach Friedmann (trotz geringem Zeitaufwand) wirkt. Studien zum Sportverhalten von essgestörten Menschen sind bekannt (vgl. ICD - 10, F 50.0 Anorexia nervosa. Zu den diagnostischen Leitlinien gehört der selbst herbeigeführte Gewichtsverlust zum Beispiel durch übertriebene körperliche Aktivität; F50.01 Anorexie mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtstabnahme). Es erscheint jedoch genauso interessant - PRÜFUNGSARBEIT und untersuchungswürdig zu sein, „sportgestörte" Menschen hinsichtlich ihres Essverhaltens zu untersuchen. Bei dieser Umkehrung der Perspektive wird jedoch schnell deutlich, dass das Konstrukt „exzessives Sporttreiben" schwer zu fassen ist. Ein Grund dafür ist, dass sportliche Aktivitäten aus der Sicht der Gesellschaft positiver konnotiert werden als gestörtes Essverhalten. Glasser (1976) formulierte eine Theorie der Steigerung innerer Stärke durch die Entwicklung positiver Süchte. Zu den positiven Süchten zählt Glasser (1976 das meditieren und das Joggen. Jede Tätigkeit oder Aktivität kann demnach zu einer positiven Sucht gezählt werden, wenn sie folgende Kriterien erfüllt:
  • Die Aktivität nimmt täglich eine Stunde Zeit in Anspruch und ist nicht kompetitiv.
  • Die Durchführung der Aktivität ist einfach und erfordert keine große mentale Anstrengung.
  • Die Aktivität ist alleine durchführbar, unabhängig von anderen.
  • Der Durchführende beurteilt selbst, ob er die Aktivität als physisch, psychisch und/oder spirituell nützlich erlebt.
  • Die Aktivität darf bei dem Durchführenden keine Kritik oder Selbstabwertung bewirken.
Weiter räumt Glasser (1976) ein, dass die Unterlassung solcher Aktivitäten zu Entzugserscheinungen führt. Somit ist ein Symptom der Sucht gegeben. Insofern ist die Bezeichnung der positiven Sucht kritisch zu betrachten. Diese Form von Sucht wird jedoch günstiger bewertet als eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen. Schumacher (1986) setzt den Begriff der Abhängigkeit dem der Sucht gleich. Es gibt Individuen, die in bestimmten Bereichen - wie z.B. im Sport - Verhaltensweisen und Erlebensweisen entwickeln, die als „süchtig" bezeichnet werden können. Die Sucht soll hier als psychologisches Problem aufgefasst werden. Als solches kann es unabhängig von Suchtmitteln existieren (Weber, 1984). So kann z.B. auch der Sport dazu dienen, ein inneres Unbehagen oder eine innere Spannung zu betäuben. Zentrale Merkmale können demnach die Symptome nach Gross (1992) sein, die da sind: Kontrollverlust, Entzugserscheinungen, Wiederholungszwang, Dosissteigerung, („more effect"), Interessenabsorption und Zentrierung, gesellschaftlicher Abstieg sowie psychischer und körperlicher Zerfall. Sucht soll hier als unabweisbares Verlangen nach einem bestimmten Gefühls-, Erlebnis- und Bewusstseinszustand definiert werden. Dieser Zustand kann einerseits durch psychotrope Substanzen (Abhängigkeit), aber eben auch durch entgleiste Verhaltensweisen (Sucht) hervorgerufen werden. Auf die Verwendung des Begriffes Sucht soll hier bewusst nicht verzichtet werden. Eine Abgrenzung zwischen der in der klinischen Psychologie und Psychiatrie verwendeten Terminologie zu der stoffgebunden Abhängigkeit ist dadurch möglich. Es gibt kein diagnostisches Klassifikationssystem, welches die Sportsucht definiert. Unterschiedliche Autoren haben verschiedene Bezeichnungen für die Sportsucht. Zum Beispiel spricht Glasser (1976 von „positiv addiction" bei Läufern; Sachs (1981), Chapman und de Castro (1990) sprechen von „running addiction", Morgan (1979, Hailey und Bailey (1982) von „negative addiction", Carmack und Martens (1979 von ,commitment to running"; Morrow und Harvey (1990) von ,exermania" und ,exercise dependence", ebenso von ,exercise dependence" spricht Kline, Franken und Rowland (1993) und schlussendlich beschreibt Yates(1994) „obligatory runners". Es wird zwischen einer „positiven" Sucht und einer „negativen" Sucht unterschieden. Das Konstrukt der Sportsucht wird übereinstimmend über die vier folgenden Hauptsymptome definiert:

A. Körperliche und psychische Entzugserscheinungen bei Trainingsausfall

Kann der Sport über eine gewisse Zeit, gewollt oder ungewollt, nicht ausgeübt werden, so kommt es bei den süchtigen Sportlern zu körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen. Im einzelnen handelt es sich um Symptome wie Depressionen, Ruhelosigkeit, Ärger, Aggressivität, Stimmungsschwankungen, Selbstwertdefizite, Minderwertigkeitsgefühle, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Muskelverspannungen auf der körperlichen Ebene (vgl. Chapmann Et de Castro, 1990; Harten 1991; Morgan 1979; Morrow, 1990; Rümmele, 1986). Sachs (1981 beschreibt darüber hinaus Gefühle der Angst, der Schuld und des Zwangs, wenn 24-36 Stunden kein Sport ausgeübt wird. In Anlehnung an die Symptome der stoffgebundenen Abhängigkeit (vgl. DSM - IV Punkt 4,8,9 der Abhängigkeitssymptomatik) kann man feststellen, dass der Sport eingesetzt wird, um Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden.

B. Die Kontrolle bzw. die Zentralität des Sports im Leben der Sportler

Der Sport nimmt eine zentrale Stellung im Leben der Sportsüchtigen ein. Der Tagesablauf wir so geändert, dass die Arbeit oder soziale Kontakte hinter den sportlichen Aktivitäten stehen. Die Betroffenen denken nur noch an Sport (vgl. Morgan, 1979; Morrow, 1990). In der Phantasie entwickeln die Läufer das Gefühl der Besonderheit und Einzigartigkeit (Sachs Et Sacks, 1981). Zudem kommt es zu Änderungen des Lebensstils, z.B. im Schlaf- und Essverhalten (Harten, 1991). Yates (1994) spricht von zwanghaften Sportlern, die den Sport dazu benützen, ihr Leben zu strukturieren und zu kontrollieren. Es wird Sport getrieben, um sich zu zeigen und sich Selbst zu definieren. Der Sport kontrolliert den Menschen und nicht umgekehrt er ihn (Cockerill £t Riddington, 1996).

C. Die geänderten sozialen Interaktionen durch das Sporttreiben

Übereinstimmende Aussagen gibt es auch hinsichtlich der sozialen Interaktion der sportsüchtigen Sportler. Sie vernachlässigen Ihre Familie und ihre Freunde. Beruf und Partnerschaft leiden unter den sportlichen Aktivitäten (Morgan, 1979). Streit und Schwierigkeiten werden bewusst in Kauf genommen (de Veale, 1987). Rümmele (1986) spricht von einem sozialen Zerfall.

D. Die körperlichen Schäden, die durch den exzessiven Sport entstehen

Die Entwicklung einer Sportsucht wird vereinzelt als Prozess beschrieben (vgl. Chapman £t de Castro, 1990; Morgan, 1979). Bestimmte quantitative Merkmale werden vorausgesetzt, damit sich eine Sportsucht entwickelt. Die negative Sucht ist eine Folge der positiven Sucht. Die Grenzen sind dabei fließend (Sachs, 1981). Als einziger Autor fordert de Veale (1987) eine Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Abhängigkeit. Unter der sekundären Sportabhängigkeit versteht er die Sportsucht, die infolge einer Essstörung auftritt. Erst wenn eine Anorexie oder Bulimie ausgeschossen werden kann, kann man von einer primären Sportabhängigkeit sprechen.

PRÜFUNGSARBEIT

Erklärungsansätze zur Entstehung der Sportsucht:

1. Biochemische Erklärungsansätze (z.B. Endorphinausschüttung/Conboy, 1994)

2. Angst als Motivation für sportsüchtiges Verhalten (z.B. Angst vor dem Altern)

3. Sportsucht und das Bedürfnis nach Kontrolle (Cockerill u. Riddington, 1996)

4. Freie Erklärungsansätze (z.B. durch relativ geringen, jedoch regelmäßigem Zeitaufwand ist relativ schnell Erfolg spürbar)

Die Begründung der Entstehung einer Sportsucht reduziert sich auf biochemische und persönlichkeitspsychologische

Erklärungsansätze. Darüber hinausgehende Erklärungsversuche orientieren sich an Einzelfällen oder persönlichen Erfahrungen

und sind nicht wissenschaftlich haltbar.

2. Klinische Untersuchung und Diagnostik

2.1 Die klinische Diagnostik

In der Regel beginnt die klinische bzw. psychiatrische Untersuchung (vgl. Brunnhuber/Lieb 1996, S. 5ff.) mit einem ausführlichen Erstgespräch, in dem der psychische Befund und die Anamnese erhoben werden soll. Zu Anfang des Gesprächs ermutigt man den Klienten (im klinisch/psychiatrischen Bereich würde man hier vom „Patienten" sprechen) seine Probleme bzw. Beschwerden zu schildern. Dabei achtet der Untersucher auf das äußere Erscheinungsbild, auf Gestik, Mimik, Sprache also auf das Verhalten als Ganzes. Im weiteren Verlauf des Gesprächs werden dann gezielt Fragen gestellt, um eine Übersicht über die Lebensgeschichte und das Befinden des Klienten zu gewinnen. Hierzu wird in erster Linie die aktuelle Krankheitsgeschichte, die biographische Anamnese und die Familienanamnese erhoben (vgl. Frank 1997, S. 290ff.). Anhand dieser Informationen lässt sich dann eine vorläufige Diagnose stellen, die im weiteren Verlauf auszudifferenzieren ist. Zudem werden auch differentialdiagnostische Überlegungen angestellt, um andere Krankheitsbilder auszuschließen. Evt. könnten auch körperliche und/oder testpsychologische Untersuchungen indiziert sein. Es ist festzustellen, dass es kein Therapieprogramm oder Manual zur Behandlung der Sportsucht gibt. Das mag darauf zurückzuführen sein, dass keine therapeutische Erfahrung mit der Behandlung von sportsüchtigen Menschen schriftlich fixiert oder gar evaluiert ist. Die Ursache dafür kann die fehlende diagnostische und differentialdiagnostische Kenntnis dieses Konstrukts sein. Von Medizinern werden ausschließlich körperliche Symptome von Sportsüchtigen wahrgenommen und therapiert. Psychische Symptome werden nicht mit der Sportsucht in Zusammenhang gebracht. Auch die schleppende wissenschaftliche Diskussion über ein problematisches Sportverhalten verstärkt diesen defizitären Forschungsstand. Dennoch gibt es theoretische Vorschläge für eine therapeutische Herangehensweise an diese Problematik. Sachs (1981) beschreibt folgende Schritte. Zuerst bedarf es der Aufklärung und Information über das Phänomen der Sportsucht. Der Betroffene muss sich seiner Sucht bewusst sein. An erster Stelle steht das Reduzieren des täglichen Trainingsumfangs und die Bewältigung der Entzugssymptome die damit verbunden sind. Ähnliche Gesichtpunkte der Therapie werden von Niederhammer (1991) vorgeschlagen. Aus der Beobachtung (laut Fallbeschreibung) ergibt sich, dass die Klientin, Frau F., müde, blass und erschöpft aussieht. Sie ist groß und sehr schlank. Trotz kontrollierter Gestik erscheint Sie unruhig. Ihre Stimme ist melodisch und sie spricht akzentuiert. Aus der Selbstschilderung der Klientin zufolge leidet sie seit ungefähr einem Jahr unter Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Ruhelosigkeit und immer wiederauftretenden Bauchschmerzen. Sie erwähnte, dass früher alles anders gewesen sei (in ihrer Kindheit). Als Jugendliche kam ihr Interesse zum Sport und gesunder Ernährung zum Vorschein. Nach und nach vernachlässigte sie wegen des Sports ihre Freunde und Familie. Auch erwähnte sie die Angst ihren Freund zu verlieren. Den Eltern scheint aufzufallen, dass sie an Gewicht verliert und ein „isoliertes" Leben führt, dem widersprach sie nicht. Nach ihren Schilderungen muss sie täglich mindestens drei Stunden Sport treiben, um sich körperlich und psychisch gut zu fühlen. Sport hat Vorrang, aber Beziehungen sind ihr sehr wichtig. Allein aus diesem Befund lässt sich keine sichere Diagnose ableiten. Dennoch weisen Beobachtungen und Selbstschilderung auf „exzessives" oder gar „süchtiges" Sporttreiben hin. Es bedarf jedoch einer weiteren Abklärung durch gezielte Fragen. Für die Definition, Ätiologie und Therapie des Konstruktes der Sportsucht aus psychologischer Sicht ist es wichtig eindeutig Symptome zu kennen. Es ist zu vermuten, dass es sich bei der Sportsucht um eine eigenständige stoffunabhängige Suchtform handelt. Aus klinischer Sicht betrachtet, kann es im medizinischen wie im psychologischen Bereich zu Fehldiagnosen kommen, wenn nicht zumindest differentialdiagnostisch die Sportsucht mit in Betracht gezogen wird. Beispielhaft soll an dieser Stelle auf die medizinische Intervention bei Wettkämpfern mit Schmerzen hingewiesen werden oder auch auf die Suchtverlagerung, die bei trocken Alkoholikern oftmals zu beobachten ist. Im Sinne einer Komorbidität z.B. bei Anorexiepatientinnen gilt es auch, eine Definition der Sportsucht zu kennen. Folgende Itembeispiele geben Auskunft über die Symptome der Sportsucht:
  • Ich fühle mich dick und aufgequollen, wenn ich zwei Tage keinen Sport getrieben habe. (Körperliche Entzugssymptome).
  • Ich würde eine Beziehung abbrechen, wenn sie mich hindern würde, Sport zu treiben. (Sozialverhalten).
  • Ich würde darüber nachdenken, ein gefährliches Medikament zu nehmen, z.B. Steroide, wenn ich wüsste, dass es meinen
Körperbau oder meine athletischen Möglichkeiten verbessert. (Risikoverhalten) (Die ,Exercisesaliene Scale" von Morrow und Harvey (1990) In allen Items gibt es signifikante Unterschiede zwischen den süchtigen und nicht süchtigen Sportlern. Es ist festzustellen, dass das Kriterium der Zentralität des Sports für die Definition der Sportsucht von großer Bedeutung ist. Bei der Bewertung der erhaltenden Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass diese auf mittels Fragebögen erhobenen Selbstauskünften der befragten Sportler beruhen. (NAS/ESS) Gerne möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ein(e) Psychologische(r) Berater(in) mit ausreichenden Kenntnissen der Klinischen Psychologie bzw. Psychopathologie in der Lage ist, eine psychiatrische Befunderhebung (mit Ausnahme körperlicher und labortechnischer Untersuchungen) durchzuführen.

PRÜFUNGSARBEIT

Während meiner Ausbildung zur Psychologischen Beraterin in Freiburg habe ich mich bewusst für die Jahresausbildung der Integrierten Lösungsorientierten Psychologie (ILP) nach Dr. Friedmann entschieden. Denn auf Grund eigener Erfahrungen kann ich nachweisen, wie effektiv und wirksam diese Methode ist. Hinzu kommt, dass mit geringem Zeitaufwand (im Vergleich zu anderen Therapiemethoden) viel erreicht werden kann. Rückmeldungen von Klienten, mit denen ich integriert lösungsorientiert gearbeitet habe, bestätigen und ermutigen mich auf diesem Wege weiterzugehen.

2.2 Persönlichkeitsdiagnostik nach Friedmann

Da ich mich (wie schon erwähnt) entschieden habe therapeutisch mit der Integrierten Lösungsorientierten Psychotherapie nach Friedmann (1997) zu arbeiten, spielt das von ihm entwickelte Diagnostikmodell als ein Element dieser Therapie eine wichtige Rolle. Nach Friedmann (1990, 1991, 1993) gibt es drei eigengesetzliche Lebensbereiche: die Beziehung, das Erkennen und das Handeln, und jeder Mensch hat sich aus entwicklungspsychologischen Gründen (infolge kompensatorischen Ausgleichs kognitiver, affektiver und konativer Mangelerfahrungen) auf je einen dieser Bereich spezialisiert und ist dadurch nach Friedmanns Benennungsweise zu einem Beziehungs-, Sach- oder Handlungstyp geworden. Jeder Mensch hat Anteile an allen drei Lebensbereichen, diese sind jedoch in einer strukturtypischen Reihenfolge unterschiedlich besetzt. Der Entwicklungsprozess der Persönlichkeit gelingt nach Friedmann immer nach demselben Muster, aber je nac h Typ mit unterschiedlichem Ausgangspunkt: Die Spezialisierungen im Persönlichkeitsbereich werden angenommen, aber die Aufmerksamkeit verstärkt den vergessenen Qualitäten des „Entwicklungsbereichs" zugewandt. Damit profitiert automatisch auch der letzte Bereich, der „Zielbereich': Persönlichkeiten, die in allen drei Bereichen gleichermaßen entwickelt sind, werden auch von Anderen als ausgeglichen erlebt.

Der Beziehungstyp kann sich z.B. aus seinem Persönlichkeitsbereich Beziehung (besetzt mit Fähigkeiten, die er gut beherrscht) über den Entwicklungsbereich Denken (wenig ausgeprägte Fähigkeiten) zu seinem Zielbereich Handeln (in welchem er sich häufig fremdbestimmt verhält) entwickeln.

Der Sachtyp hingegen sollte sich vom Bereich Erkennen über den Bereich Handeln zum Zielbereich Beziehung entwickeln.

Der Handlungstyp vom Handeln über den Bereich Beziehung zum Zielbereich Erkennen.Während die herkömmlichen Diagnostikmodelle bei den Persönlichkeitstypen und ihren Lebensgestaltungen hauptsächlich die pathologischen, defizitären und destruktiven Seiten wahrnehmen und beschreiben, lenkt die prozessorientierte Persönlichkeitspsychologie den Blick auf die typspezifischen Schlüsselfähigkeiten. Diese Schlüsselfähigkeiten sind ein zentraler Punkt des Friedmannschen Modells, denn erst, wenn jemand seine Schlüsselfähigkeiten aktiviert, gelingt es ihm, in seinen eigenen Entwicklungsbereich zu gelangen. Das bedeutet Ressourcen- und lösungsorientiert zu handeln (therapeutisch: LösungsKompetenz zu entwickeln)! Ziel der Persönlichkeitsentwicklung ist die mehrdimensionale Persönlichkeit, d.h. die ausgewogene Integration aller drei Lebensbereiche im eigenen Ich. Diese Psychographie, d.h. das Erkennen des Persönlichkeitstyps, zeigt seine besondere Stärke in der integrierten Funktion. Sie zeigt die wirksamsten Ansatzpunkte für Veränderungen in festgefahrenen oder auch pathologisch verkrusteten Situationen und lässt sich hervorragend mit modernen und hochwirksamen Psychotherapiemethoden wie z.B. NLP, lösungsorientierte und systemische Therapie verbinden. Das Erkennen des Persönlichkeitstyps und die Berücksichtigung des persönlichkeitsspezifischen Prozesses ist äußerst therapierelevant. Deswegen ist dieses Diagnostikmodell von großer Wichtigkeit. Das persönlichkeitsdiagnostische Modell konzentriert sich auf den „gesunden" Menschen (bzw. die „gesunden" Anteile in ihm), will den Persönlichkeitstyp erkennen, den persönlichkeitstypischen Prozess beschreiben und vernachlässige Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung erweitern, will also letztlich verändernd auf den Menschen einwirken (vgl. Friedmann 1991, S. 113f.). Das klinische Diagnostikmodell hingegen blickt auf den „kranken" Menschen (bzw. auf die „krankhaften" Anteile in ihm) und hat zum Ziel psychopathologische Zustandsbilder zu erkennen, zu beschreiben und einer Krankheitsbezeichnung zuzuordnen (vgl. Scharfetter 1996, S. 31f). Daraus lässt sich schließen, dass beide Modelle den Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln mit unterschiedlichen Zielsetzungen betrachten. Aus der Falldarstellung ist für die Persönlichkeitsdiagnostik folgendes von Bedeutung: Die Klientin, Frau F., ist „groß und sehr schlank" (wobei Gewichtsverlust zu berücksichtigen ist), sie „sitzt aufrecht und hat die Beine elegant übereinandergeschlagen", ihre Stimme klingt „melodisch" und sie spricht „akzentuiert", ihr Gesichtsausdruck ist „lächelnd gewinnend", sie wirkt „kontrolliert", als Kind sei sie stets „freundlich, nett und höflich" den Erwachsenen gegenüber gewesen, auch erwähnt sie die Angst „ihr Freund könne sie möglicherweise verlassen". Diese Beobachtungen und Informationen lassen spontan an einen Beziehungstyp (BT) denken, wobei dies im Erstgespräch zu überprüfen ist. Dabei ist auch zwischen dem „ichbezogenen" BT I und dem „umwelt-bezogenen" BT II zu unterscheiden. Genauso wie in der klinischen Diagnostik beobachtet man das Verhalten des Klienten während des Gesprächs und achtet insbesondere auf den Gesamteindruck, die Haltung, die Sprache und Stimme (vgl. Friedmann 1990, S. 16; 1993, S. 38), zum anderen können gezielte Fragen zum Persönlichkeitstyp gestellt werden (die man z.B. aus Friedmann/Fritz 1996, S. 1 5f.; 1997, S. 295ff. entnehmen kann). Inhaltlich konzentriert man sich hierauf Merkmale, welche die Persönlichkeitscharakteristik widerspiegeln, und nicht, wie in der klinischen Diagnostik, auf psychopathologische Erscheinungen.

Psychographie -Dreieck: Fühlen

PRÜFUNGSARBEIT

Unter der hypothetischen Annahme, (während des Erstgesprächs mit Frau F.) dass die Klientin ein Beziehungstyp ist, wäre diese Erkenntnis für den weiteren Therapieverlauf sehr hilfreich und von großer Bedeutung. Durchaus wichtig könnte auch die Frage des Persönlichkeitstyps des Partners oder der Eltern sein. Denn in typenspezifischen Beziehungskonstellationen zeigt sich auch ein unterschiedliches Beziehungsverhalten, d.h. typische Arten, Beziehungen einzugehen, zu gestalten oder abzubrechen (vg. Friedmann/Fritz 1997, S. 83ff.). Den Typ dritter Personen kann man dadurch ermitteln, indem man die Klientin fragt, die betreffende Person zu beschreiben (ergänzt durch persönlichkeitstypische Fragen).

3. Allgemeines zur Therapieplanung und zu den therapeutischen Verfahren

3.1 Warum es wichtig ist einen Plan zu machen

„Wenn du keinen Plan für dein Leben hast, wirst d u auch nie Ordnung darin haben." (J. Escrivd) Pläne beziehen sich auf unsere zukünftige Wirklichkeit und veranschaulichen unsere Gedanken einer möglichen Realität. Menschen, die planen entscheiden sich dafür, Ihre Zukunft nicht dem „Zufall" zu überlassen, sondern gezielt auf ihren weiteren Lebensweg einzuwirken und diesen zu bestimmen. Sie nehmen sozusagen das Steuer selbst in die Hand. Pläne zu erarbeiten ist nur dann sinnvoll, wenn man auch ein Ziel vor Augen hat. („Quality Life-Seminar", Leo Habets, 1996)

Ziele

Bewusst möchte ich das Thema „Planung und Ziele" hervorheben, denn in den meisten Therapien werden die Bedeutung der Ziele unterschätzt, das gilt vor allem für problemorientierte Therapien. Ich selbst habe schon auf Grund psychosomatischer Störungen eine Gesprächstherapie, Verhaltenstherapie und Transaktionsanalyse bei verschiedenen Psychotherapeuten gemacht, aber keiner der Therapeuten hat mich je nach meinem oder einem Ziel gefragt. Mit meinem jetzigen Wissensstand, dank meiner Ausbildung, kann ich sagen, dass diese 'simple' Frage: „Was ist Ihr Ziel?" mir rückblickend als Klientin sehr geholfen hätte. Denn von Zielen geht eine positive Wirkung aus! Die wohl wichtigste Voraussetzung für einen Plan ist das Ziel. Es kann keinen Plan ohne Ziel geben, denn planen setzt voraus, dass ich etwas erreichen, erzielen möchte, was noch nicht da ist, etwas, was noch nicht verwirklicht ist. Beim Planen sollten wir stets offen bleiben für kreative, intuitive und schöpferische Prozesse. Die Klientin Frau F. erwähnt während des Beratungsgespräches, dass es ihr besser ginge, wenn sie sich einen Tagesplan erstellen würde. Aus ihren Schilderungen ging hervor, dass sie oft planlos lebe, durch ihren Sport „verplant" war und ihre Beziehungen darunter litten. Was sind Ziele? Ein Ziel ist ein in der Zukunft liegender Zustand, den wir heute noch nicht erreicht haben, und wir arbeiten mit allen uns zur Verfügung gestellten Energien, um diesen Zustand zu erreichen. Dies hört sich relativ kompliziert an, ist allerdings im Grunde genommen ganz einfach zu verstehen, denn es geht lediglich darum, dass alles, was wir tun, auf ein Ziel hin gerichtet ist, das wir irgendwann einmal als ein Ziel definiert haben. (Siehe dazu S.Et J. Günster „Ab heute mache ich alles anders" S. 123ff.).
Klientin, Frau F ., vernachlässigte ihre Lebensziele wegen ihrer „Sportsucht". Wichtig als Gegenzug zur „Sportsucht" ist es, für die Klientin, Ziele deutlich und attraktiv zu machen, so dass von diesen Lebenszielen eine positive Wirkung ausgeht. Generell ist es schlecht, wenn man etwas bekämpft, denn dies verhindert üblicherweise eine Veränderung. Deswegen ist es auch wichtig anstelle der „Sportsucht" etwas positives zu setzen, d.h. ein Ziel. Die Klientin sollte also nicht ihre „Sportsucht" bekämpfen, sondern sich andere, für sie positive, attraktive, bekömmliche und realisierbare Ziele setzen. Zu unterscheiden ist auch zwischen eigenen und fremden Zielen, wir sollten unsere Zielformulierungen für uns selbst und nicht für einen anderen Menschen aussprechen. Es gibt auch sogenannte „Versteckte Ziele": viele Menschen formulieren oft ein Ziel, das sie in Wirklichkeit gar nicht erreichen wollen. Es kann z.B. ein unbewusstes Ziel sein, Aufmerksamkeit und Geborgenheit zu empfangen. Deswegen ist es wichtig, festzustellen, ob unser vermeintliches Ziel auch unser wirkliches Ziel ist. Im therapeutischen Zusammenhang geht es darum, die Therapie planend so zu gestalten, dass eine Veränderung im Sinne der „Besserung" für den Klienten eintritt. Um diese Veränderung bzw. „Besserung" zu erreichen, ist es nötig, ganz bestimmte Verfahren, Methoden bzw. Strategien einzusetzen. Während meiner Ausbildung zur Psychologischen Beraterin wurde ich über verschiedene psychotherapeutische Verfahren informiert. Einige Elemente dieser Verfahren finden sich in der Integrierten Lösungsorientierten Psychotherapie wieder. Es hat sich für mich als sinnvoll herausgestellt variabel zu sein - gute Erfahrungen habe ich unter anderem mit der Gestalttherapie nach Perls, Stuhltherapie und der Entspannungstherapie nach Milton Erickson gemacht. Die erwähnten Verfahren lassen sich gut mit der ILP - Methode kombinieren. Es ist für die psychotherapeutischen Verfahren charakteristisch, dass sie (unabhängig von den konkreten Zielformulierungen des Klienten) unterschiedliche Ziele mit verschiedenen Methoden verfolgen, das heißt ganz bestimmte psychotherapeutische Strategien einsetzten, um Veränderungen zu erzielen. In psychodynamischen Therapieverfahren geschieht Veränderung durch Bewusstmachen und Verarbeiten unbewusster, traumatischer Konflikte. Das Verstehen von unbewussten Motiven oder Kräften ist das Ziel (vgl. Pongratz 1983). Veränderung zum einen durch Umkonditionierung, durch Umlernen inadäquater Verhaltensweisen (z.B. durch Systematische Desensibilisierung) erfolgt in kognitiv-behavioralen Therapieverfahren.. Verhalten soll generell verstärkt bzw. abgeschwächt werden. Zum anderen sollten Veränderungen erzielt werden durch kognitive Umstrukturierungen, durch Ersetzen einschränkender kognitiver Muster durch konstruktivere. Dabei soll der Klient Einsicht in (strukturelle bzw. funktionale) Zusammenhänge gewinnen (vgl. Fliegel 1994; Schwartz 1997). In der Gestalt- und Gesprächspsychotherapie, steht u.a. das Erleben im Mittelpunkt. Gefühle sollen zum Ausdruck gebracht bzw. verbalisiert werden (vgl. Dinslage 1990, Höder 1992). In systematischen Therapien versucht man durch Interventionen, z.B. durch Symptom- oder Verhaltensverschreibungen, direkt in das Leben des Klienten einzugreifen, mit dem Ziel Interaktionsund Bedeutungsmuster zu verändern (vgl. Madelung 1996; Weiss/Haertel-Weiss 1991). In der Psychotherapie gibt es sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten bzw. Ansätze zur Einstellungs- oder Verhaltensänderung. Diese psychotherapeutischen Paradigmen werden von verschiedenen Methoden und Zielintentionen getragen. Die Entscheidung für eine bestimmte Therapierichtung hat dementsprechend grundlegende Auswirkungen für die konkrete Vorgehensweise und Planung einer Therapie.

PRÜFUNGSARBEIT

Wie schon erwähnt, ist es für einen Therapeuten bzw. psychologischen Berater sehr hilfreich über mehrere Techniken zu verfügen, mittels denen er intervenieren kann. Insofern sind solche Psychotherapiemodelle von Vorteil, die mit verschiedenen Methoden arbeiten, um einfach mehr InterventionsMöglichkeiten zu haben. So ein Modell ist z.B. die Integrierte Kurztherapie nach Friedmann, die verschiedene Methoden aus der Lösungsorientierten Therapie, aus dem NLP und der Systemischen Therapie integriert und dementsprechend über eine Vielzahl an „Werkzeugen" verfügt, die je nach Persönlichkeitstyp bzw. Problematik gezielt eingesetzt werden können.

3.2. Konkrete Therapieplanung

Es ist charakteristisch für die Integrierte Kurztherapie, dass sie ihre Methoden nicht beliebig einsetzt, sondern in einer persönlichkeits-, prozess- und themenspezifischen Reihenfolge, die sich aus den zugrundeliegenden Theorien der drei eigengesetzlichen Lebensbereiche, der Ich-Zustände und der persönlichkeitstypischen Prozesse ergibt. Friedmann überträgt die Erkenntnisse, die er aus dem persönlichkeitsdiagnostischen Modell gewonnen hat, auf den psychotherapeutischen Prozess, so dass sich für die konkrete Therapieplanung folgende Vorgehensweise ergibt (vgl. dazu: Friedmann 1993, S. 194ff.; 1997, S. 133ff.): Zuerst wird der Persönlichkeitsbereich des Klienten stabilisiert, damit er wieder mehr Selbstvertrauen gewinnt. Um ihn in seinen Entwicklungsbereich zu bringen, versucht man dann seine Schlüsselfähigkeiten zu aktivieren. Entwicklungsbereich = Bereich, wo gewöhnlich Probleme gelöst werden können. Wenn es dem Klienten gelingt seinen Entwicklungsbereich zu entfalten, wirkt sich dies günstig auf seinen Zielbereich aus, insofern er sich dort nicht mehr fremd-, sondern selbstbestimmt verhält. Dieser Prozess wird durch bestimmte Interventionen unterstützt. Je nach Persönlichkeitstyp und Thematik (Beziehungs- , Identitäts- und/oder Handlungsthema) werden die einzelnen Methoden gemäß dem sogenannten „lntegrations-Dreieck" (Friedmann 1997, S. 145) in einer bestimmten Reihenfolge angewandt, um die Veränderungsprozesse im Persönlichkeits-, Entwicklungs- und Zielbereich optimal zu fördern.

Ablauf einer Sitzung Integrierter Kurztherapie (Beispiel Beziehungstyp)

4. Therapeutisches Vorgehen

In einem ausführlichen Erstgespräch versuche ich, wie in Kapitel 2 beschrieben eine „klinische Befunderhebung" zu erstellen, um (soweit es mir möglich ist) psychotische und organisch bedingte Krankheiten auszuschließen, deren Behandlung meine Kompetenz überschreiten würden. Bei der Klientin Frau F. ließ sich bei dem Erstgespräch eine Essstörung (wie z.B. Anorexia nervosa) ausschließen. Danach frage ich nach dem Anliegen oder Problem und (zielorientiert vorgehend) nach den Zielen und Erwartungen des Klienten, erkläre diesem meine Therapiemethoden- bzw. konzepte. Während des Erstgespräches versuche ich den Persönlichkeitstyp zu bestimmen. Die Therapiedauer mache ich davon abhängig, was und wie viel der Klient bearbeiten möchte. Schließlich müssen auch Honorarfragen geklärt werden. Wenn der Klient mit den vereinbarten Bedingungen einverstanden ist kann ich mit der Therapie beginnen.

4.1 Beratungsgespräch - Lösungsorientierte Kurztherapie Beziehungsthema

Beraterin: Was haben Sie auf dem Herzen?

Frau F.: Es drückt mir regelrecht auf meinen Magen, wenn ich an die Vorwürfe meines Freundes (Martin) und auch meiner

besten Freundinnen (Silke und Andrea) denke. Die Vorwürfe belasten mich sehr und ich habe starke Schuldgefühle. Hinzu

kommt mein körperliches Unwohlsein.

Thema: Davon ausgehend, dass Frau F. ein Beziehungstyp ist, stelle ich die Frage: Was haben Sie auf dem

Herzen? Möglich wäre auch: Was ist Ihr Problem? oder Was führt Sie zu mir?

Beraterin: Was ist Ihr Ziel, mit dem Sie hierher gekommen sind?

Frau F.: Ich möchte, dass mein Freund und auch meine Freundinnen mir keine Vorwürfe mehr machen, weil ich zu wenig Zeit für

sie habe.

Dies ist ein verstecktes Ziel. Sie kann zwar beeinflussen, dass Ihr Freund u. ihre Freundinnen ihr keine

Vorwürfe mehr machen, aber nur diese Personen selbst können es unterlassen. Die Beziehungsprobleme

scheinen Vorrang zu haben, was für einen Beziehungstyp nicht ungewöhnlich ist.

Fortsetzung nächstes Heft