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Mythos Hypnose

Die Bedeutung der Aufklärung des Patienten vor Beginn einer Hypnosetherapie und das falsche Verständnis zum Thema Hypnose

In der täglichen Praxis begegne ich leider immer wieder vielen Vorurteilen, Missverständnissen und falschen Überzeugungen, was das Thema Hypnose betrifft. Dieser Umstand hat maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg bzw. Misserfolg der Hypnosetherapie. Von daher sollte eine genaue Aufklärung und Richtigstellung der Tatsachen bezüglich Hypnose, ihrer Phänomene und ihrer therapeutischen Anwendung eine essentielle Pflicht des Therapeuten sein, bedeutend für den weiteren Verlauf der Therapie.

Diese Pflicht liegt mir sehr am Herzen und ich weise auch die Teilnehmer meiner Hypnoseausbildungs- Seminare immer ganz eindringlich darauf hin, diesem Aspekt vor Beginn der eigentlichen Therapie in Form eines Infogespräches Rechnung zu tragen.

Ich unterscheide in der täglichen Hypnosepraxis 4 Grundtypen von Patienten bezüglich ihrer Einstellung zur Hypnose:

2007-01-hypnose2Der Gläubige hat naive Allmachtsansprüche an die Hypnose und glaubt, mit der Hypnosetherapie all seine Probleme lösen zu können, indem man sie einfach weghypnotisiert, wobei er eine passive Rolle einnimmt und meint, dafür nichts tun zu müssen. Wenn hier kein tiefgehendes Aufklärungsgespräch stattfindet, kann sich das auch für den Therapeuten recht negativ auswirken, nämlich dahingehend, dass der Patient ihn für unfähig oder für einen schlechten Therapeuten hält, weil die Hypnose nicht das gebracht hat, was der Patient sich vorgestellt hat.

Der Skeptiker zeigt inneren Widerstand gegenüber allen kontemplativen Techniken und tranceartigen Bewusstseinszuständen und ist recht kontrolliert, folglich möchte er seine Kontrolle auch in keinster Weise abgeben, auch wenn es darum geht, etwas zu entspannen und sich damit etwas Gutes zu gönnen.

Der Ängstliche ist unsicher und/oder aufgeregt, kann schwer loslassen und hat sehr verzerrte Vorstellungen von der Hypnose, was natürlich seine Angst mitunter verstärkt.

Der Neutrale schließlich ist recht ausgeglichen und allem gegenüber aufgeschlossen oder offen und eingermaßen aufgeklärt und hat keine exzentrischen Vorstellungen von der Hypnose, ist realistisch und hat einen gesunden Menschenverstand.

Ungeachtet des spezifischen Patiententyps sollte immer verdeutlicht werden, dass es bei Hypnose mit rechten Dingen zugeht und Hypnose absolut nichts mit Magie zu tun hat.

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Um Hypnose zu entmystifizieren, empfiehlt es sich, in einem Aufklärungsgespräch sich genügend Zeit zu nehmen und alles, was der Patient weiß bzw. glaubt darüber zu wissen, im Detail zu explorieren und möglichst auf wissenschaftlichen Grundlagen Theorie und Praxis der Hypnose zu erläutern und so entsprechend Vorurteile und falsche Überzeugungen richtigzustellen.

So ist der Trancezustand während der Hypnose neben dem Wach- und Schlafzustand ein ganz normaler und keineswegs künstlicher oder besonderer Bewusstseinszustand, ein Bewusstseinszustand also, der jedermann – auch wenn uns die Bühnenund Showhypnose einen anderen Eindruck zu vermitteln scheint – als alltägliche Erfahrung vertraut ist.

Charakteristisch für den Bewusstseinszustand der Trance ist, dass unsere bewusste Aufmerksamkeit von irgendetwas weitgehend absorbiert und dafür ein Teil unserer Wahrnehmung vom Bewusstsein wie abgespalten und unbewusst registriert bzw. durchgeführt wird. Es ist ein Zustand, der mit einer Einengung der Aufmerksamkeit, also einer Aufmerksamkeitsfokussierung einhergeht und begleitet sein kann mit einer körperlichen Entspannung, was aber keine Voraussetzung oder ein typisches Zeichen der Hypnose sein muss. Das zeigen alltägliche Phänomene wie z. B. beim Joggen oder die Autobahntrance:

Wer viel auf der Autobahn fährt, kennt das Phänomen, dass man sich zeitweise des Fahrens gar nicht mehr bewusst ist, obwohl man sich verkehrsmäßig völlig korrekt verhält, da man unbewusst alle notwendigen Handlungen ausführt.

Trance ist somit ein vollkommen natürliches wie auch alltägliches Phänomen. Alle 90 Minuten gehen wir in einen tranceähnlichen Zustand. Aber auch, wenn wir durch ein Musikstück, einen aufregenden Film oder ein spannendes Buch vollkommen absorbiert sind, sind bzw. geraten wir in einen tranceartigen Zustand, der uns die Umwelt vergessen lässt und sehr unterschiedliche subjektive Qualitäten haben kann. Man kann total aufmerksam sein wie im Kino oder völlig weggetreten wie zuweilen bei Tagträumen.

Die therapeutische Hypnose unterscheidet sich von der "alltäglichen" Hypnose lediglich dadurch, dass hier der hypnotische Bewusstseinszustand, der meist als tiefe Ruhe und Entspannung empfunden wird, ganz bewusst und gezielt durch bestimmte Techniken und/oder verbale Suggestionen herbeigeführt und dann für therapeutische Interventionen genutzt wird.

Die Hypnosetiefe kann dabei sehr unterschiedlich sein. Sie kann sich dem Schlaf annähern, sie kann aber auch so nah am Wachbewusstsein liegen, dass der Betroffene den Eintritt der Trance vielleicht gar nicht mitbekommt.

2007-01-hypnose3Wenn wir den Mythos abbauen, Hypnose sei ein besonderer, schlafähnlicher Bewusstseinszustand, hat man schon viel gewonnen und kann eine deutliche Verbesserung der Kommunikation mit dem Patienten bewirken, denn viele Patienten ohne vorhergehende Hypnose-Erfahrung haben Angst davor, in Hypnose versetzt zu werden, weil sie meinen, die Kontrolle zu verlieren und dem Therapeuten willenlos ausgeliefert zu sein und sich danach an nichts mehr erinnern zu können oder sogar nie mehr wieder aus der Hypnose aufzuwachen. All diese Vorstellungen entsprechen in keinster Weise der Wirklichkeit.

Das erinnert mich an eine 62- jährige Klientin, die mich vor einem Jahr wegen einer Raucherentwöhnung mittels Hypnose aufsuchte. Nachdem wir telefonisch einen Termin vereinbart hatten, rief sie mich ein paar Tage vor der ersten Sitzung an und bat darum, eine Freundin mitnehmen zu dürfen, weil sie Angst hatte und sehr aufgeregt war, auch weil ihre Tochter meinte, dass die Gefahr bestehe, nie wieder aufzuwachen, wenn irgendetwas passiert. Ich entsprach natürlich ihrer Bitte, jemanden als Begleitung mitzubringen. Doch trotz Begleitung war die Frau so aufgeregt, dass ich mit ihr nicht arbeiten konnte, trotz ausführlichem Informationsgespräch. So bot ich ihr erst einmal an, Entspannung in der Gruppe zu erlernen, z.B. mittels autogenem Training, was ihr sehr entgegenkam.

In der Gruppe fühlen sich viele Klienten zudem sicherer, als mit einem Therapeuten allein, das hat für viele so etwas wie eine Form des "Ausgeliefertsein". Umso wichtiger ist die korrekte Darstellung der Hypnose nach außen durch den Therapeuten.

Die Grundlage für diese falschen Vorstellungen liegen zum einen in der Film- und Medienbranche, in der Hypnosetherapie immer noch folgendermaßen dargestellt wird:

Autoritärer Therapeut schnippt mit dem Finger – ohne auch jemals irgendeinen wesentlichen Rapport zum Patienten aufgebaut zu haben – und der Patient fällt in Trance. Dann wird theatralisch abreagiert und nach dem erneuten Fingerschnippen ist der Patient wieder wach und kann sich an nichts mehr erinnern. Das ist einfach totaler Schwachsinn, um es einmal ganz vorsichtig zu formulieren. Zum andern kommen diese Überzeugungen von der Show- und Bühnenhypnose, die oft mit ganz einfach zu erklärenden Methoden, aber auch mit vielen Tricks arbeitet und leider in Deutschland noch nicht verboten ist.

Viele Patienten sind erleichtert oder sogar erstaunt, wenn sie erfahren, dass in Hypnose ganz normale bzw. bekannte Alltagserfahrungen nutzbar gemacht werden (Utilisationsprinzip).

Abschließend möchte ich die häufigsten Fehlvorstellungen (nicht nur von Patienten) über Hypnose kurz zusammenfassen und die entsprechende Richtigstellung dazu gegenüberstellen:

Hypnose ist eine Leistung des Therapeuten.

Falsch! Jede Hypnose ist eine Selbsthypnose. Wenn der Patient die Suggestionen des Therapeuten nicht annimmt und inneren Widerstand leistet, dann wird es dem Therapeuten nicht gelingen, den Patienten in eine Trance zu bringen. Somit ist es letztlich eine Leistung des Patienten.

Hypnose ist ein schlafähnlicher oder künstlicher Zustand.

Falsch! Trance ist ein vollkommen normaler Zustand, den wir täglich mehrmals erleben und auch in verschiedenen Zuständen (Film sehen, Buch lesen, Autobahntrance etc.) erfahren, und hat nichts mit Schlaf zu tun.

In Hypnose ist man willenlos und der Therapeut kann einem seinen Willen aufzwingen oder kann einem alle Geheimnisse entlocken.

Falsch! In Hypnose geschieht nichts, was der Patient nicht wirklich will. Wenn der Patient die Suggestionen des Therapeuten nicht annimmt, dann wird dem Therapeuten keine Hypnose gelingen. Die moralischen Werte und das moralische Empfinden bleiben in Hypnose intakt.

Nach der Hypnose kann man sich an die Inhalte der Hypnose selbst nicht mehr erinnern.

Falsch! Man kann sich an alles erinnern, was ja auch meistens Sinn und Zweck dabei ist. Nur jeder Fünfte zeigt eine fragmentarische Erinnerung der Hypnoseinhalte, einfach aufgrund einer stärkeren Trancetiefe des Hypnotisanden. Ich erinnere mich an einen hochsuggestiblen jungen 24-jährigen Studenten, der sich im hypnagogen Zustand zwischen Wachen und Schlafen befand und sich daher an manche Details nicht mehr bewusst erinnern konnte.

Wenn die Hypnose nicht wieder durch den Therapeuten ausgeleitet wird, bleibt man in Hypnose und wacht u.U. nie wieder auf.

Falsch! Das ist absoluter Unsinn, der Patient kommt immer wieder zurück und auch ganz von selbst, wenn es sein muss. Entweder reorientiert sich der Patient ganz von selbst wieder in das Hier und Jetzt oder er schläft einfach ein und wacht nach einiger Zeit von selbst unbeschadet wieder auf.



Dr. rer. nat. Klaus Dieterich
Heilpraktiker für Psychotherapie
geb. 1960, zertifizierter Hypnosetherapeut, zertifizierter Coach, Neurobiologe, Regionalgruppenleiter und Supervisor des Qualitätsrings Personal Coaching (QRC) in Dresden, Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Hypnotherapie und Hypnose in Beratung und Coaching (DAGH)
Instistut für klinische Hypnose
Dr. Dieterich – IKHD
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