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Der kleine Start: Praxisgründung – nebenberuflich bzw. Teilzeit

2017 02 Start1Sie haben Ihre Ausbildung z. B. als Heilpraktikerin beendet und wollen jetzt mit dem Gelernten den Markt betreten? Es kann auch ein „kleiner Start“ sein. Wie der geht, möchte ich Ihnen heute näherbringen.

Es gibt viele Gründe, die Selbstständigkeit klein zu beginnen. Sei es, dass Sie eine angestellte Tätigkeit haben, die Ihnen wirtschaftliche Sicherheit gibt. Es können auch familiäre Verpflichtungen sein oder Sie wollen neben einer Rente oder Pension noch eine bezahlte selbstständige Tätigkeit ausführen.

Anmeldung

Sie geben überwiegend Kurse, bieten Gruppen an oder führen Einzelberatungen durch, dann könnte man Sie auch als Dozentin der Erwachsenenbildung bezeichnen. Nach unserer Erfahrung akzeptiert das Finanzamt diese Berufsbezeichnung zur Anmeldung einer freiberuflichen Tätigkeit (selbstständige Tätigkeit) eher, als wenn Sie sich als Lebensberaterin, Coach oder mit ähnlicher Berufsbezeichnung anmelden wollen. Die nebenberufliche Freiberuflichkeit als Dozentin können Sie formlos und kostenfrei bei Ihrem Finanzamt anzeigen (EStG § 18).

Die Alternative zur freiberuflichen Tätigkeit – falls das Finanzamt Sie nicht als Freiberuflerin akzeptiert – ist die Gewerbeanmeldung einer Nebentätigkeit. Diese müssen Sie bei der Stadt oder Gemeinde anmelden, in der Sie Ihren Geschäftssitz haben. Die Kosten liegen bei 20 bis 50 Euro. Viele Kommunen ermöglichen die Gewerbeanmeldung mittlerweile online.

Wenn Sie einen Heilpraktikerschein besitzen und mit Therapie Ihre Umsätze erzielen, fallen Sie in die aufgezählten Berufe des EStG § 18. Sie sind eindeutig Freiberuflerin und melden sich bei Ihrem Finanzamt als Heilpraktikerin an. Außerdem wäre noch die Anmeldung beim Gesundheitsamt notwendig.

Rentenversicherung

Alle Selbstständigen, die überwiegend Umsätze aus Bildungstätigkeit erzielen, sind verpflichtet, sich bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) anzumelden (§ 2 SGB VI).

Sie sind rentenversicherungspflichtig, wenn Sie mehr als 450 Euro Gewinn im Monat (5 400 Euro im Jahr) erwirtschaften (Einnahmen/Umsatz minus Betriebskosten = Gewinn). Beantragen Sie dann eine „einkommensgerechte“ Einstufung: Das sind 18,7 % Beitrag im Monat.

Bei der Gründung schätzen Sie Ihren Jahresgewinn, später müssen Sie Ihren Einkommensteuerbescheid bei der DRV einreichen. Der Beitrag bemisst sich dann nach dem Gewinn des Vorjahrs.

Anmelden müssen Sie sich in jedem Fall. Es spielt dabei keine Rolle, ob Sie als Angestellte schon Beiträge an die DRV bezahlen oder Sie noch hauptberuflich Hausfrau sind oder Sie auch noch als Heilpraktikerin Umsätze erzielen.

Wenn Sie nur Umsätze aus Heilpraktikerin erzielen, sind Sie nicht rentenversicherungspflichtig, freiwillig können Sie sich natürlich auch dort rentenversichern.

Informationen finden Sie hier: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/1_Lebenslagen/02_Start_ins_Berufsleben/03_Existenzgruender/01_Selbststaendig_und_pflichtversichert/selbststaendig_und_pflichtversichert_node.html

Klären Sie Ihren Status bei der Deutschen Rentenversicherung. Das können Sie in einem persönlichen Gespräch in den Beratungsstellen der DRV tun oder unten: http://www.clearingstelle.de/ oder telefonisch 030/5 444 56 02

Kranken- und Pflegeversicherung (§ 9 SGB V)

Wenn Sie neben einer angestellten Berufstätigkeit, die mehr als 18 Wochenstunden umfasst, nebenberuflich selbstständig tätig sind, werden in der Regel keine Extrabeiträ- ge auf Sie zukommen. Das wäre nur dann der Fall, wenn Sie mit Ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig bis zu 20 % mehr verdienen würden als mit Ihrer angestellten Tätigkeit (Gewinn und Bruttolohn).

Anders verhält es sich, wenn Sie verheiratet oder verpartnert und familienversichert sind. Dann dürfen Sie nur ein zu versteuerndes eigenes Einkommen von 425 Euro monatlich haben, sonst müssen Sie sich selbst versichern (Gewinn, Minijob, Mieteinnahmen, Kapitalertrag u. Ä. bilden die Berechnungsgrundlage).

Besondere Regelungen gelten für Ehepartner (m/w) oder verpartnerte gleichgeschlechtliche Paare, deren Partner beihilfeberechtigt ist oder in einer privaten Krankenversicherung versichert ist. Da der Partner nicht in der Solidargemeinschaft versichert ist, wird ein Teil des Verdienstes bei Ihnen angerechnet.

Die Beiträge der GKV für Selbstständige werden von Ihrem zu versteuernden Einkommen berechnet. Also nicht nur von Ihrem Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit.

Auskünfte erteilen die gesetzlichen Krankenversicherungen.

Krankenversicherung

Hier gibt es keine Unterschiede zwischen der Selbstständigkeit als Heilpraktiker, Berater oder Dozent.

Die ganz kleine Selbstständigkeit

Wenn Sie nur Seminare und Vorträge für die VHS oder in der Familienbildungsstätte anbieten, können Sie die Übungsleiterpauschale in Anspruch nehmen. Ein Umsatz (eine Einnahme) von 2 400 Euro im Jahr ist steuerfrei. Kosten dürfen Sie nicht abziehen. Diese nebenberufliche Selbstständigkeit müssen Sie nirgends anmelden. Dafür müssen Sie keine Kranken- oder Rentenversicherungsbeiträge bezahlen. Das Honorar ist bei der Einkommensteuererklärung anzugeben (Anlage N, Zeile 26, steuerfrei erhaltene Aufwandsentschädigungen).

Geschäftsräume

Wenn Sie zukünftig bei der örtlichen VHS oder einem Mehrgenerationenhaus einen Kurs anbieten, dann brauchen Sie sich um die Geschäftsräume nicht weiter zu kümmern, Sie sind dann eine Unterauftragnehmerin dieser Organisation. Sie werden auch als Honorarkraft bezeichnet. Zu Hause haben Sie dann evtl. ein Arbeitszimmer, in dem Sie sich verwalten.

Wenn Sie Kurse anbieten und organisieren möchten und eine therapeutische Praxis im eigenen Haus angemeldet haben, dann ist das nicht so einfach. Hier kommt das Baurecht ins Spiel und das ist in jedem Bundesland etwas anders geregelt.

Für alle Bundesländer gilt:

Selbstständige Tätigkeit im eigenen Haus ist erlaubt, wenn der überwiegende Teil des Wohnraums zum Wohnen genutzt wird. Bedingung ist außerdem, dass sich niemand durch die Tätigkeit gestört fühlt. Die Gefahr einer Anzeige liegt hierbei meistens in der zugeparkten Straße oder in der laut schwatzenden Gruppe, die jeden Abend Ihr Haus verlässt. Einliegerwohnungen dürfen nicht für selbstständige Tätigkeiten genutzt werden. In Zweifelsfällen sollten Sie vor Um- oder Ausbauten Ihres Dachbodens oder Kellers beim Bauamt anfragen, ob eine selbstständige Tätigkeit erlaubt ist, und ggf. einen Nutzungsänderungsantrag stellen.

Bei Eigentumswohnungen ist die Zustimmung der anderen Eigentümer notwendig, damit Sie Ihre Wohnung für Ihre selbstständige Tätigkeit nutzen dürfen.

Bei einer Mietwohnung benötigen Sie die Erlaubnis des Vermieters, mindestens aber sollten Sie diesen informieren. Auch hierbei ist es notwendig, dass Sie die Wohnung überwiegend zum Wohnen nutzen. Wenn Sie nur eine nebenberufliche Praxis betreiben oder Einzelberatungen in Ihrer Wohnung durchführen (3–4 Personen täglich), kann Ihnen das der Vermieter nicht untersagen (Urteil, BGH vom 14.07.2009, AZ VIII ZR 165/08).

Besonderheiten je nach Lebensumstand

Sie beziehen Elterngeld? Dann dürfen Sie in der Bezugszeit bis zu 30 Stunden/ Woche selbstständig sein. Allerdings kann Ihnen das Elterngeld, je nachdem wie Ihr Gewinn ausfällt, gekürzt werden.
Informationen: https://www.elterngeld.net/selbststaendige.html

Sie beziehen Arbeitslosengeld I. Dann können Sie in die nebenberufliche Selbstständigkeit starten, dürfen aber nur unter 15 Stunden wöchentlich selbstständig sein und nicht mehr als 165 Euro Gewinn im Monat erzielen. Bei höheren Gewinnen wird das Arbeitslosengeld gekürzt. Ab 15 Stunden Selbstständigkeit in der Woche entfällt das Arbeitslosengeld.

Sie beziehen Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Eigentlich handelt es sich dabei nicht um Arbeitslosengeld, sondern Sie erhalten eine Leistung zur Sicherung Ihres Existenzminimums. Sie dürfen 100 Euro Gewinn im Monat als Selbstständige erzielen, ohne dass Ihnen die Leistungen gekürzt werden.

Sie beziehen eine Rente oder Pension. Ein kleiner Teilzeitstart ist bei allen Bezügen vor dem Regelrenten-/Pensionsalter möglich. Sie finden in Ihren Bescheiden die Regelungen über die maximale Arbeitszeit und den maximalen Verdienst/Gewinn, den Sie aus Ihrer Selbstständigkeit erwirtschaften dürfen, ohne Abzüge hinnehmen zu müssen.

Wenn Sie die Regelrente beziehen, dürfen Sie so viel verdienen, wie Sie wollen. Natürlich müssen Sie wie andere Selbstständige Steuern und Sozialabgaben entrichten, allerdings keine Rentenversicherungsbeiträge mehr.

Wenn Sie eine Pension beziehen, dürfen Sie in der Regel so viel Gewinn erzielen, wie Sie vorher als Besoldung erhalten haben. Nehmen Sie mit Ihrem Dienstherrn Kontakt auf, um sich die Nebentätigkeit erlauben zu lassen und um den erlaubten Gewinn zu klären.

Arbeitsrecht/Beamtenrecht

Als Angestellte sind Sie verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber die selbstständige Nebentä- tigkeit zu melden. Verbieten kann er Ihnen diese nur, wenn Ihre Selbstständigkeit mit der Tätigkeit als Angestellte konkurriert. Ihre maximale Arbeitszeit als Angestellte und Selbstständige zusammen darf nicht mehr als 20 % über der Regelarbeitszeit liegen. Im Urlaub dürfen Sie keine selbstständige Tätigkeit ausführen.

Beispiel: Sie arbeiten 32 Stunden wö- chentlich als Angestellte, die Regelarbeitszeit beträgt 39 Stunden. Dann dürfen Sie 7 Stunden und 20 % zusätzlich selbstständig tätig sein = 14 Stunden/Woche.

Beamte müssen sich immer die Nebentätigkeit von ihrem Dienstherrn erlauben lassen. Das gilt auch für Teilzeitselbstständige, die gerade eine Auszeit nehmen.

Versicherungen

In keinem Land der Welt gibt es so viele Versicherungen wie in Deutschland. Was Sie alles versichern, sollte nicht nur von Ihren Ängsten abhängen, sondern auch von Ihrem zu erwartenden Gewinn, denn Sie müssen die Versicherungen ja bezahlen. Dennoch machen einige Versicherungen Sinn und zu anderen sind Sie verpflichtet. In Deutschland obligatorisch sind z. B. die Kfz-Haftpflicht und die Krankenversicherung.

Eine Berufshaftpflichtversicherung sollten Sie abschließen, sie deckt Schäden, die Sie mit Ihrer Berufsausübung anrichten könnten. Fragen Sie Ihre Versicherung, bei der Sie eine Privathaftpflicht abgeschlossen haben, ggf. kann diese auch auf die berufliche Tätigkeit erweitert werden. Überdies sind die Verbraucherzentralen eine unabhängige Auskunftsstelle, sie verkaufen ja keine Versicherungen.

Buchführung und Steuern

Ganz ohne geht es nicht. Die gute Nachricht, Sie sind nur verpflichtet, Belege zu sammeln und Einnahmen und Ausgaben transparent zu dokumentieren. Sie brauchen also nur eine einfache Buchführung mit einer Einnahmen-Überschuss-Aufstellung zu machen. Das Ergebnis (Gewinn oder Verlust) ist dann wichtig für die Einkommensteuererklärung (Anlage S für die Freiberufler oder Anlage G für die Selbstständigen, die ein Gewerbe angemeldet haben).

Das Formular EÜR der Einkommensteuer müssen Sie erst ausfüllen, wenn Sie die 17 500 Euro Jahresumsatz/Kleinunternehmerregelung überschreiten.

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)

Diese fällt nur für Unterrichts- und Beratungstätigkeit an, wenn Ihr Jahresumsatz/ Ihre Einnahmen in diesen Leistungsbereichen 17 500 Euro übersteigt/übersteigen (ca. 1 460 Euro monatlich). Veranlagungsgrundlage ist der Umsatz des Vorjahres.

Heilpraktiker sind mit ihren Leistungen immer von der Umsatzsteuer befreit (UStG § 4 Nr. 14).

Bei Mischtätigkeiten (Heilpraktik und Bildung) müssen Sie darauf achten, die Umsätze und die Kosten getrennt aufzuzeichnen. Das ist wichtig wegen der unterschiedlichen Regelungen im Rentenversicherungsrecht und im Steuerrecht.

An was Sie sonst noch denken sollten

Eröffnen Sie ein Girokonto für die selbstständige Tätigkeit. Mischen Sie nicht Privates mit Geschäftlichem, sie verlieren sonst leicht die Übersicht. Verboten ist das allerdings nicht, Sie können auch das private Girokonto nutzen. Dann müssen Sie diese Kontoauszüge und Belege 10 Jahre aufbewahren (AO § 147).

Ganz ohne Website geht es für Selbstständige heute kaum noch. Aber Achtung! Abmahnungen!

Diese Angaben sind im Impressum zwingend notwendig:

  • Vollständiger Name und Anschrift
  • Telefonnummer und Mailbutton

Für Heilpraktiker zusätzlich:

  • Heilpraktiker Deutschland
  • Zuständige Aufsichtsbehörde: Gesundheitsamt ...
  • Rechtsgrundlage: § 1 HeilprG und 1. DVO vom 17.02.1939 (RGBl. I S. 251). Rechtsgrundlage hierfür ist das Telemediengesetz (TMG), lesen Sie unbedingt den § 5! https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__5.html
  • Zu beachten ist außerdem das Urheberrecht, vor allem für Fotos und Texte. Sie dürfen nichts benutzen, was Ihnen nicht gehört, das gilt auch für Textteile, die Sie irgendwo kopieren. Zitate dürfen Sie erst verwenden, wenn die Autoren mindestends seit 70 Jahren verstorben sind.
  • Wenn Sie auf Ihrer Website oder in Flyern Leistungen anbieten, sind Sie verpflichtet, Preisangaben zu machen. Rechtsgrundlage: Preisangabenverordnung (PAngV)
  • Geschäftliche Mails müssen immer den vollständigen Absenderblock unter der Mail tragen.

Dieser Artikel soll Ihnen die Teilzeitgründung bzw. den nebenberuflichen Einstieg in die Selbstständigkeit erleichtern. Er kann sicher nicht alle Ihre individuellen Fragen, die auch mit Ihren Lebensumständen verbunden sind, beantworten. Wenn Sie Ihre Fragen mit öffentlichen Stellen und Behörden klären wollen, ist das in der Regel kostenlos.

Brigitte SiegelBrigitte Siegel
Geld & Rosen Unternehmensberatung für Frauen und soziale Einrichtungen

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Foto: fotolia©Printemps